Ich schweige den ganzen Unterricht lang und male Herzen auf mein Papier, statt mit zu schreiben. Hier ist es wirklich besser, als drüben bei Zachary, aber wohl fühle ich mich nicht. An sich ist das nichts schlimmes, denn in der Schule ging es mir noch nie gut. Das Mädchen rechts von mir schiebt mir einen Zettel zu und ich sehe sie irritiert aus den Augenwinkeln an, bevor ich einen Blick auf das Blatt werfe. Die Linien sind leer - nur ganz oben links steht ein "Du siehst unglücklich aus - wie geht es dir so?"
Ich sehe noch einmal zu ihr und sie lächelt mich an. Das klingt jetzt vielleicht oberflächlich, aber schön ist etwas anderes. Sie ist schlank und ihre dunklen Haare erinnern mich ein Stück an Filz. Irgendwie hat sie viel mit einer Vogelscheuche gemeinsam. Ich schreibe, dass es mir ganz okay ginge und frage aus Höflichkeit auch nach ihren Befinden, wobei mich das nicht wirklich interessiert.
Sie scheint sich zu freuen, als ich ihr meine Antwort herüber schiebe und ich sehe wieder auf mein mit Herzen verziertes Blatt. Manchm bin ich schon kindisch ...
"Ich wollte dir nur sagen, dass ich dich voll süß finde."
Ach, nee. "Cool", schreibe ich desinteressiert mit einen lieben Smile zurück, doch ziehe ihr wieder dad Blatt unter dem Stift weg, als sie mir geradr antworten will.
"Ich bin schwul", füge ich hinzu und ihre Antwort verwandelt sich in ein "Okay." Gefällt dir wohl nicht, was?Als es klingelt ist es kaum anders als in meiner Klasse. Alle stehen auf und haben es eilig, um schnellstmöglich den Raum der Langeweile zu verlassen. Nur Quent, der Junge links von mir, packt erst einmal unter purer Entspanntheit seine professionellen Zeichenstifte in sein extra dafür angelegtes Mäppchen und setzt sich einen dunklen, mit Nieten besetzten Beanie auf. "Schaffst es alleine zur Schülerhilfe?", fragt er mich, als ich aufstehe und ich nicke. Ist er jetzt etwa mein Aufpasser?
Nun ja, egal ...An der Tür legt die kleine Lehrerin ihre zierliche Hand auf meine Schulter und rückt sich die rundr Brille zurecht. Sie erinnert mich an diese Nerdmädchen, nur dass sie sehr hübsch ist und keine Zahnspange trägt. Ihre runden, weiblichen Augen sehen mich sanftmütig an. "Falls es dir hier gefällt, dann kannst du gerne bleiben. Ich habe bereits alles besprochen." Ich nicke und sehe schüchtern zu Boden. "Nun dann!" Noch einmal berührt sie meine Schulter und klopft dann auf ihren breiten, kleinen Absätzen an mir vorbei. Hier scheint es zu schön zu sein. Irgendwie glaube ich der Ruhe hier nicht. Mal sehen, wann sich hier die Arschlöcher entpuppen.
Als ich die Klasse verlasse und mich auf den Weg nach unten mache, sehe ich Zachary mit zwei seiner Kumpel vor dem Eingang einer anderen Klasse stehen, als ob sie auf wen warten würden. Meine normale Klasse ist es jedenfalls nicht. Als unsere Blicke sich treffen, schenkt er mir einen derart bösartigen Blick, dass mein Herz beginnt zu rasen. Er sieht nicht gut aus - ähnlich wie Roxas zieren ihn neue Wunden, blutige Kratzer und aufgeplatzte Haut. Er muss sich sicher mit den Leuten auseinander setzen, von wem er sich denn hat so zurichten lassen. Wenn er am Montag wieder im Musikraum ist kommt Jayden und gibt ihm das, was er verdient hat. So ein Arschloch, dem würde ich alles zutrauen.
Ich blicke schnell weg und gehe mit schnellen Schritt, fast im Trab, die Treppen herunter und öffne die Tür der Schülerhilfe. "Wie war's bei Quent in der Klasse?", fragt mich Roxas sofort, während er auf dem Stuhl kippelt. Mit guten Gewissen kann ich ihm die Wahrheit sagen: ganz okay eben. Ich gehe generell nicht gerne zur Schule. "Bei Quent wird dich niemand mehr ärgern, keine Sorge."
Ich zucke die Schultern und setze mich zu den beiden an den Tisch.
"Zach hat echt auf die Fresse verdient und eigentlich noch mehr", meint Jay ruhig und reißt sich nebenbei tote Haut von den Fingern. Er ist immer so ruhig, irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass er wen schlägt - auch wenn er so groß und böse aussieht. Jay hält sich immer im Hintergrund und stört eigentlich nie. Ein sanfter Riese sozusagen. "Die Polizei kümmert sich sicher drum - ich will ihm sein scheiß Leben versauen", knirscht Roxy durch seine Zähne.
