Kapitel 9

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Ob bewusst oder unbewusst, aber diesmal verlangsamte er sein Schritttempo, sodass ich auch eine Chance hatte mitzuhalten. Wir verließen das Bürogebäude auf dem selben Weg und steuerten dafür auf ein anderes zu, welches im Vergleich dazu recht klein und unauffällig wirkte. Für mich jedoch wurde der ganze Stützpunkt immer unübersichtlicher, je mehr ich sah. Wir hielten vor einer Tür, die bereits offen stand und hinter der sich ein ziemlich gut eingerichtetes Behandlungszimmer befand. Da ich einem Fremden gleich meinen entstellten Rücken zeigen würde, hoffte ich irgendwie darauf, dass der besagte Arzt ein sympathischer, älterer Mann war. Umso überraschter war ich, als eine Frau zu uns in den Raum trat. Sie konnte höchstens ein paar Jahre älter sein als ich und hatte ihre dicken, blonden Haare zu einem strengen Dutt hochgesteckt. Sie trug weiße Arbeitskleidung und darüber den typisch weißen Arztkittel. Sie kam energischen Schrittes auf uns zu und reichte mir freundlich lächelnd die Hand.

„Ich bin Dr. Cardwell und Sie müssen Jessica Martin sein.", begrüßte sie mich aufgeschlossen und schickte dann Lieutenant Pharell ohne zu zögern aus dem Zimmer. Er verabschiedete sich mit einem Nicken von mir und deutete an, draußen auf mich zu warten.

„Ja, aber Sie können auch gerne Jess zu mir sagen.", antwortete ich erleichtert über ihre unkomplizierte Art. Zudem war ich unsäglich erleichtert, dass eine Frau für meine Verbandswechsel zuständig sein würde, was sie mir gleich noch ein bisschen sympathischer machte. 

„Ok Jess, dann setzt dich doch gerne schonmal auf die Liege und ziehe dein Oberteil aus. Leider habe ich heute nicht viel Zeit, aber wir werden uns ja eh regelmäßig zum Verbandswechsel sehen. Du kannst mich gerne Caroline nennen. Ich bin niemand, der auf übertriebene Etikette besteht. "

Ich folgte stumm ihrer Aufforderung und streifte erst meinen Pullover über den Kopf. Ich zögerte einen Moment, ehe auch mein T-Shirt folgte und ich nur noch meinen BH trug. Ich setzte mich auf die Liege und sah Caroline dabei zu, wie sie sich etwas auf ihren Laptop durchlas, ehe sie zu einem Schrank ging und verschiedenes Verbandsmaterial zusammensuchte.

„Wie ich gehört habe, sind wir ja quasi Kollegen, deswegen werde ich es mir sparen, dir das Vorgehen zu erklären."

„Das ist ja nicht der erste Verbandswechsel und wird auch nicht der letzte sein.", bestätigte ich ihr und streifte schließlich auch meinen BH ab, sodass mein gesamter Rücken frei lag. Unbewusst verschränkte ich die Arme vor der Brust, um mich nicht ganz so nackt zu fühlen.

„Was machen die Schmerzen?", erkundigte sie sich, während sie begann die Pflaster und Wundverbände zu lösen.

„Die werden jeden Tag besser, aber ich habe auch ausreichend Schmerzmittel vom Krankenhaus mitbekommen.", antwortete ich. Ich konnte nicht verhindern, dass ich jedes mal leicht zusammenzuckte, wenn ihre Finger eine besonders empfindliche Stelle streiften.

„Falls du nochmal Nachschub brauchst, dann sage mir einfach Bescheid, in Ordnung?", wies sie mich an und ging nun dazu über, die Wunden und Narben zu desinfizieren. Falls der Anblick meines Rückens sie schockierte, so ließ sie sich zumindest nichts anmerken. Geschickt und professionell verdeckte sie alles am Ende mit neuen Wundpflastern.

„Das wars! Du kannst dich wieder anziehen. Die Pflaster sollten auch ohne Probleme eine Dusche aushalten. Ansonsten kannst du natürlich gerne jederzeit vorbeikommen. Ich bin meistens hier anzutreffen.", beendete sie schließlich ihr Werk und räumte alles weg, während ich hastig wieder in meine Kleidung schlüpfte.

„Wie findest du dich bis jetzt hier auf dem Stützpunkt zurecht?", fragte sie mich, als sie ihre Handschuhe in einen großen Müllbehälter warf.

„Also im Moment ist es alles ziemlich viel für mich, aber ich werde mich schon noch zurechtfinden. Zudem werde ich ja nur wenige Tage hier sein, ehe ich endlich nachhause gehe.", erwiderte ich betont zuversichtlich.

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