Kapitel 55: Nie wieder

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Nach einiger Zeit der Verzweiflung erhebe ich mich wieder und schleife mich nach Hause. Der Weg ist lange und ich komme erst morgens früh an. Die Nacht ist unglaublich kalt und lang, die Bäume verlieren bereits ihre Blätter und die Nächte werden immer länger. An dem Morgen, den ich ohne Handy und Schlüssel vor meiner Haustür stehe, sinken zierliche Schneekristalle zu Boden. Übermüdet vom vielen Weinen klinge ich morgens um Sieben und kann mich glücklich schätzen, dass Mama mir öffnet. "Wie siehst du denn aus?", fragt sie mitleidig, noch immer in ihrem zartrosa Schlafanzug. Ohne etwas zu sagen, drücke ich mich an ihr vorbei und ziehe meine Beine bis in mein Zimmer hinter mir her.
Frustriert, von Schmerz durchzogen, setze ich mich auf mein Bett und lasse mich einfach auf die Seite fallen.
Meine Mutter folgt mir und setzt sich zu mir. "Was ist los?", fragt sie, doch ich schüttle nur den Kopf. "Sag schon..." - "Roxas liebt mich nicht", flüstere ich, bevor sie immer weiter und weiter Fragen stellt. Das zu sagen ist ein weiterer Tritt in meine Seele und das nächste salzige Flüssigkeit lässt nicht auf sich warten.
"Ach, Quatsch", lächelt sie mir zu, während ich den Teddy von Weihnachten ertaste und ihn aus Trotz vom Bett stoße. Ich greife mir auch um den Hals und knöpfe das erste Mal, seit ich sie jemals bekommen habe, die Kette auf und lege sie in die Schublade meines Nachtschranks. Es brennt wie Salz und Zitronensaft in meinen Wunden, diesen heiligen Gegenstand abzulegen, aber ... es ist sowieso nicht mehr von Wert. "Roxas hat seinen Exfreund geküsst und ... na ja", weine ich und weiche beschämt den Blick meiner Mutter aus.
Sie schweigt kurz und legt sich neben mich, ihren verkühlten Sohn.
Die Frau legt die Decke über mich und sich, als sie sich an mich kuschelt.
Es wundert mich ... Das letzte Mal, als sie das getan hat, war ich noch jünger als Lou ... Aber meine Schmerzen, tief in mir, ziehen eher ihre Aufmerksamkeit auf sich.
Obwohl meine Gedanken nur um Ash und Roxas kreisen, bekomme ich nur noch verschwommen mit, dass meine Mutter noch etwas sagt ...

Als ich aufwache, sehe ich Roxas vor dem Bett sitzend. Seine Arme sind auf die Bettkante gelegt und sein Kopf darauf - die goldbraunen Augen geschlossen, schlafend.
Mein Handy liegt blinkend auf dem Nachttisch und ich sehe, dass Roxas mich gestern noch versucht hat mehrfach anzurufen und mir auch geschrieben hat. "Es tut mir Leid", "Es ist ein Missverständnis", "Wo bist du? Ich mache mir Sorgen!" und "Ich liebe dich."
Meine Augen sind noch immer müde und ich weiß nicht, was ich denken soll. Nur ein Missverständnis ... Als ob.

Gerade, als ich aufstehen will, greift Roxys Hand nach meiner und er sieht von unten zu mir herauf. "Reza", krächzt er kurz, da seine Stimme noch schläft. "Bitte", sagt er dann schon fester und hebt den Kopf. "Hör mir zu."
"Lass mich", sage ich, obwohl ich mich ein bisschen darüber freue, dass er hergekommen ist. "Hör zu", sagt er leise und drückt mich beim Aufstehen auf das Bett zurück. Ich seufze und sehe auf meine Hände, welche auf meinen Schoß verweilen. Er setzt sich dicht neben mich und zieht mich mit einen Arm an sich. "Ashley hat darüber geredet, dass sein Typ ihn verlassen hat und er sich im Klaren geworden ist, dass er doch zu mir zurück will. Weil ich Ashley aber nicht mehr liebe, sondern ganz alleine dich, habe ich natürlich verneint. Als er dann deine Schritte gehört hat, hat er mich einfach geküsst und ich wollte ihn wegdrücken! ... Du bist einfach gegangen und hast dein Handy vergessen ... Ich wollte dir nach gehen, aber ich wusste nicht, wo du lang bist, da es ja mehrere Wege gibt und ich nicht wusste, ob du nach Hause gehst oder nicht!"
Ich lächle innerlich, weil es genau das ist, was ich hören will. Dennoch will ich es ihm nicht so leicht machen und drehe mich weg. Innerlich habe ich ihm bereits verziehen, auch wenn das naiv ist. Vielleicht glaube ich es auch sofort, weil ich will, dass es die Wahrheit ist.
"Es ist so ... Ich liebe dich" Dabei umarmt er mich fest von hinten und lehnt seinen Kopf gegen meinen Rücken. "Okay..", murmle ich und drehe mich mit meinen glasigen Augen zu ihm. "Aber wieso hast du es überhaupt so weit kommen lassen?"
"Weil ich es nicht hab' kommen sehen.."
"Mhm..."
"Reinigst du meine Lippen?"
Er sieht mich lächelnd an, doch ich tue nichts. Erst, als er wie so oft, wenn ich beleidigt bin, wieder ein Fischgesicht zieht und Knutschgeräusche macht, kann ich das Grinsen nicht mehr unterdrücken und gebe ihm einen kurzen, aber zärtlichen Zungenkuss. Er fährt mir durch das Haar und ehrlich gesagt, bin ich ganz froh darüber, dass ich ihm nie lange böse sein kann.
Ich ziehe die Kette wieder aus dem Nachtschrankkasten.
"Du hast die ja abgenommen", stellt Roxas etwas enttäuscht fest und ich nicke. "Ich dachte, du hast mich nie geliebt. Da wollte ich keine schmerzhafte Lüge um meinen Hals tragen."
Er ist einsichtig und hilft mir beim Umlegen des Silbers. "Aber von nun an wirst du sie nie wieder abnehmen, oder?"
"Nie wieder."

"Und dann sah der kleine Reza über den Bach und erblickte einen anderen Jungen, der ihm Papierschiffe herüber sendete."

"Ich hab' etwas für dich", sagt Roxy eines Winterabends auf meinem Bett und lächelt mich an. "Mhm?", mache ich fragend, während ich in den Schulbüchern herum blättere. "Streck' mal deine Arme aus und Augen zu."
Er grinst so frech, dass ich es nur mit gerunzelter Stirn tue und fühle etwas hartes um eines meiner Handgelenke. "Noch nicht aufmachen", sagt er, bevor es ein klickendes Geräusch gibt und er mich an der Brust auf das Kopfkissen neben Minki drückt. Ich kann mir bereits denken, was es ist ...
"Roxy, ich muss lernen", sage ich mit geschlossenen Augen, während er das Etwas an dem Bett über meinen Kopf befestigt und auch meine zweite Hand daran glauben muss.
"Kannst du ja", sagt er und küsst mich intensiv, noch während ich meine Augen geschlossen habe. Ein Kribbeln wie am ersten Tag zieht sich durch jeden Teil meines Körpers und ich blicke in das Gesicht des 20-Jährigen.
"Nicht, wenn ich hier angekettet bin!", verteidige ich mich und nehme es nur so locker, weil ich ihm so sehr vertraue. Normalerweise mag ich es nicht so wehrlos zu sein. Im Gegenteil.
An meinen Handgelenken befinden sich Handschellen, welche meine Arme über meinen Kopf an den Ecken meines Bettes halten.
Roxas setzt sich auf meine Hüfte und schiebt mir das Shirt zu meinen Hals hoch. Seine Finger kitzeln über meine Rippen und ich seufze zufrieden. Um mich zu ärgern, drückt er an einer Stelle etwas fester und bringt mich dazu, kurz auf zu quietschen.
"Nicht", grinse ich, da bewegt er sich und reibt seinen Schritt an dem meinen.
Ich tue so, als würde mich das nicht anmachen und rede wieder vom Lernen, da leckt er über meine Nippel und lässt sie durch Saugen und leichtes Knipsen mit den Zähnen hart werden.
"Du kannst lernen", grinst er erneut.

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