Kapitel 13

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Als wir den Raum betraten, fiel mir als erstes auf, dass der Tisch zur Hälfte bereits besetzt war. Außer Colonel Baker und Lieutenant Pharell kam mir keiner der anwesenden Männer bekannt vor.

Ich setzte mich auf den Stuhl, den Raiden für mich zurückzog und war erleichtert, als er den Stuhl neben meinem wählte. Wie ein Verteidiger, der sich neben die Angeklagte setzte... ich wusste nicht, woher dieser Vergleich kam, doch ich wurde das beklemmende Gefühl nicht los, dass hier etwas vor sich ging, dass bis jetzt vor mir verborgen geblieben war.

„Guten Tag, Miss Martin. Wir sind Ihnen sehr dankbar, dass Sie sich bereit erklärt haben, uns an Ihren Erlebnissen teilhaben zu lassen. Wir sind für jede Information dankbar, die Sie uns geben können.", begrüßte mich ein Mann mittleren Alters und lächelte mir freundlich zu. Es folgte eine kurze Vorstellungsrunde, doch aufgrund der Nervosität hatte ich die meisten Namen nach ein paar Sekunden bereits wieder vergessen.

„Wir würden Sie gerne zunächst die Geschehnisse einfach der Reihe nach schildern lassen. Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen und natürlich darf Sergeant Barnes gerne ergänzen, wenn er etwas hinzufügen will." Der Mann, welcher mir gegenübersaß und sich als Capitain Warren vorgestellt hatte, schien tatsächlich Verständnis für meine Situation zu haben. Es war der einzige Name, der bei mir hängen geblieben war, da seine Augen etwas väterliches und warmes ausstrahlten. Vielleicht bildete ich mir das aber auch nur ein. Ich fing stockend an zu erzählen und begann bei meiner letzten Erinnerung auf dem Markt, als man mich betäubt und entführt hatte. Ich versuchte so viele Details wie möglich aufzurufen, aber merkte schnell, dass ich mit den Zeitangaben durcheinanderkam. Ich ging die ersten Tage durch, dass ich gezwungen wurde einem verletzten Mann zu helfen und beschrieb die kleine Zelle, in der sie mich gefangen hielten. Ich kam ins Stocken, als ich zu meiner ersten Begegnung mit Baschar kam, doch keiner der anwesenden Männer unterbrach mich. Schon bald wurde meine Erzählung flüssiger und ich merkte, dass es mir leichter fiel, wenn ich mich dabei auf die hässliche, kleine Tischdecke auf dem großen, runden Besprechungstisch konzentrierte. Ich kam wieder ins Stocken, als ich davon berichtete, wie Raiden und Liam Davis in die Nachbarzelle gebracht worden waren, aber ich nichts mehr für Liam tun konnte. Mein Blick huschte kurz zu Raiden, weil wir bis jetzt noch nicht darüber geredet hatten und er diesen Teil der Geschichte ebenfalls zum ersten Mal hörte. Ich wollte es ihm immer erzählen, als wir gefangen gehalten wurden, aber welchen Sinn hätte das gehabt? So hatte ich ihm vor der Flucht einfach schweigend die Marke seines Freundes zugesteckt. Doch er ließ sich nichts anmerken und zeigte keine Regung in seinem Gesicht. Es fiel mir auch besonders schwer, von der Folter und Mohammed Al-Zamil zu erzählen.

Aber auch wenn Raiden mich beschworen hatte, die Wahrheit zu sagen, so gab es ein paar Details, die ich einfach nicht preisgeben konnte. So ließ ich meinen leidenschaftlichen Kuss mit Baschar und den Sex, den wir später hatten, außen vor. Ebenso erwähnte ich unsere Hochzeit nur am Rande, ohne mit Details näher darauf einzugehen. Ich versuchte möglichst wenig über Esma, Aicha und die anderen Frauen zu erzählen, da ich das Gefühl hatte, sie dadurch irgendwie ein wenig in Schutz zu nehmen. Meine Stimme brach mehrmals, als ich berichtete, wie ich Raiden zur Flucht verhalf und dabei von Hakim erwischt worden war. Der Kloß in meinem Hals wurde größer, als ich möglichst tonlos von meinen letzten Tagen, Hakims Tod und meiner Bestrafung berichtete. Als ich endete, war es für eine Minute so still im Raum, dass man nur den pfeifenden Atem des Colonels hörte.

„Ich bedaure es sehr, was Sie alles erleben mussten, aber wir kommen nicht umher, Sie zu manchen Vorfällen näher zu befragen.", ergriff schließlich Capitain Warren das Wort und sah mich mitfühlend von der anderen Seite des Tisches an. Ich nickte nur mechanisch, denn je eher sie alles wussten, desto eher konnte ich gehen.

„Wissen Sie, warum die Terroristen Sie entführt haben?", eröffnete er scheinbar die Fragerunde.

„Sie hatten eigentlich Frau Dr. Patterson als Ziel gehabt, aber es kam zu einer Verwechslung. Sie wollten sie zur Arbeit an einer Biowaffe zwingen.", antwortete ich.

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