Kapitel 27

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Wir betraten die Turnhalle, in der der Ball stattfand, Hand in Hand. In meinem verqueren Kopf hatte ich angenommen, dass uns alle anstarren würden. Offene Münder, schockierte Laute und komplette Stille, weil sogar die Musik ausgemacht wurde.

Aber so war es nicht. Es passiere ganz einfach - nichts. Alles ging seinen normalen Gang und niemand schien davon Notiz zu nehmen, dass gerade zwei Mädchen Hand in Hand durch die Tür gekommen war. Und wenn, dann ließen sie es sich nicht anmerken.

Ich hielt noch Ausschau nach meinen Freunden, als Maya mich bereits stürmisch umarmte.
"Ich bin so stolz auf dich!", flüsterte sie mir ins Ohr, lächelte mich strahlend an und begrüßte dann Sarah.

Sie führte uns zu einem großen runden Tisch, wo James und Robin saßen.

"Die anderen sind tanzen", meinte Robin und zeigte auf die Partymenge vor der provisorischen Bühne. Dort sollte später die Schulband auftreten.

"Ich hole uns mal was zu trinken", sagte Sarah, drückte kurz meine Hüfte und verschwand dann in der Menge.

Ich ließ mich auf einen der beiden freien Stühle fallen, der neben James war.

"Hey", sagte ich wenig kreativ. Wir hatten noch gar nicht über die neusten Ereignisse sprechen können.

"Hey", erwiderte er und als ich aufschaute, grinste er.

"Sorry, dass ich in letzter Zeit so wenig Zeit für dich hatte", fing ich an, doch bevor ich meine Entschuldigung weiter ausführen konnte, winkte James ab.

"Keine Sorge, ich war auch ganz schön beschäftigt", meinte er und ich wusste genau, wovon er sprach. Maya hatte mir vor einiger Zeit erzählt, dass James es tatsächlich geschafft hatte, eine Referendarin zu verführen. Naja, mittlerweile wohl eine ehemalige Referendarin, da es wohl von der Schulleitung nicht gern gesehen wurde, dass Lehrerinnen etwas mit Schülern anfingen. Das verwunderte mich nicht. Sie konnte froh sein, dass keiner die Polizei eingeschaltet hatte.

"Ich weiß", sagte ich mit einem wissenden Blick.

"Wir sind schon echt zwei Rebellen, oder?", fragte er und wir beide lachten.

"Also ich tue nichts illegales", erwiderte ich und in dem Moment ließ Sarah sich mit zwei Gläsern, gefüllt mit einer roten Flüssigkeit, neben mir nieder.

"Wer tut was illegales?", fragte sie und nippte an dem Getränk. Sofort verzog sich ihr Gesicht zu einem angewiderten Ausdruck und sie schon das Glas von sich weg.

"Ach, keiner", meinte ich und legte meine Hand auf ihre. Selbstverständlich wusste sie genauestens über James' Machenschaften Bescheid, aber das musste er ja nicht wissen.

"Also, wie hast du die hier rumgekriegt?", richtete James seine Aufmerksamkeit auf Sarah. Früher wäre ich rot angelaufen bei seiner unangenehm offenen Neugier. Aber ich sah Sarahs anzügliches Grinsen und James wissendes Nicken und war einfach nur glücklich, gerade hier zu sein.

"Verstehe, verstehe", murmelte er und Sarah zuckte mit den Schultern.

"Eine Frau genießt und schweigt", kommentierte sie noch und ich verschluckte mich fast an meiner eigenen Spucke.

"Okay, ich glaub, wir müssen mal tanzen", entschied ich und stand auf.

Sarah und James lachten beide über meine prüde Schüchternheit und ich wusste jetzt schon, dass die beiden sich bombig verstehen würden. Und ich würde die Leidtragende sein, oh man.

+++

Mindestens zehn Songs später signalisierte ich Sarah, dass ich eine Pause brauche. Abgesehen von der stickigen Luft hier drin, taten mir meine Füße unfassbar weh. Ich hasste hohe Schuhe einfach!

Sarah & HayleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt