Kapitel 51: Sei ein geiler Hengst!

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Mein Lächeln wird immer breiter und ich umarme meinen Freund.
So lassen wir den Tag ausklingen und räumen noch das Geschenkpapier weg. Als wir dann auf meinen Bett sind, setzt sich Minki auf meine Schulter und lässt sich halb von mir baumeln, während das dreifarbige Kätzchen seinen Kopf an meiner Wange anschmiegt. Roxas sitzt am Fußende und hat den Welpen auf dem Schoß. Er betrachtet ihn von allen Seiten, während die Kleine zusammengerollt schläft. Es war heute ein langer Tag. "Ich fand es wunderbar heute", lächle ich, wie so oft, zufrieden und schließe die Augen. Ich spüre Gewicht auf meinem Bauch und ich blinzle durch einen kleinen Schlitz, den ich durch das sanfte Öffnen meines Auges bekomme.
Roxy setzt Waufzi auf mich und legt sich kurz darauf nah zu mir - ich spüre seine Lippen an meinem Mundwinkel, als ich meine Lider wieder schließe.

Roxas tippt in der Aula nach der Schule auf ein Werbeplakat hinter der Bühne. "Das ist in 'nem Monat, also haltet euch ran", sagt er beinahe bestimmend, doch mir gefällt überhaupt nicht, was ich da sehe.
Auftritt der Schulband ...
Das heißt, dass ich da singen muss ...
Vor der ganzen Schule!
Mittlerweile singe ich gerne vor Jay, Quent und Roxy, aber doch nicht vor all den Schülern und Lehrern.
Ich brauche gar nicht erst zu protestieren - Ich weiß bereits, dass Roxas sich sowieso durchsetzen wird.
Das heißt dann wohl üben, üben und noch mehr üben.
Eigentlich bin ich gabz stolz über meine Einstellung.
Früher wäre ich jetzt in Tränen ausgebrochen und bereits einen Monat vor dem Auftritt hätte ich mir vor Angst die Augen ausgeweint, aber jetzt ... nehme ich die Herausforderung einfach an!
Ich fühle, wie Roxas Finger durch mein Haar fahren. "Wenn du das packst, dann wirst du wohl mit allen normal reden können, was?"

Wir proben öfter und wir alle müssen immer unset Bestes geben. Es klingt gut, vor allem wenn nur Roxas mich begleitet, aber natürlich kehrt das nicht die Bange unter den Teppich, so dass ich bereits bei dem Gedanken Lampenfieber bekomme. Der Gedanke das zu schaffen - das, was für mich früher in den Sternen stehen sollte - es wäre ein ultimativer Beweis für mich, dass ich kein 'Stotti' mehr bin. Quent verpielt sich heute allerdings öfter, als wir alle es gewohnt sind. Zudem schaut der immer schwarz gekleidete Junge ziemlich traurig drein - also beschließen wir, dass wir die Instrumente für heute stehen lassen. Wenn man aus den halb herunter gelassenen, riesigen Rolläden der Aule schaut, sieht man, dass wir ohnehin schon ziemlich lange hier sind, denn die Außenwelt färbt sich in einem immer dunkler werdenden orange-rot.

"Alles gut?", fragt Roxy und klopft Quent auf die Schulter, als wir die Aula verlassen. "Mhm", gibt dieser von sich und lässt einen bedrückten Seufzer Tür und Angel offen. Er weicht den Blick meines Freundes aus und sieht ihn nur halb an - irgendwie an ihm vorbei, aber dennoch zu ihm.
Jetzt, wo Roxas ihn so fragt, da fällt auch mir auf, dass Quent schon länger so traurig wirkt. "Hast du deiner Lehrerin gesagt, dass du sie liebst und sie hat Nein gesagt?" Ich kann Jaydens Worte nicht in Ernst oder Ironie unterordnen. Es klingt fast so, als wäre das wirklich der Fall, andererseits ist ein Stich von Spaß in Jays Stimme. "Nein, außerdem liebe ich meine Lehrerin nicht, sondern ihre kleine Schwester!", knirscht der Emojunge zum Kettenjungen herüber und sieht diesen mit seinen meerblauen Augen an.
"Ich weiß ... Is' irgendetwas mit Laetitia?"
Uhh, Quent ist also verliebt. Wenn man ihn so sieht, dann glaubt man das kaum. In die kleine Schwester unserer Lehrerin ... Hehe. Ich kenne das Mädchen gar nicht ... Obwohl es Quent nicht gut geht, überkommt mich das Bedürfnis ihn über das Mädchen auszufragen.
"Mhm", antwortet Quent wieder nur und senkt seinen Blick.
"Hau raus, alter! Wir sind doch unter uns", quetscht Roxy ihn genau so aus, wie wir es wohl alle wollen.
Der Junge lässt seine Mundwinkel zucken und legt die Arme in einer Selbstumarmung um seinen Oberkörper. "Sie hängt in letzter Zeit immer mit so 'nem Typen ab", murmelt Quent etwas brüchig.
"Sag ihr doch endlich, dass du sie liebst", will Jay ihn ermuntern und dreht sein Gesicht am Kinn wieder nach oben, damit sein Blick nicht auf dem steinernen Boden hängt. "Du schaust ihr schon bald seit einem Jahr nach."
"Das würde nichts ändern...", gibt er wieder zurück und schaut wieder an uns drei vorbei. "Sie kennt mich doch kaum..." - "Ist doch egal! Gehst da morgen hin und dann Bam-bam-boom!" Roxas klatscht begeistert in seine Hände und beginnt ein Lied mit einer nervigen Melodie zu singen, bei der Jay direkt mit einsteigt: "Quent und Lae sitzen auf'm Baum - knutschen rum, man glaubt es kaum!"
Der dunkel gekleidete Junge boxt sowohl Roxy, als auch Jay an die Schulter - er lächelt, doch die Röte steigt in sein Gesicht. Ach ja, ich kann mir denken, wie du dich fühlen musst, Quent. "Lieber nicht."
Lieber doch!"

So kommt es dazu, dass wir beide vor der Klasse des Mädchens stehen, welches Quent seit so langer Zeit verehrt. An meiner Schule gibt es drei Jahrgänge. Quent und ich gehen in das erste, Roxas und Jay in das zweite - und dieses Mädchen geht in das letzte, den Extra-Jahrgang sozusagen, um besonders begabte Schüler weiter zu fördern. Es ist auf völlig freiwilliger Basis - außer, wenn die Eltern einen zwingen.
Quent verschränkt die Arme und sieht gerötet zu der Tür. "Musst halt mal über deinen Schatten springen!", ermutigen ihn meine beiden anderen Freunde und auch ich lege die Hände auf die Schultern des kreativen Künstlers. "Schenk' ihr eine der Zeichnungen, die du mal von ihr gemacht hast - Mädchen stehen auf sowas!"
"Woher willst du das denn wissen?", fragt Quent Roxas und schenkt ihm einen ungläubigen Blick. "Du hast doch gar nichts mit Mädchen zu tun!"
Roxas winkt ab und deutet auf mich. "Reza freut sich auch über Selbstgemachtes - Er ist sozusagen ein Mädchen, daher weiß ich das!"
Mittlerweile hängen wir alle drei mehr oder weniger an Quent und betatschen ihn von jeder Seite. Ich ziehe einen Schmollmund, welcher aber durch mein gescheitertes Unterdrüxken von einem Grinsen nicht lange bestehen kann.
"Ich bin kein Mädchen", lächle ich und strecke ihm die Zunge raus.
Jayden zieht Quent aus unserem engen Ball von Jungs und drückt ihn näher zur Tür. "Sag ihr alles, sei ein geiler Hengst!" Wir lachen, doch Quent scheint nicht so wohl zumute zu sein. Er zittert leicht, als er die Hand zum Klopfen hebt, doch schon bald wieder senkt. "Was willst du anklopfen?", ruft Roxas durch die Flure der letzten Klassen. "Fall mit der Tür in's Haus!"
"Nein..." - "Ach, sei nicht so weinerlich!"
Die beiden reißen einfach die Tür auf und Jay zieht Quent am Arm in den Raum, wo sie dann genau so schnell die Tür wieder verschließen und warten. Ich bin ganz aufgeregt, wie sie reagieren wird. Quent kommt nicht sofort wieder heraus, es dauert eine Weile. Roxas drückt sein Ohr an die Tür, doch er kann außer lauten Klassenquatsch nichts hören.
Aber dann endlich!

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