Prüfungsbeginn

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Es hatte Tage gedauert, bis sich die Freude wieder legte. Fast jeder Gryffindor grüßte Ron und Ron hatte das erste Mal so richtig das Gefühl, gesehen zu werden. Er strotze vor Stolz, schrieb einen ausführlichen Brief über deren Sieg an seine Eltern und erzählte die ganzen Zeilen lang von seinem großen Können. Er genoss es. Er suhlte sich in der Aufmerksamkeit.

Leider bekam er auch gar nicht mit, dass langsam wieder das Thema Prüfungen zum Hauptthema wurde, denn während andere über wichtige Prüfungsvorbereitungen und Nachhilfe redeten, redete er über das Quidditchspiel. Den ersten hing es schon aus den Ohren raus, aber niemand wollte Ron davon abhalten und ihn seinen Stolz nehmen. Es hatte nicht ein mal mehr den Anschein bekommen, dass er sich an das Küsschen von Hermine erinnerte, er sprach sie nicht darauf an und verhielt sich ihr gegenüber auch nicht anders.
Die fleißige Gryffindor war enttäuscht, aber auch zeitgleich froh darüber, sich dem unangenehmen Thema nicht stellen zu müssen, vor allem, weil sie alle Hände voll zu tun hatte.
Dabei sah es bei Ron ganz anders im Inneren aus. Er erinnerte sich sehr wohl. Und das jede Nacht, wenn er im Bett lag und die Nachwirkung der turbulenten Alltagserlebnisse nachließen.
Aber diese Erinnerung kam ihn so unrealistisch vor, so weit entfernt, dass er sich immer wieder fragte, ob sie echt war. Sowas würde Hermine doch niemals tun, oder? Es handelte sich hier schließlich um Hermine.
Er hatte einmal mit Harry versucht, darüber zu reden. Hatte ihm erzählt, dass er glaubte, sich einzubilden, Hermine hätte ihm vor dem Spiel auf die Wange geküsst.
Er wurde aber so bestialisch nervös, dass er, bevor Harry etwas dazu sagen konnte, hysterisch anfing zu lachen, abwinkte und das Thema wechselte.

09.06.1996,  09.26p.m,  Gryffindor Gemeinschaftsraum

"Okay, du kannst jetzt", bestätigte Harry.

Alice kniff vor Konzentration noch fester die Augen zusammen und fing an, ihren Zauberstab zu schwingen. "Accio!"

Erwartungsvoll hielt sie ihre andere Hand auf und wartete, was passierte. Der Federkiel knallte ihr, wie beim letzten und vorletzten Versuch auch, gegen den Kopf und fiel zu Boden.

"Verdammt", murmelte sie verärgert und hob den Federkiel auf. Sie sah hilflos zu Harry. "Ich weiß nicht, was ich falsch mache"

"Ich glaube trotzdem, dass du zu nervös bist", Harry nahm ihr den Federkiel wieder aus der Hand, damit sie es noch einmal versuchen konnten.

"Ich habe früher auch immer noch vor den Klausuren gelernt. Stundenlang. Und es hatte immer geklappt"

"Hast du dir denn auch früher immer so einen Kopf drum gemacht?", fragte Harry.

Alice schwieg.
Sie war vor jeder Klausur und auch vor jedem Test nervös und aufgeregt gewesen. Hatte sich vor jeder Präsentation und Gruppenarbeit reingesteigert. Konnte die Nächte zuvor nur bedingt schlafen und alles in ihrem Kopf drehte sich um die anstehende Leistung.
Aber nein. Das war alles in keinem Maße so gewesen, wie es jetzt war. Es hing auch vorher nicht so viel davon ab, wie jetzt.

Alice blickte Harry an und er verstand.

"Viele lernen seit ein paar Tagen nichts mehr, weil sie sich denken, es bringt nichts mehr und sie sind nicht mehr aufnahmefähig. Sie versuchen sich abzulenken, um Ruhe zu bewahren, damit sie Kraft für die Prüfungen haben. Vielleicht trifft das auch auf dich zu", er setzte sich vor sie auf dem Boden.

Schon eine Weile pendelte es sich ein, dass die beiden abends im Gemeinschaftsraum Zeit gemeinsam verbrachten, um zu lernen. Nur zu zweit.
Nach neun Uhr stand er jeden Abend leer, die Schüler hatten sich in die Schlafsäle zurückgezogen, da sowieso dann die Sperrstunde einsetzte.
Alice und Harry umgingen das Problem mit der Sperrstunde, indem Alice den Tarnumhang benutzte, um in ihre Räumlichkeiten zurückzugelangen, ohne dass Filch sie bemerkte. Zwar wurde sie oft von Misses Norris angefaucht, wenn sie den beiden über den Weg lief, aber wo man nichts sah, war auch nichts. Wenn ein Schüler abends doch noch mal den Schlafsaal verließ und in den Gemeinschaftsraum ging, schlüpfte sie auch dann unter den Tarnumhang, damit nur Harry vorzufinden war. Es musste sie ja niemand bei ihren Machenschaften sehen und es kam bisher auch nur ein mal vor, denn Neville hatte seine Socken auf dem Sofa vergessen.
Außer Hermine und Ron wusste niemand Bescheid und das sollte auch so bleiben.

Dark Blood - die Macht des dunklen Blutes || Part ⅠWo Geschichten leben. Entdecke jetzt