Kapitel 9

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Wow, ich hatte Michael vollkommen falsch eingeschätzt. Wir lagen auf meinem Bett und seine Küsse waren hundert Mal leidenschaftlicher, als unser erster vor meiner Haustür. Es war dunkel draußen und auch in meinem Zimmer war das Licht aus. Er lag auf mir, aber war nicht so schwer, wie ich erwartet hatte. Ich hielt meine Augen geschlossen, als er begann, meinen Hals zu küssen.

In mir brodelte mein Blut und ich hatte das Gefühl, innerlich zu vibrieren. Es war mir unangenehm, aber ich konnte nicht verhindern, dass mir ein leises Stöhnen über die Lippen kam. Das brachte ihn dazu, mich wieder zu küssen und ich konnte das Lächeln an meinen Lippen fühlen, als ich meine Hand in seinem Haar vergrub. Die andere Hand lag verschränkt mit seiner neben meinem Kopf auf dem Kissen. Unsere Lippen trennten sich und ich spürte seinen Blick auf mir.

„Hör nicht auf", murmelte ich und wollte ihn wieder an mich ziehen.

„Du bist wunderschön, Hayley", ich riss meine Augen auf und saß senkrecht im Bett.

Mein Wecker neben mir zeigte mir an, dass ich noch eine halbe Stunde schlafen konnte. Aber nach dem Traum, den ich gerade gehabt hatte, würde ich nicht wieder einschlafen.

Nun war mir klar, wieso Michael so leicht, seine Haare so lang und seine Hand nicht annähernd so groß war, wie ich sie in Erinnerung gehabt hatte: Ich hatte nicht davon geträumt, mit Michael rumzumachen, sondern mit Sarah.

Scheiße.

Ich fuhr mir mit den Händen durch das Gesicht und die Haare und merkte, dass mein Herz immer noch raste. Heute war der letzte Schultag vor den Ferien, aber Maya und ich hatten beim Schulleiter beantragt, um zehn Uhr zur Verabschiedung der Absolventen gehen zu dürfen. Da wir beide gute Noten hatten und Musterschülerinnen waren, wurde uns die Genehmigung erteilt. Ich war den Rest der Woche durch die Schule, Michael und meine Freunde abgelenkt gewesen, doch offensichtlich war mein Unbewusstsein noch immer mit Sarah beschäftigt.

Ich entschied mich, schon mal zu duschen, um vielleicht einen klareren Kopf zu kriegen. Allerdings erinnerte mich das Wasser wieder an unseren Ausflug zum See. Konnte ich denn nirgends meine Ruhe vor meinen Gedanken haben?

Ich schaufelte meine Schale Müsli in mich hinein und begann dann, mich meinen Haaren zu widmen. Da die Verabschiedung der Abschlussschüler ein repräsentatives Event war, wollte ich ein bisschen mehr als „normal" aussehen. Dass meine Gedanken gehässig oder für Sarah? sagten, ignorierte ich gekonnt.

Am Ende meiner Vorbereitung hatte ich ein leichtes Make-Up aufgelegt und meine Haare fielen mir glänzend und leicht gelockt über die Schultern. Ich flocht zwei dicke Strähnen an den Seiten meines Gesichts und steckte diese nach hinten, um die Haare aus dem Gesicht zu haben. Ich hatte mir schon gestern Abend ein champagnerfarbenes, halblanges Kleid rausgesucht, das an den kurzen Ärmeln Bänder gebunden hatte. Es hatte einen normalen V-Ausschnitt und eine Knopfleiste bis zum Rocksaum. Dadurch, dass es nicht zu kurz war, konnte ich es auch zur Schule anziehen.

Als ich mich angezogen hatte, war es bereits fast Zeit, loszufahren. Die ersten zwei Schulstunden vergingen überraschend schnell, obwohl es Mathe war. Zu meiner Überraschung hatte ich die Hausaufgaben sogar komplett richtig gelöst.

Maya und ich waren am Eingang zum Footballfeld verabredet, wo die Verabschiedungen üblicherweise stattfanden. Nachdem ich meine Bücher weggeräumt und mich für den Tag von Michael verabschiedet hatte, machte ich mich auf den Weg zu ihr.

Als ich ankam, stand Luke schon bei ihr. „Schick", kommentierte ich seinen Aufzug grinsend. Er trug eine dunkle Jeans und dazu ein Hemd mit schwarzer Weste. Darüber natürlich die typische Robe mit dem Absolventenhut.

„Danke", er verbeugte sich scherzhaft und ich nahm Maya zur Begrüßung in den Arm. „Ich hab' euch schon mal zwei Plätze reserviert. Ich sitze ja vorne mit den anderen", er führte uns zu zwei leeren Stühlen und nahm noch daneben Platz, bis es anfangen sollte.

Sarah & HayleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt