Kapitel 14 - Juan

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Wir ritten erst spät durchs große Tor des Hofes.
Die Hufeisen unserer Pferde klapperten in der Abend Dämmerung und zwischen uns herrschte eine angenehme Stille.

Enya hatte neben mir im Sand gelegen, während ich ihr mit einigen Geschichten aus meinem Stall, ein Lachen nach dem nächsten entlockt hatte.
Ich liebte ihr Lachen.
Das tat ich wirklich.

Sie selber hatte nicht viel geredet, doch das war mir Recht gewesen.
Ich würde sie nicht dazu drängen, etwas zu erzählen von dem sie nicht wollte, dass ich es wusste.

Gemeinsam stiegen wir vor dem Stall ab, machten unsere Pferde für die Nacht fertig und stellten sie anschließend in die Boxen.
Während Enya Nino beim Fressen zusah, gesellte ich mich zu ihr und musterte ihr Gesicht mit einem Seitenblick.

„Kennst du das, wenn sich etwas so unwirklich anfühlt, dass du Angst hast das es nicht von Dauer sein könnte?"
Sie drehte mir ihren Kopf zu und sah mich nachdenklich an.
Ich lächelte leicht.
„Tatsächlich schon"
Sie erwiderte mein Lächeln, dann wendete sie sich wieder ihrem Pferd zu.

„Was machst du gleich noch?"
Enya zuckte mit den Schultern.
„Wahrscheinlich lese ich etwas"
„Hauptsache du machst nicht wieder die Nacht durch"
Empört stieß sie mir in die Seite.
„Das war einmal!"
„Ich dachte zweimal?"
Neckte ich sie und Enya musste lachen.
„Das hast du dir dazu gereimt, weil ich müde war"
„Hatte ich etwa unrecht?"
„Auch wenn ich dich enttäuschen muss; ja"

Lachend wendete ich mich ab und lief Richtung Ausgang.
Sie folgte mir und gemeinsam traten wir auf den Innenhof.
Während Enya und ich diesen überquerten um zum Haupthaus zu gelangen, flog ein Schwarm Vögel über uns hinweg.
Sie legte den Kopf in den Nacken und sah den schwarzen Geschöpfen dabei zu, wie sie eine Runde über unsere Köpfe drehten, um kurz darauf Richtung Weiden davon zu fliegen.

Mir war in den letzten Tagen bereits öfter aufgefallen, wie sich die kleine Blondine für die normalsten Sachen so sehr begeistern konnte.
Egal ob es ein Schmetterling war, der bei einer Pause des Trainings um Nino's Ohren flatterte, oder die Sonne, die an manchen Tagen besonders schön unterging.

Jedes Mal fand sie etwas, woran sie sich erfreuen konnte und ich bewunderte sie dafür.
Allerdings sagte ich ihr dies nicht.
Stattdessen genoss ich den Anblick von Enya, wenn sie dachte das keiner ihr Beachtung schenkte und sich dieses ganz bestimmte Lächeln auf ihre Lippen schlich.
Ein Lächeln welches dieses Mädchen echt und ehrlich wirken lies.

Während meines Gedanken Karussells, hatte Enya bereits die Tür aufgedrückt und lies mich zuerst eintreten, bevor sie diese wieder im Schloss einklinken lies.
Kurz darauf standen wir im Flur des riesigen Hauses und sahen uns schweigend an.
Ich bemerkte wie sich eine leichte Röte auf ihre Wangen schlich und konnte mir ein schmunzeln nicht verkneifen.

