„Hab' ich das Richtige getan?", fragte Eve mit verheulter Stimme und schaute Kelly reumütig in die Augen.
Kelly brachte eine Tasse Früchtetee und setzte sich zu ihrer Freundin aufs Sofa. Eve fühlte sich vom vielen Weinen komplett benommen. Als sie am Abend zuvor von Josh zurückkam, stand sie völlig aufgelöst vor Kellys Haustür. Kelly war von Jasons Rückkehr aus Afghanistan dermaßen abgelenkt, dass sie bis dahin gar nicht mitbekommen hatte, welche Dramen sich in Eves Leben abgespielt hatten. Sie verbrachte den Rest Abends damit, ihre Wissenslücken aufzuarbeiten und ihrer verzweifelten Freundin beizustehen. Eve hatte schließlich die Nacht auf ihrem Sofa verbracht und war seither nicht nach Hause zurückgekehrt. Morgens meldete sie sich bei Rachel krank, da sie sich unmöglich vorstellen konnte, sich in ihrem mentalen Zustand nur ansatzweise auf die Arbeit konzentrieren zu können.
„Du warst nicht glücklich, Eve", entgegnete Kelly vorsichtig und reichte ihr die Tasse.
„Josh glaubt, alles ist nur wegen Jay passiert."
Kelly guckte sie einen Moment lang an.
„Ich weiß, dass eure Probleme mit Jay nichts zu tun hatten. Aber ganz unschuldig ist Jay an der ganzen Situation auch nicht."
Eve war über Kellys Aussage überrascht.
„Er hat doch nichts getan."
„Und ob. Er hat dir den Kopf verdreht."
„Willst du damit sagen, es fiel mir leichter Josh zu verlassen, weil ich Gefühle für Jay habe?"
Kelly nickte.
„Ich glaube, unter anderen Umständen hättest du Josh die Chance gegeben, die Dinge wieder gut zu machen."
Eve musste kurz nachdenken, ob Kellys Theorie tatsächlich stimmte. Es war nicht von der Hand zu weisen, dass Jay eine ernste Bedrohung für ihre Beziehung darstellte. Sie fühlte sich zu ihm unglaublich hingezogen und zweifelte daran, ob es ihr gelungen wäre, ihn komplett aus ihren Leben zu verbannen. Doch dass ein anderer Mann sich in ihr Herz schleichen konnte war nur möglich, weil zwischen ihr und Josh die Dinge nicht gut liefen. Wäre ihre Beziehung nicht bereits angeknackst gewesen, hätte Jay nicht so ein leichtes Spiel gehabt.
„Vermutlich hast du recht", antwortete Eve gedankenverloren.
„Jay hat die Grenzen nicht überschritten, aber sein Möglichstes getan, um dich zu beeinflussen."
„Das klingt so hinterlistig, wie du das sagt."
„Ich werfe ihm nicht vor, dass er seine eigenen Interessen verfolgt hat. Er ist ganz offensichtlich bis über beide Ohren in dich verliebt. Trotzdem hätte er warten sollen, bis du die Dinge mit Josh geklärt hast. Das wäre fair gewesen."
„Dann hat Josh am Ende Recht?", fragte Eve.
Kelly schmunzelte.
„Spielt das noch eine Rolle?"
„Vermutlich nicht."
Eves Augen füllten sich wieder mit Tränen.
„Ich habe wirklich geglaubt, Josh ist der Mann fürs Leben. Alles fühlte sich so richtig an ..."
„Bis es sich nicht mehr richtig anfühlte", beendete Kelly ihren Satz.
„Ich weiß nicht, wie ich meinen eigenen Gefühlen vertrauen soll."
„Nimm dir Zeit die Geschehnisse zu verarbeiten."
„Heißt es, ich soll mich von Jay erstmal fernhalten?"
Kelly musste erneut schmunzeln.
„Das wird kaum möglich sein."
Eve runzelte die Stirn.
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Zwischen zwei Gefühlen
RomanceEve Harper verlässt ihre Heimat Deutschland, um in Kalifornien ein neues Leben anzufangen. Die Journalistin braucht dringend einen Neustart, nachdem sie sich aus ihrer toxischen Beziehung endlich befreit hat. Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen kan...