Kapitel 38: 180.000 Arten!

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"Hehe, Roxy ... Langsam!" Ich hebe die Hände, als müsste ich ihn beruhigen. Haie sind mir schon um einiges weniger sympathisch als diese zuckersüßen Tierchen hier. "Ist schon organisiert", gibt der Junge zurück und grinst stolz, "ich habe nahezu jeden Cent ausgekostet!" Na super! Aber auch nicht weiter schlimm, da passiert schon nichts ... "Aber das ist nicht im offenen Meer, oder?" Statt zu antworten sieht er mich schockiert an: "Mich hat etwas am Bein berührt..."

Ich werde blass und ziehe sofort die Beine ein. "Was denn? Was?" Etwas kneift mich leicht am Oberschenkel und ich schreie kurz erschrocken auf, bevor ich Roxas an den Schultern etwas schubse. Er ist es gewesen! "Verarsch mich nicht", gurgle ich fast durch das Wasser, weil ich hier fast am Wegsaufen bin. "Willst wieder raus gehen?" Fürs erste ja!


Wir verbringen einen weiteren, wundervollen Tag an dem Strand, der fast nur uns gehört. Es wird kühler, als die unter dem roten Meer verschwindet und die Schatten der Delfine ihre Bilder malen. Gemeinsam sitzen wir kurz vor dem Wasser und ab und an berühren die Wellen, die es weiter schaffen als alle anderen, unsere Füße. Roxas seufzt glücklich neben mir. "Jetzt ist wieder so ein Zeitpunkt...", und dabei greift er an den ovalförmigen Anhänger meiner Kette, "wo ich vor Glück weinen könnte."


Der Sandplatz wird immer kühler, so dass wir bald die einzigen hier sind und noch immer auf das Meer hinaus schauen. "Dir läuft da ein ekliges Vieh lang", warne ich Roxy, als eine Tier mit acht dünnen Beinen an seiner Schulter hochkrabbelt. "Das ist kein ekliges Vieh", erwidert er und lässt sie auf seine Hand krabbeln, welche er auf dem noch immer warmen Sand ablegt und weiter laufen lässt. "Ich hätte sie gekillt." - "Sie hat das selbe Recht zu leben wie du."

What the. Hat er mich gerade mit einer widerlichen Spinne auf eine Stufe gestellt? "Warum?"

"Jeder Mensch und jedes Tier auf dieser Welt hat seinen Platz, verstehst du? Ich würde die Welt weniger schön finden, wenn ich keine Spinnen und Grashüpfer im Gras beobachten könnte." - "Grashüpfer sind aber auch süß."

Er lacht auf und sieht mich mit seinem schönen Lächeln an, das ich so liebe. "Hast du dir die Dinger mal von nahen angesehen? Da würdest du lieber in Spinnen baden." Bei den Gedanken in einer Wanne voller schwarzer Spinnen zu liegen muss ich mich schütteln. "Ekelhaft."

"Siehst du es denn anders? Fändest du die Welt besser - ohne die Dinge, die sie ausmacht? Sieh dich mal um." Mit jedem Wort wird er leiser, bis er nur noch flüstert. "Fahr mit deiner Hand durch den warmen Sand, spür den Wind auf deiner Haut und das kühle Wasser an deinen Füßen - sieh dir an, wie schön die Palmen sind, was die Welt dir schenkt. Jede Spinne, jede Hornisse - sie alle sind ein Teil von dieser Welt. Setze dich auf eine Wiese und beobachte das Leben um dich herum, das du sonst nie siehst und sei dankbar, dass du diese Luft atmen darfst, Rezaschatzi."

Ich schweige und lehne mich enger an ihn. Er ist so cool ... und schlau. Ich habe einmal vor ein paar Jahren die Tiere im Gras beobachtet und es hat wirklich Spaß gemacht, ich weiß auch nicht, warum. "Du findest Schmetterlinge doch sicherlich hübsch, oder?" - "Ja, klar."

"Und wie findest du Motten?" - "Ekelhaft."

"Wo ist der Unterschied?"

Ich stutze. "Na ja, Motten legen ihre Larven in Mehl und Kleidung..."

