Kapitel 52

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Lieutenant Pharell stand vor der Tür, die Hände lässig in die Hosentaschen vergraben. Ein vorsichtiges Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen, als er mich betrachtete.

"Ich wollte nur nachschauen, wie es dir geht? Ich habe dich nach dem Einsatz den ganzen restlichen Tag nicht mehr gesehen." Er schien ehrlich besorgt und musterte mich unauffällig.

"Es geht mir besser.", erwiderte ich ausweichend und öffnete dennoch die Tür für ihn. Er trat ein und schloss sie wie selbstverständlich hinter sich. Sein Blick huschte durch mein bescheidenes Zimmer, doch wenn ihm meine halbgepackte Reisetasche auffiel, dann schien sie ihn zumindest nicht zu irritieren. Dafür war ich froh, denn ich bezweifelte, dass ich jetzt noch die Kraft für eine überzeugende Ausrede gehabt hätte.

"Wo ist jetzt Liams Leichnam?", fragte ich leise, obwohl ich es eigentlich gar nicht wissen wollte.

"Er wird in Kürze mit einem Transportflug nach Amerika geflogen und dort anständig beerdigt." Sein Blick war prüfend, als würde er mit einer weiteren heftigen Reaktion meinerseits rechnen. Ich nickte jedoch lediglich und fragte mich, ob es der selbe Flieger war, den Corban und ich in weniger als einer Stunde nehmen würden.

"Wie wird es jetzt weitergehen?", fragte ich unspezifisch und verabscheute mich selbst dafür, wie schwach ich dabei klang. Vorallem da ich mir bewusst war, dass ich das alles hier in kürzester Zeit hinter mir lassen würde. Mein Frage war scheinheilig und in meinen Augen fast schon hinterhältig. Doch Lieutenant Pharell ahnte nichts von alldem und antwortete mir bemüht ehrlich: "Die Informationen, die Baschar Seirawan uns mit dem Datenträger hat zukommen lassen, bieten genug Anhaltspunkte, um konkret gegen die Terrororganisation vorzugehen. Wir wollen uns damit nicht zu viel Zeit lassen, deswegen laufen alle Vorbereitungen auf Hochtouren." Er seufzt schwer, als würden diese Aussichten für ihn eine große Last bedeuten.

"Und falls du wissen willst, wie es mit uns weitergeht..." Er stockte mitten in seinem Satz und machte einen Schritt auf mich zu. "Als du vorhin in diesem Zimmer zusammengebrochen bist, da wollte ich dir so gerne helfen und dich trösten... Ich hätte dich wahnsinnig gerne fest gehalten und dir gesagt, dass ich immer für dich da bin... allerdings hast du mich nicht an dich herangelassen. Fast war es, als würden dir meine Berührungen körperliche Schmerzen zufügen. Nur Sergeant Barnes hatte in dieser Situation Zugang zu dir. Er war der Einzige, der bis zu dir durchdringen konnte. Ich habe lange nicht verstanden, warum ihr euch nicht voneinander lösen könnt, doch in dem Moment habe ich die Verbindung zwischen euch gesehen... Ich muss gestehen, dass es unglaublich weh tat. Aber jetzt weiß ich zumindest, was das zwischen euch ist. Allerdings frage ich mich auch, ob ich dir diese Vertrautheit und Sicherheit jemals geben kann." Seine Stimme war gegen Ende immer leiser geworden und ich erkannte Verletzlichkeit und Unsicherheit in seinem Gesicht. Das eben Gesagte schockierte mich und ich starrte ihn bestürzt an. Natürlich erinnerte ich mich, dass Raiden mich aus meinem Zusammenbruch befreit hatte, aber ich hatte nicht gewusst, dass auch Lieutenant Pharell dort gewesen war. Das er gesehen hatte, wie verzweifelt ich mich an Raiden geklammert hatte, während ich mich raustragen ließ.

"Raiden hat mich in Gefangenschaft oft aufgefangen, wenn ich nicht mehr konnte und aufgeben wollte. Er hat mir Mut gemacht und dank ihm habe ich weitergekämpft. Ich schätze, dass das heute zu viele Erinnerungen waren und ich einfach in der Zeit zurückkatapultiert wurde. Aber das heißt nicht, dass du mir nicht wichtig bist.", murmelte ich sanft. Doch was brachte es, wenn ich ihn jetzt beruhigte und erklärte, wieviel er mir bedeutete? Würde das mein ganzes Davonschleichen nicht noch schlimmer machen? Vielleicht wäre es besser, ihn jetzt schon auf Abstand zu bringen, damit der Abschied nicht ganz so weht tat.
Er würde sich zurückziehen, wenn er wusste, dass Raiden mir noch immer viel bedeutete. Ich würde ihn damit verletzten und mein Herz protestierte entschieden dagegen.
Und dennoch flüsterte eine kleine, beharrliche Stimme mir zu, dass es das beste war, wenn ich das ganze zwischen uns größtenteils im Keim erstickte.

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