Es ist ein schönes Gefühl, wenn sich jemand für einen einsetzt.
"Aber zuerst gehen Reza und ich heute bisschen in der Stadt einkaufen." Dabei grinst er keck, als ob er schon genaustens wüsste, was er will. "Und wir schmuggeln dich heute mal in einen Club." Er sieht zwinkernd zu mir. "Bist ja schließlich noch minderjährig." Irgendwie denke ich an ein Bordell. "Ich will in keinen Puff." - "Ich rede auch von keinen Puff!"Wir gehen zuerst zu mir nach Hause, um zu essen und die Taschen abzulegen. "Du hast eine hübsche Tochter", meint mein Freund zur meiner Mutter und dir ganze Familie sieht ihn schief an. "Ich zeige euch später, was ich meine, ne? Tereza?"
Neckend gibt er mir vor meiner Familie einen kurzen Kuss - meine Mutter fängt sofort an zu grinsen, als ob sie nun eine klare Bestätigung für ihre Vermutungen hätte. Mein Bruder Lou macht jedoch große Augen. "Seid ihr ein Paar!?"
Ich habe es ihm nie gesagt und anscheinend hat er sich, anders als Mama, nichts dabei gedacht. "Ja", gebe ich zurück und Lous Blick ist mir etwas unangenehm. Statt, wie ich erwartet hätte, zu sagen "Wuäh!", brüllt er: "Wie cool!" und haut die Hände auf den Tisch. Er sieht zu Roxas und grinst ihn schelmisch mit zusammen gekniffenen Augen an. "Dass du ja keinen Unsinn mit meiner Schwester anstellst!"Nachdem ich jetzt offiziell zu der schwulen Tochter des Hauses mutiert bin, zieht Roxas mich durch die Straßen und geht mit mir in eine kleine Drogerie. Der Junge geht zu dem billigen Schmuck, doch findet wohl nichts passendes. "Was willst du hier?", frage ich und laufe ihm nach. Der Junge drückt mir blutroten und dunkelgrünen Nagellack in die Hand. "Das da", grinst er mich an. Nagellack!?
Er verschwendet vier Euro für die beiden Dinge und zwingt mich in den nächsten Laden. Sein Ziel: die Frauenabteilung. "Käufst du dir jetzt BHs?", scherze ich, da hält er mir tatsächlich einen Push-Up an. "Richtig. Wie groß dürfen die Möpse denn sein, junge Dame?"
Was zum!? "Was hast du denn vor!?"
"Einen D-Cup für die süße Tereza!"
Ich kann Roxas nur dabei zusehen, wie er eine Frau aus mir zaubern will. Er hält mir einige Frauensachen an und zwingt mich mehr oder weniger dazu, sie anzuziehen. Sie sind zum Teil recht freizüzig ... "Schickst mich auf den Strich, mh?" - "Nee, ich will mir nur mal einen Spaß erlauben."
Roxas entscheidet sich für ein kurzes, enges Kleid, das etwa in der Mitte meiner Oberschenkel sein Ende findet. Es glänzt dunkelgrün - wie der Nagellack. Sich selbst käuft er das selbe in rot - das kann doch nicht sein Ernst sein ...Nächste Station: Schuhe. Roxas setzt mir sofort die größten Highheels vor, die er finden kann. Ich schlüpfe in den engen Schuh aus Kunststoff und kann mit den Teilen nicht einmal richtig sitzen! Roxas hingegen kann in den Stockdingern sogar fast normal laufen - auch wenn er etwas verspannt geht. Eine ältere Dame bleibt kurz neben ihm stehen und begutachtet meinen Freund. "Sieht schick aus", grinst sie ihm dann zu und er nickt zustimmend. "Sowas von."
Ich darf mir, Gott sei Dank, flachere aussuchen mit einem dickeren Absatz, auf denen es gar nicht mal so schwer ist zu gehen. Es sind billige Schuhe - beide Paare kosten Roxas gemeinsam nur 25 Euro."Deine Nägel sind zu kurz", stellt er unterwegs fest und lässt noch künstliche Nägel mitgehen. Manchmal frage ich mich, wie er auf seine Ideen kommt. Er fragt mich ja nicht einmal, ob ich das will! Aber irgendwie stört es mich nicht wirklich. Er muss die BHs ja kaufen.
Wieder Zuhause verschanzen wir uns in meim Zimmer und Roxy klebt mir die falschen Nägel auf. Es fühlt sich irgendwie komisch an ... Vorsichtig bestreicht er sie mit dem grünen Nagellack und gibt sich dabei so Mühe, dass er ohne es zu merken die Zunge ein Stück heraus streckt.
Irgendwie ja süß.
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Loveletters (BoyxBoy, Yaoi)
Romance"Ich liebe dich, weil du immer für mich da bist. Ich liebe dich, weil du mich mit deinem Lächeln zum Lachen bringst. Ich liebe dich, weil du so einzigartig bist. Du bist mein kleiner Junge." Reza, ein 17-jähriger Schüler, hat ein großes Problem: Er...