„Gut"
Enya's blaue Augen sahen aus wie feingeschliffene Diamanten und ich konnte nicht aufhören sie anzusehen.
Sie holte Luft und sprach weiter.
„Wir sehen uns morgen beim Dressur Unterricht?"
„Jep"
Erneut Stille.
Diesmal war ich derjenige der das Wort ergriff.
„Es war schön heute"
„Finde ich auch"
„Wir können das gerne wiederholen"
„Das wäre schön"

Als erneut Stille über uns hereinbrach, wurde es Enya zu unangenehm.
„Ich würde jetzt aufs Zimmer-"
Weiter kam sie nicht.
Weder in in ihrem Rückwärtsgang, noch in ihrem Satz, denn ich hatte sie an meine Brust gezogen.
Zuerst gefror Enya in meiner Umarmung und kurz hatte ich Angst eine Grenze überschritten zu haben, doch als sie ebenfalls ihre Arme um mich schlang und sich entspannte, atmete ich erleichtert aus.

„Schlaf gut"
murmelte ich an ihrem Haar und lies sie widerwillig los.
„Du auch"
Sie schenkte mir eines ihrer unsicheren Lächeln, bevor sie sich umdrehte und die Treppe nach oben verschwand.
———
Als ich Carlos und mein Zimmer betrat, war dieser nicht da.
Mit dem Gedanken das er vermutlich noch bei Melli rumlungerte, duschte ich mich ab und zog mir bequemere Klamotten an.

Mit meinem Handy in der Hand, schmiss ich mich aufs Bett und öffnete Instagram.
Während ich durch die sinnlosen Beiträge scrollte, drifteten meine Gedanken immer wieder zu Enya und ohne das ich meine Finger davon abhalten konnte, gaben sie ihren Namen bereits in der Suchleiste ein.

Tatsächlich fanden meine Augen ihren Account recht schnell, da Melli ihr bereits folgte.
Als meine Finger auf das kleine Fenster klickten, öffnete sich die Übersicht ihres Profils.
Es war privat.
Ich überlegte nicht lange und klickte auf Folgen.
Es dauerte zwei Minuten bis eine Benachrichtigung aufploppte das sie mich angenommen hatte.
Grinsend öffnete ich den Chat und tippte eine Nachricht.

Wolltest du nicht lesen?

Hab gerade keine Lust

Sie schrieb und ich wartete ungeduldig auf ihre nächste Nachricht.

Meine Zimmernachbarn nerven

Was machen sie?

Sie sind laut

Komm her, ich bin
auch still wenn du liest.
Meine Nachbarn auch. ;)

Mein Herz klopfte als sie wieder zu schreiben begann.

Gib mir zwei Minuten.

Enya klopfte tatsächlich ein paar Minuten später an die Tür und als ich ihr öffnete, grinste sie mir belustigt entgegen und hob ein dunkelrotes Buch in die Höhe.
„Guten Abend die Dame"
Ich machte eine einladende Handbewegung ins Zimmer und sie trat schmunzelnd ein.

Gemeinsam setzten wir uns aufs Bett, zwischen ihr und mir genug Platz.
Bevor sich die Stille von vorhin wieder anschleichen konnte, begann ich das Gespräch da sie keine Anstalten machte, das Buch aufzuschlagen.

„Welche Poltergeister belästigen dich?"
Sie warf mir einen Blick zu der mehr ein belustigtes Grinsen als eine Warnung war.
„Barbie 1 & Barbie 2"
„Na super, denen kann man ja nichtmal sagen, das sie leise sein sollen ohne das sie in die Luft gehen wie Feuerwerk"
Enya sah mich an und ihre Augen blitzen belustigt.

„Dann muss ich später wohl hoffen das sie leise sind"
„Oder du bleibst hier. Wir haben morgen früh sowieso zusammen Unterricht"
Kurz dachte Enya darüber nach, dann lächelte sie unsicher.
„In Ordnung"

Ihre Finger fanden das Buch in ihrem Schoß und schlugen es auf.
Das war mein Zeichen, dass sie jetzt nicht mehr reden wollte und eine angenehme Stille breitete sich zwischen uns aus, welche nur hin und wieder durch die Geräusche der sich wendenden Buchseiten durchschnitten wurde.

Zeilen zwischen Ruhm und ErfolgWo Geschichten leben. Entdecke jetzt