Kapitel 17

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Zu Beginn dieses Kapitels eine kleine Inhaltswarnung: Es geht um ein sehr negativ gelaufenes Coming Out und schlimme Dinge, die im Zuge dessen gesagt wurden.

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Sarahs Wohnung war wie erwartet recht klein, aber - im Gegensatz zu ihrer Aussage - sehr ordentlich und sauber. Ein großes Regal trennte den Schlafzimmerteil mit einem Bett und einem Kleiderschrank vom Wohnzimmerteil mit einer einladenden Couch und einem kleinen Esstisch mit vier Stühlen.

Sarah fragte mich, was ich trinken wollte und verschwand durch eine Tür, die ich erst übersehen hatte. Vermutlich lag dahinter die Küche, denn kurz darauf kehrte sie mit einem Glas Wasser zurück.

"Ich mag deine Wohnung", sagte ich und lies mich auf das Sofa fallen. "Sie ist sehr gemütlich".

"Ich bin auch sehr zufrieden", Sarah schaute sich um, als ob sie sich noch einmal ihrer Einrichtung bewusst werden wollte. "Endlich konnte ich mal etwas so machen, wie ich es haben wollte".

Wie beiläufig nahm sie meine Hand in ihre und strich mit dem Daumen über den Handrücken, was mir Schauer über den Rücken laufen lies.

"Ich finde es schön, dass du hier bist", sagte sie nach ein paar Augenblicken und schaute mir dann in die Augen. Seufz.

"So haben wir die Möglichkeit, darüber zu reden, was das hier", sie zeigte mit der freien Hand auf mich und sich selbst, "eigentlich werden soll - oder ist". Oh, shit.

Mein verliebtes Bauchkribbeln verwandelte sich in nervöses Herzklopfen und aufsteigende Panik. Ich schluckte den Kloß runter, der sich in meinem Hals gebildet hatte und nahm einen Schluck Wasser.

"Was genau meinst du?", fragte ich, dabei war mir sehr wohl klar, worum es ging.

"Naja", meinte Sarah und lehnte sich auf dem Sofa zurück. Dabei lies sie meine Hand los, was ein kaltes Gefühl auf meiner Haut hinterließ. "Ich hab' dir ja bereits gesagt, was ich möchte. Ich will mit dir zusammen sein, so richtig.", fuhr sie fort.

"Ich weiß, aber...", versuchte ich, dazwischen zu grätschen, aber Sarah hob eine Hand.

"Nein, ich weiß. Du hast Angst davor, dich zu outen, das weiß ich", Sarah rückte jetzt wieder zu mir auf, sodass wir uns gegenüber saßen, und nahm meine Hände in ihre. "Und ich verstehe dich da, glaub mir", ich hörte ein leicht verbittertes Lachen bei ihren Worten mitschwingen. "Ich bin ein geduldiger Mensch, ich kann darauf warten. Ich habe kein Problem damit, wenn wir uns erstmal... sozusagen geheim treffen."

Bei ihren letzten Worten schaute ich auf, direkt in ihre strahlend blauen Augen. Meinte sie das ernst? Das würde sie für mich tun? Mich? Die unbedeutende, langweilige Hayley Jones? Ihre Worte klangen aufrichtig, aber dennoch sah ich in ihrem Blick, dass es sie schmerzte, wieder im Verborgenen leben und lieben zu müssen. Wie früher.

"Aber", setzte sie erneut an, bevor ich die richtigen Worte gefunden hatte. "Aber ich werde nicht deine heimliche Affäre sein.", und diesmal waren ihre Augen so stahlblau, dass mir beinahe kalt wurde. Sie sprach von Michael. Offiziell waren wir ein Paar, jeder wusste davon und auch er hatte keine Ahnung, was hinter seinem Rücken ablief.

"Ich fühle mich so elendig deswegen", sagte ich und schloss die Augen. "Ich verarsche ihn regelrecht und du...", die Tränen rutschten auch durch die geschlossenen Lider hindurch auf meine Wangen. "Du... du hast das auch nicht verdient... so eine Art... Zweitfrau zu sein!"

Ich spürte, wie sie die Tränen wegwischte und öffnete meine Augen, um sie lächeln zu sehen.

"Alles, was ich von dir verlange, ist, dass du reinen Tisch mit Michael machst", erklärte sie. "Und ich denke, dass das nicht zu viel verlangt ist, in unserer Situation."

Sarah & HayleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt