Kapitel 13 - Enya

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Wir erreichten den See nach einer knappen Stunde und ich spürte augenblicklich beim Anblick dieses schönen Ortes, wie mein Herz schneller schlug.
Er lag in einem Wald, versteckt hinter einem kleinem Trampelpfad der zu einem breiteren Weg führte.

Die Strecke selbst führte einmal um den See herum und zweigte an einigen Stellen zum Wasser ab.
An einem Platz ging es nur leicht bergab und der Waldboden wechselte dort in einem ruppigen Übergang zu Sand, der ins Wasser führte.
Der Platz selbst war breit genug so das zwei Pferde ohne Probleme dort herumlaufen konnten, weswegen ich annahm das Juan dort ins Wasser einreiten wollte.
Als er voranritt und den Beginn den See ansteuerte, wurde ich in meiner Annahme bestätigt.

Nino folgte Brezel in einem zackigen Schritt und als wir näher kamen entdeckte ich eine kleine Bank die am Rande stand, gebaut aus Baumstämmen.
Das klare Wasser war flach und wurde nur langsam tiefer, so das es perfekt zum schwimmen mit den Pferden geeignet war.

Juan parierte seinen Wallach und lies sich von seinem Rücken rutschen.
„Gefällt es dir?"
Er sah neugierig zu mir, während er den Gurt löste und den Sattel von Brezel zog.
„Ich liebe es"
Meine Faszination für das Wasser war schon immer ziemlich ausgeprägt gewesen, genauso wie die Liebe zu den Stillen, unentdeckten Orten der Natur.
Juan lächelte und zog sich das Shirt über den Kopf.
Eilig sah ich weg und spürte wie ich rot anlief.
Wie von allein trieben meine Beine Nino an, der kurz darauf vorsichtig nach unten stapfte und seine Vorderläufe im kühlen Nass versenkte.
Unangenehmen Situationen zu entkommen war nicht gerade meine Spezialität, doch für diese Kleinigkeit sollte es reichen.

Während mein Schimmel glücklich mit dem Vorderhuf im Wasser herumplanschte und vergnügt schnaufte, warf ich Juan über meine Schulter hinweg einen vorsichtigen Blick zu.
Er hatte die Zügel seines Pferdes ergriffen und kam barfuß auf uns zu.
Auch sein Wallach ging ohne zu zögern ins Wasser und Nino fing heftiger an zu plantschen.
Kichernd lobte ich ihn und beobachtete wie Juan mit Brezel ins tiefere Nass verschwand.
„Kommst du mit schwimmen? Oder bist du langweilig?"
Erneut musste ich lachen und trabte ihnen hinterher.

Das Wasser wurde nur langsam tiefer, so das man ziemlich weit hinein gelangte ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Als ich bis zum Knie im See verschwunden war fing ich an meinem Mitreiter nass zu spritzen.
„Ich zieh dich da gleich runter wenn du so weiter machst"
„Versuchs doch!"
Juan grinste schelmisch und kam auf mich zu.
Als er kurz vor mir stand, lies ich Nino lostraben bis er schwimmen musste und fing heftig an zu lachen als Juan mir hinterher sah.

Allerdings gab er nicht so schnell auf wie ich geglaubt hatte und kam mir mit dem Zügel in der Hand hinterher geschwommen.
Das Brezel ihn dabei in unsere Richtung hinter sich herzog fand ich ziemlich unfair.
Als er uns fast erreicht hatte fing mein Schimmel an, in die Richtung seines neu gefundenen Freundes zu paddeln und ignorierte dabei komplett meine Hilfen.
„Ey!"
Empört versuchte ich unbeschadet an Juan vorbeizukommen, doch er hatte mich bereits gepackt und von meinem schwimmenden Pferd heruntergezogen.

Mir entfuhr er ein kleiner Schrei als ich in das Wasser eintauchte und mich versuchte zu orientieren.
Das Juan mich festhielt half mir immerhin ein bisschen.
„Scheiße ist das kalt!"
Grinsend sah mir der Schuldige ins Gesicht.
Nino und Brezel flüchteten aus dem Wasser und fingen am Rand des Sees an zu fressen.

„Ich bin komplett durchnässt! Das ist alles deine Schuld!"
Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen und strich ein paar Strähnen beiseite die sich aus meinem Zopf gelöst hatten.
„Du wolltest es ja nicht anders"
„Das ist eine Lüge!"
Mein Zeigefinger bohrte sich in seine Brust und sein Blick glitt kurzzeitig hinunter zu der Stelle, an der wir uns berührten.

„Ach ja?"
Als Juan aufsah, grinste er schelmisch und ich konnte nicht anders als belustigt die Augen zu verdrehen.
Seine Hände glitten meinen Rücken hinab und eine Gänsehaut breitete sich an den Stellen aus, an denen er mich berührte.
Ich hoffte wirklich das er es nicht bemerkte.
„Das wirst du bereuen"
Ich spritzte ihn erneut mit Wasser nass und traf mit der Fontäne sein Gesicht.

Kopfschüttelnd wendete er sich ab, löste eine Hand von mir und wischte sich mit dieser die Augen etwas trocken.
„Vergiss nicht das du angefangen hast"
„Hingegen zu meinen kleinen Spritzern, war das hier ziemlich doll"
Ihm einen gespielt genervten Blick zuwerfend entzog ich mich seinem Griff und lies mich auf der blauen Oberfläche treiben.

„Ich fand es ziemlich gerechtfertigt"
„Das merkt man"
Er gluckste.
Ich spürte Juans Blick überdeutlich auf mir und wartete darauf, was seinen Mund als Nächstes verlassen würde.
„Kann ich dich was fragen?"
Sein Körper war so dicht neben meinem, das ich mir einbildete seine Wärme zu spüren.
„Natürlich"
Meine Augen fixierten weiter den blauen Himmel über uns und ich lauschte Juans gleichmäßigen Atemzügen.

„Kann es sein das du andere Menschen nicht gerne um dich herum hast?"
Ich schwieg, bevor ich mich im Wasser aufrichtete und ihm in seine braunen Augen sah.
„Wie kommst du darauf?"
„Du redest kaum, außerdem verhältst du dich anders als wenn man alleine mit dir ist"
Ich beobachtete einen Wassertropfen der seine Wange herab lief, während ich mit den Schultern zuckte.

„Du hast Recht. Andere Menschen sind nicht gerade meine Lieblingssache"
„Das merkt man"
Er lächelte sanft und mein Herz schlug ein paar Takte heftiger gegen meinen Brustkorb.
„Wie kommt es dann, das du hier bist?"
Ein Seufzen entfuhr mir und er runzelte die Stirn.
Doch bevor Juan etwas erwidern konnte, sprach ich los.
„Ich wollte weiterkommen im Reitsport. Neue Möglichkeiten und Chancen nutzen"
Das war nur die halbe Wahrheit, doch immerhin stellte er die Fragerei ein.

„Soso"
„Und bei dir?"
Mein eleganter Themenwechsel blieb zwar nicht unbemerkt, aber immerhin unkommentiert.
„Ich mag es hier."
Ich starrte ihn ein paar Sekunden verdattert an.
„Und weiter?"
Er sah mir belustigt ins Gesicht.
„Nichts weiter. Als ich sechzehn war, haben meine Eltern mich das erste mal hier hingeschickt, aus den selben Gründen, aus denen du hierher gekommen bist.
Seit dem war ich jeden Sommer hier"
Neugier breitete sich in mir aus.
„Wie alt bist du jetzt?"
„Neunzehn"

Überrascht verarbeite ich diese neue Information.
Das erklärte warum er selber hergekommen war und nicht gebracht wurde.
Doch das uns nur 2 Jahre trennten, hätte ich nicht gedacht.

„Komm"
Sein großer Körper bewegte sich Richtung Land.
„Lass uns noch etwas die Sonne genießen, bevor wir zurück müssen"

Zeilen zwischen Ruhm und ErfolgWo Geschichten leben. Entdecke jetzt