"Davon abgesehen - du ekelst dich ja, weil sie angeblich ekelig aussehen. Motten und Schmetterlinge haben zwar Unterschiede, doch es gibt viele schöne Motten. Beide haben Flügel, beide können schön sein und am Ende ist doch nichts anders. Es gibt keinen Grund, einen Schmetterling zu lieben aber eine Motte zu verabscheuen. Schmetterlinge sind damit nur die schönen Menschen und Motten sind die Mauerblümchen. Außerdem ist eine Motte eine Unterart von Schmetterlingen, von denen es eh mehr als 180.000 Arten gibt."

Ich schweige und gebe ihm einen kurzen Kuss auf die Wange. "Bist ja sehr belesen." - "Hat damit nichts zu tun. Nur eine andere Sicht. Deswegen ekel ich mich nicht vor solchen Tieren, im Gegenteil. Ich freue mich, wenn mir eine Spinne über den Rücken krabbelt, solange sie mir nicht weh tut. Ich hatte mal eine Vogelspinne auf der Schulter - fand ich wahnsinnig toll."


Wenn man das so gesagt bekommt, dann schämt man sich schon fast dafür, dass man etwas gegen das Äußere der Tiere hatte. "Vor Spinnen ekelst du dich auch nur, weil deine Mutter es dir wohl nicht anders gezeigt hat. Wärst du mit einer anderen Einstellung groß geworden, dann würdest du anders denken. ich meine, es gibt Regionen da essen die Spinnen."

"Essen müsste ich jetzt trotzdem keine." - "Ich auch nicht."

Er dreht sich zu mir und drückt mich an den Schultern in den Sand. "Aber ich würde gerne etwas anderes essen", grinst er mich an und ich weiß sofort, was Sache ist. Immer wieder gerne!


Zum Haie tauchen, bei welchen ich mich schon den ganzen Weg dorthin herausreden wollte, drückt uns ein Mann einen Taucheranzug in die Hand. Wir stehen vor einem riesigen Aquarium. "Ich habe gedacht, wir steigen in so einen Käfig"; sage ich leise zu Roxy und begutachte den Anzug misstrauisch. "Die 5000 hatte ich leider nicht mehr in der Tasche und einen Taucherschein haben wir auch nicht", gibt er zurück. Tja, selbst er musste wohl auf die Preise schauen.

Die schwarze Dame erklärt uns etwas auf ihrer Sprache, doch sie hat einen Übersetzer dabei. "Die Haie werden euch nicht angreifen. In diesem Becken sind 11 Haie, zwei verschiedene Arten. Ihr könnt sie streicheln, doch passt auf, dass ihr euch nicht die Finger aufschürft, da sie sehr rau sind."

"Und wie teuer war das hier?", frage ich, als der Übersetzer fertig ist und wir uns gerade das Taucherkit anlegen. "200 die Stunde ." Kein schlechter Preis, aber besser als fast 5000!

So einen Anzug anzuziehen ist gar nicht mal so einfach, aber nachdem Roxy mir etwas zur Hand gegangen ist, werde wir schließlich in das Becken gelassen. Ich hoffe, ich mache da nicht aus versehen rein! Ich habe extreme Angst vor diesen Viechern ... Das Becken ist etwa zehn Meter tief und ziemlich lang. Eine Aufsichtsperson kommt mit in das Becken, doch sie trägt nicht dazu bei, dass ich mich annährend besser fühle! In diesen Aquarium wird eine kleine Unterwasserwelt aufgebaut. Blaues Wasser, Lichteffekte auf den grauen Rücken der schlanken Haie - sogar zwei Babyhaie schwimmen hier rum. Zugegeben - die sehen süß aus, aber ich habe trotzdem Respekt vor denen, auch wenn sie erst so groß wie mein unterarm sind. Auf dem 'Meeresboden' sind bunte Riffpflanzen und nicht nur Haie schwimmen hier rum, sondern auch einige andere, kleine Fischarten.

Während Roxas in voller Ekstase ist, schwimme ich in meiner Ecke und habe Angst, sobald so ein Tier auch nur in meine Nähe kommt ... Trotzdem, ihm zu liebe würde ich alles machen.

Auch in ein Becken mit elf Haien steigen!


"In drei Tagen sind die Ferien vorbei", flüstert Roxas abends fest an mich gekuschelt. "Morgen geht es wieder Essen und dann wird heim gefahren."

Wieder Essen? Da will ich Roxas aber auch ein kleines Geschenk machen, so wie er mir. Alles bezahlt er mir, jetzt will ich ihm auch einmal eine Freude machen.

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