Kapitel 20

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Als ich am nächsten Morgen die Augen aufschlug, tanzen feine Staubkörnchen im einscheinenden Sonnenlicht. Der Regen der letzten Nacht war vorbei und die Herbstsonne lies ihn wieder verdampfen.

Ein Blick auf mein Handy sagte mir, dass es bereits halb 12 Uhr mittags war. Ich seufzte, drückte mir ein Kissen aufs Gesicht und versuchte zwanghaft, wieder einzuschlafen. Natürlich funktionierte das nicht und in einer halben Stunde würden sowieso meine Freunde auf der Matte stehen, um mir beim Aufräumen der Partyhölle zu helfen.

Es half also nichts - ich musste wohl oder übel aufstehen.

Ich setzte mich auf und nahm mein Handy in die Hand. Ich scrollte durch die Nachrichten, aber von Sarah war keine dabei. Enttäuscht warf ich es zurück auf den Nachttisch und fuhr mir mit den Händen über das Gesicht. Was hatte ich auch erwartet? Sie war gestern Nacht sehr deutlich gewesen.

Nachdem ich Sarah angebettelt hatte, mich nicht wortwörtlich im Regen stehen zu lassen, hatte sie mir gesagt, dass sie Zeit brauchte. Zeit, zu überlegen, ob sie das mit mir noch länger mitmachen wollte. Gut, so hatte sie es nicht ausgedrückt, aber so war es gemeint gewesen.

Sie hatte versprochen, dass sie wie vorher abgemacht am nächsten Abend zu mir kommen würde. Nur statt des von mir geplanten romantischen Dinners mit naja, besonderem Dessert, konnte es auch ein gebrochenes Herz und endlos viele Tränen geben.

Seufzend schlug ich die Decke beiseite, holte frische Kleidung aus meinem Schrank und ging ins Bad, um zu duschen. Ich hatte irgendwie die Hoffnung gehabt, dass das warme Wasser mich beruhigen würde, aber das tat es nicht. 

Als ich gerade angezogen war, klingelte es schon an der Tür. Ich lies James, Violet, Jase und Maya rein, die sich sofort in den Räumen verteilten und den Müll wegräumten. 

Ich stand in der Küche und warf die über Nacht weich gewordenen Chips in den Restmüll, als Maya dazukam.

"Hey", sagte sie und legte mir eine Hand auf den Arm. "Ich hatte gestern Abend irgendwie das Gefühl, dass etwas los ist. Stimmt etwas nicht?"

Ich versteifte automatisch und versuchte, so normal wie möglich zu wirken.

"Nee, wieso?", fragte ich und holte einen neuen Müllsack aus dem Schrank.

"Naja", Maya zuckte mit den Schultern und lehnte sich an die Küchentheke. "In einem Moment sind wir am Tanzen und plötzlich schubst du Michael weg und stürmst du aus dem Raum", erklärte sie. "Danach hab ich dich gar nicht mehr gesehen".

"Ja, ich...", ich suchte nach einer Erklärung, die nicht allzu weit hergeholt klang. "Mir ging es irgendwie nicht so gut. Vermutlich lag es am Bier", erklärte ich und versuchte, meine Stimme heiter klingen zu lassen.

Ich konnte in ihren Augen sehen, dass Maya mir meine Geschichte nicht abnahm. Aber sie kannte mich gut genug, um zu wissen, dass sie nicht weiter zu bohren brauchte. Ich würde ihr sowieso erst erzählen, was los war, wenn ich bereit dazu war. Und das wusste sie.

"Okay", sagte sie schließlich und ich hatte das seltsame Gefühl, sie enttäuscht zu haben. "Ich schaue mal, ob im Wohnzimmer noch Chipsreste sind", meinte sie und ließ mich wieder allein.

Ich schloss die Augen und lehnte meine Arme auf die Küchentheke, wo Maya gerade noch gestanden hatte. Was würde ich darum geben, mein ganzes Durcheinander mit ihr besprechen zu können? Ich hatte schon länger gemerkt, dass wir uns voneinander entfernt hatten.

Natürlich könnte man es jetzt darauf schieben, dass sie einen Freund hatte und keine Zeit mehr für mich fand. Aber ich wusste selbst, dass es an mir lag. Ich hielt sie auf Abstand, damit sie nicht hinter die Sache mit Sarah und mir kam. Sie kannte mich viel zu gut und würde bei genauem Hinschauen merken, was abging.

Sarah & HayleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt