Kapitel 29 - Enya

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Das Feuer vor mir warf helle Lichter in die Gesichter der anderen und alles war orange-gelb.
Ich lehnte an Juans Schulter und hielt mein Stockbrot grade so dicht über der Flamme, dass es nicht abbrannte.

Über eine JBL Box liefen Sommerhits und in der Ferne konnte ich die Pferde auf den Wiesen stehen sehen, über ihnen die untergehende Sonne.
Es war bereits spät,-fast halb zehn, doch wir waren alle hell wach.
Lachend saßen die Reiter auf Baumstämmen und Gartenstühlen verteilt um die große Feuertonne, auch die Trainer waren da und hielten die vielen Späße aus.
In mir drin spürte ich pure Glücksgefühle, weil ich von genau so einem Moment lange geträumt hatte und jetzt war er da.

Juan nahm sein Brot vom Feuer weg und ich tat es ihm gleich.
Wir begutachten unser Werk, bevor ich die erste war die von meinem Gebäck etwas abzupfte und probierte.
„Und?"
„Ziemlich lecker"
Erneut ein Stück abtrennend, hielt ich es ihm vor die Nase.
Juan probierte und grinste anschließend.
„Was ist?"
„Nichts"
die Augenbrauen hochziehend beobachtete ich, wie er sein Brot probierte.
„Ich glaub dir nicht"
„Oh Wunder"
lachend schüttelte ich den Kopf.
„Nehm dein Geheimnis mit ins Grab, Schwachkopf"
„Das werde ich"
Ich beschmiss ihn mit dem Teig und er fuhr sich hektisch durch die Haare.
Breit grinsend beobachtete ich ihn dabei, da ich ihn nicht einmal dort getroffen hatte.

„Werden wir wieder frech Fräulein?"
„Sind wir schon wieder bei deinen Kosenamen gelandet?"
„Hör auf meine Fragen mit Gegenfragen zu beantworten"
In seinen braunen Augen schimmerte das Licht des Feuers und mein Herz schlug ein paar Takte schneller.
„Erst wenn ich Olympia gewonnen habe.. und den großen Preis von Aachen"
„Große Ziele, Loses Mundwerk.. gefällt mir, was kommt als Nächstes?"
Kokett grinste er mich an.
„Das ich dir alle deine Klamotten klaue"
„Ich freu mich drauf"
Er zog mich zu sich und ehe ich mich versah, saß ich auf seinem Schoß, seine Lippen auf meinen.

Ich erwiderte den Kuss, bis mir einfiel, dass uns hier jeder sehen konnte.
„Das ist nicht angebracht"
flüsterte ich leise und strich ihm eine verwirrte Strähne aus dem Gesicht.
„Finde ich schon. Die geiern dich schon den ganzen Abend an"
wisperte er zurück und ich musste lachen.
„Bist du eifersüchtig?"
„Ist das schlimm?"
Schmunzelnd lies ich meine Finger über seinen Wangenknochen fahren und beobachtete wie sein mürrischer Blick sanft wurde.

Ohne seine Frage zu beantworten drückte ich ihm einen letzten kurzen Kuss auf, bevor ich mich an ihn lehnte und mein Stockbrot anfing zu essen.

„Na ihr?"
Philipp setzte sich auf den Platz, auf dem ich vorher gesessen hatte und sah uns an.
„Wieso dachte ich mir, dass da zwischen euch was laufen wird?"
„Weil sein schmachten nicht zu übersehen war"
Juan schnaubte empört auf meine Erwiderung und unser Trainer lachte.
„Naja ganz unrecht hat sie nicht"
„Guck"
Ohne ihn anzusehen wusste ich, dass Juan bei diesem Wort die Augen verdrehte.
„Ich freue mich für euch"
„Bist du neuerdings unser Erziehungsberechtigter?"
Juans Worte brachten mich zum nachdenken.
„Wäre das nicht etwas gruselig? Das würde ja bedeuten das wir Geschwister sind"
„Nein. Es würde nur bedeuten das er für uns beide zuständig wäre"
„Du bist 19. Du bist für dich alleine zuständig"
Auf Philipps Kommentar hin musste ich lachen.
Ein Brummen hinter mir verriet die Laune vom Opfer des Frontal Angriffes.

„Geht es Nino jetzt also besser?"
„Alles wieder gut, nur springen soll er erstmal nicht"
Ich lächelte den blonden Mann an und er lächelte mit einem warmen Lächeln zurück.
„Das freut mich"
Wir schwiegen, aßen und sahen dabei ins Feuer.
Es war schön hier, beruhigende Atmosphäre, positive Gedanken.
Juan's Kinn landete auf meiner Schulter und ich schielte zu ihm.
Seine braunen Augen fingen meinen Blick ein.
„Ich bin froh das du hier bist"
seine leisen Worte trafen mit warmen Atem mein Ohr.
„Ich auch"
Der Griff um meiner Taille verstärkte sich.

„Dann hoffe ich, dass ihr noch einen schönen Abend habt"
Philipp erhob sich und lächelte uns freundlich zu.
„Wir sehen uns morgen hoffentlich ausgeschlafen beim Training"
hängte er an.
„Immer doch"
auf meine Erwiderung verdrehte er grinsend die Augen und verschwand.
„Wir werden nicht ausgeschlafen sein"
murmelte es hinter mir und mein Kopf landete auf seiner starken Schulter, den Blick auf sein Gesicht gerichtet.
„Wegen der Nachtwanderung?"
„Auch"
In seinen Augen blitzte etwas freches und ich hob den Finger.
„Vergiss es"
Einen Schmollmund ziehend tat Juan so, als wäre er beleidigt.
Grade als sein hübscher Mund etwas erwidern wollte, tauchte vor uns ein blondes Mädchen auf, welche uns mit blicken durchbohrte, bei denen mir schlecht wurde.

Ihre Lippen glänzten vom Lippenstift und ihre Fingernägel waren Länger als für das reiten erlaubt sein dürfte.
„Juan? Dürfte ich dich kurz unter vier Augen sprechen?"
Mein Herz rutschte mir in die Hose, als angesprochener sich unter mir bewegte.
„Alles was du mir sagst, kann sie ruhig hören"
Er hielt wieder still und legte seine freien Finger auf meinen Oberschenkel.
„Sie ist jetzt also deine Freundin?"
„Hast du ein Problem damit?"
Bei seinen harschen Worten zog sie ihre perfekt gezupften Augenbrauen genervt zusammen.
„Ich finde einfach nur, dass so ein Mauerblümchen nicht zu dir passt"
Ich schluckte und begutachtete lieber mein Brot, damit ich ihr nicht ins Gesicht gucken musste.

„Ich erinnere mich nicht daran, nach deiner Meinung gefragt zu haben"
Danach herrschte schweigen, bevor sie sich auf dem Absatz umdrehte und erhobenen Hauptes davon stolzierte.
Den Blick hebend, hörte ich Juan genervt seufzen.
„Es wird von Jahr zu Jahr schlimmer"
„Wer ist sie?"
fragte ich leise ohne den Mut, mich umzudrehen.
„Aven. Wir kennen uns schon etwas länger"
„Hat man gemerkt"
Sein Atem traf meinen Nacken und kurz darauf spürte ich seine Lippen an dieser Stelle.

Schnell stand ich auf und packte das Stockbrot weg.
Das kam mir nicht in die Tüte.

Verwirrt sah er mich an und kurz flackerte Unsicherheit durch seine Gesichtszüge.
„Tut mir leid, ich wollte dich nicht- also.."
etwas begossen saß er vor mir und ich musste automatisch grinsen.
Als er das bemerkte verzog er genervt das Gesicht.
„Sprich ruhig weiter, es wurde grade interessant"
„Vergiss es"
Juan packte ebenfalls seinen Stock zur Seite und lehnte sich leicht nach vorne, bis er mich zu Greifen bekam.
Mich zu sich ziehend, stolperte ich vorwärts in seine Arme und fing mich an seinen Schultern ab, meine Füße rechts und links neben seinen.
Juan hob den Kopf um mich ansehen zu können, seine Finger an meiner Hüfte rutschten unter mein Shirt und er sah mich herausfordernd an.
Was wirst du tun?

Ohne groß darüber nachzudenken, schob ich meine Arme hinter seinem Nacken und setzte mich auf seinen Schoß.
Die Beine zog ich an und verschränkte sie hinter Juan's breiten Rücken.
Definitiv bequemer.
Jetzt war es mir grade auch ziemlich egal, dass uns jeder sehen konnte, was ich direkt ausnutzte um ihn zu küssen.

Vorsichtig legte ich meine Lippen auf Juan's und wartete auf das was er tun würde.
Als seine Lippen sich leicht öffneten, war ich kurz überfordert, doch er half mir und wir fanden relativ schnell einen Rhythmus.
Ich merkte wie er versuchte mir die Führung zuzuschieben, doch ich wollte sie nicht.
Ich konnte das nicht.

Unsicher löste ich mich von ihm und sah ihn an.
„Trau dich einfach. Es ist okay"
seine raue Stimme lies mich schlucken.
„Ich möchte nichts falsch machen"
brachte ich leise hervor und das lies ihn sanft lächeln.
„Kannst du nicht"
„Das sagst du nur um mich zu ermutigen"
„Du bist unglaublich schlau"
kichernd vergrub ich meine Nase an seinem Hals und atmete seinen Duft ein.
Pferde, Heu, Sommer und ein Überbleibsel seines Aftershaves.

Juan's Finger strichen meine Haare aus meinem Nacken und drehten die Strähnen um sich.
Ich schloss die Augen und lies meine Arme an dem T-Shirt hinab zum unteren Rücken rutschen.
Womit habe ich das verdient? Ihn?
Schnell verscheuchte ich die negativen Gedanken aus meinem Kopf, dieser Moment gehörte mir allein und ich wollte ihn auskosten.

Zeilen zwischen Ruhm und ErfolgWo Geschichten leben. Entdecke jetzt