Kapitel 17

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Geweckt durch das Klopfen an meiner Tür, fiel ich mehr aus dem Bett als das ich aufstand. Doch wer auch immer heute bei mir Weckdienst gehabt hatte, er war schon wieder verschwunden, als ich die Tür öffnete und nachschaute. Ich hatte gehofft, Raiden würde davor auf mich warten, denn wir sollten unbedingt über den gestrigen Tag reden. Aber ich würde mich wohl oder übel noch etwas gedulden müssen, was mir aber auch ganz recht war. Ob ich Lust auf ein unangenehmes Gespräch mit Raiden hatte? Eher nicht!

Ich reihte mich in den Strom aus Soldaten ein, die sich alle in Richtung Kantine bewegten. Ich wurde etwas wacher, als ich Jacob in der Schlange vor mir sah.

„Guten Morgen.", begrüßte ich ihn und unterbrach sein Gespräch mit einem anderen Soldaten.

„Hi, Jessica.", erwiderte er meine Begrüßung freudig überrascht. „Wie geht's? Du siehst müde aus.", bemerkte er und ließ seinen Blick über mein Gesicht schweifen. Ich wusste, dass ich nicht nur müde aussah, sondern wirklich scheiße. Jacob war nur viel zu nett, das so direkt zu sagen.

„Naja, ich habe nicht so gut geschlafen.", spielte ich herunter und zuckte lässig mit den Schultern. Dabei war das noch eine Untertreibung, denn gefühlt hatte ich die Nacht kein Auge zugemacht.

„Das Tischtennisspiel gestern soll ja auch ziemlich spannend gewesen sein.", warf der Soldat ein, mit dem sich Jacob eben noch unterhalten hatte. Sein wissendes Grinsen ließ keinen Zweifel daran, dass sich unsere wilden Wetteinsätze von gestern scheinbar rumsprachen. Ich fragte mich, ob er auch von dem Kuss wusste, der zwischen mir und Alan gefallen war. Aber ich vermutete auf einem Stützpunkt voller testosterongesteuerter Soldaten, sprach sich sowas herum wie ein Lauffeuer. Ich wurde blass bei dem Gedanken, dass der Colonel davon Wind bekam.

„Aber keine Sorge, wir passen auf, dass das nicht den falschen Personen zu Ohren kommt.", setzte er nach, als hätte er meine Gedanken gelesen.

„Was für ein Tischtennisspiel? Habe ich was verpasst?", fragte Jacob sichtlich verwirrt nach und schaute zwischen mir und dem anderen Soldaten hin und her.

„Ach nicht so wichtig, es war nur ein sehr spannendes Tischtennisspiel. Ich habe sogar einmal gewonnen.", winkte ich ab, erleichtert, dass scheinbar doch noch nicht alle von unseren Einsätzen wussten.

„Ich bin übrigens Jeff.", stellte sich der andere Soldat nachträglich bei mir vor und hielt mir seine ausgestreckte Hand entgegen.

„Jessica, aber ich vermute, dass wusstest du schon.", erwiderte ich etwas angriffslustig. Dann hatte ich gestern wegen einer Niederlage halt jemanden geküsst, was war schon dabei? Bloß keine Schwäche zeigen! War ja nicht so, als ob ich jemanden versprochen war, also musste mir das auch nicht peinlich sein. Ich wusste, dass mein Unterbewusstsein gerade in den Gegenangriff ging, um sich nicht mit dem schlechten Gewissen auseinanderzusetzen.

Jeff hob grinsend die Hände, als wolle er mir zeigen, dass er keine Gefahr war. Zum Glück konnten wir endlich in der Schlange vorrutschen und nahmen unsere Teller mit Porridge entgegen. Als ich mich nach Raiden umsah, stellte ich enttäuscht und verunsichert fest, dass ihr Tisch diesmal tatsächlich schon voll besetzt war.

„Komm, du kannst bei uns sitzen.", half mir Jeff aus der Patsche und dankbar folgte ich ihm und Jacob zu einem anderen Tisch. Leider hatte ich von hier aus einen guten Blick auf Raiden und die anderen und sah, dass tatsächlich diesmal zwei Soldatinnen mit ihnen am Tisch saßen. Ich hatte die beiden Frauen vorher noch nie gesehen und natürlich sahen sie verdammt gut aus in ihren Uniformen. Doch auch diesmal schaffte es Jacob mit Leichtigkeit mich in ein Gespräch zu verwickeln und ich merkte schnell, dass auch Jeff eigentlich ganz in Ordnung war.

„Was macht ihr eigentlich den ganzen Tag?", nutze ich die Chance, um ein bisschen mehr über den Stützpunkt zu erfahren.

„Ich bin heute mit meinem Trupp auf einer Kontrollfahrt eingeteilt. Wir fahren zu einem kleinen Ort in der Nähe, wo es Hinweise auf ein Waffenlager gibt.", erwiderte Jeff bereitwillig.

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