*Kapitel 65: Zusatz.

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Moin! Für die, die es noch nicht gelesen haben - die Zeit nach der Beerdigung bis zum letzten Absatz von Kapitel 65.

Ich weiß, dass Roxas da ist. Zumindest will ich, dass er da ist, auch wenn ich ihn nie wieder sehen oder berühren kann, doch er fehlt mir so sehr.
Vier Monate nach Roxas körperlichen Tods ist der Schmerz nicht gesunken. Alles erinnert mich an ihn und ... ich will auch, dass mich alles an ihn erinnert. Niemals könnte ich es mir verzeihen, wenn ich nicht mehr jeden Tag an ihn denken würde. Wenn wir morgens gemeinsam frühstücken, lege ich einen Teller mehr heraus, als wir wirklich brauchen. Anfänglich war es ein Versehen, eine Gewohnheit für Roxas mit zu decken, jedoch hat es sich als eine Art Ritual eingebürgert. Manchmal werfe ich absichtlich selbst das Wäschebrett um und stelle mir vor, wie Roxas es wie sonst aufhebt und dabei verlegen lächelt.
Ich würde lügen, würde ich sagen, dass Roxas Gehen keine psychischen Schäden bei mir hinterlassen hätte.
Ich bin unendlich einsam und fühle mich alleine, egal wie viele Menschen um mich herum sind. Für Roxys Vater ist es auch eine sehr schwere Zeit. Zuerst die Frau, dann der Sohn ... außer meiner Mutter, Lou und mich hat er niemanden mehr, doch so spielt das Schicksal. Jayden scheint Roxas Tod von uns allen am ehesten verkraften zu können, hat mich in den Arm genommen und gesagt, dass es ihm Leid täte. Ich weiß, dass auch er seinen besten Freund vermisst, doch es ist, als hätte er sich bereits Jahre lang auf diesen Tag vorbereitet.
Roxas wusste das mit dem Herzen schon seit er 15 war - Jayden, dass er sich gegen eine Transplantation entschieden hat - weil Roxas Mutter bereits an einer gestorben ist - und somit wat all der Rest wohl ein Jahre langer Abschied gewesen.
Quent geht mit der Situation ähnlich um wie Jay, hält sich an den noch lebenden Personen fest, die er liebt - was auch ganz normal ist, denke ich ...

Aber ich kann das nicht.
Ich will Roxas wieder berühren und in den Arm nehmen können, will ihn küssen und für ihn singen. Mein Mann ist mein Leben, doch zu wissen, dass ich ihm nie wieder in diesen Leben nahe sein kann ...
Roxas Lächeln kann ich nur noch auf Bildern betrachten, sein Lachen nur noch auf Audios hören, die wir irgendwann unsinnigerweise gemacht haben. Sein Gesicht existiert in meiner Welt nur noch auf den Medien, doch ich werde nie wieder seine Lippen auf meinen fühlen können. Abends ist der Platz neben mir leer - zumindest fühlt es sich so an, auch wenn der Wind vor dem Fenster mir Roxas Stimme in die Gedanken wehen lässt. Er versucht selbst nach dem Tod noch für mich da zu sein und mir das selbe Lachen zu schenken, das ich hatte, als er noch an meiner Seite gewesen war.

Ich bin alleine Zuhause und ziehe die Beine auf dem Küchenstuhl an mich heran. "Ich vermisse dich ... Wo bist du nur?", flüstere ich in das Nichts in der Hoffnung, dass Roxas wenigstens mich hören kann. Auf einer Seite bin ich fest davon überzeugt, doch andererseits weiß ich nicht, ob ich mir das alles nur einbilde, um meinen Lebensinhalt nicht zu verlieren.
Ich habe mich einfach dafür entschieden, dass er da ist, dass er lebt, dass er Träume hat und glücklich ist. Es gibt so viele Vermutungen, was einen nach dem Leben erwartet.
Ein neues Leben, da Dasein als Geist, das Nichts ...

Für mich ist Roxas solange als Seele bei mir, bis auch ich gehe und im nächsten Leben werden wir uns wieder treffen ... wo wir dann endlich bis zum richtigen Schluss beisammen sein können. Mir huscht tatsächlich ein Lächeln über die Lippen, als ich an das neue Leben denke - wie ich endlich wieder in seinen Armen einschlafen kann ... Bis dahin trennen uns aber Welten und jeder träumt für sich alleine ...
Ich sehe auf den leeren Teller gegenüber vom Tisch. Es ist manchmal so einfach Roxas dort sitzen zu sehen, doch oft kommt er nicht, egal wie laut ich seinen Namen in die Nacht rufe.
Der alleinige Schulweg und Einschlafen - alles fühlt sich grausam einsam an.

Ich knie mich in die feuchte Erde am Flussufer und setze ein Papierschiff in das Wasser. In mir herrscht eine Leere, die mich nicht mehr weinen lässt. Ich habe so lange geweint und unendlichen Verlust zu spüren bekommen, so dass ich nun nichts mehr fühlen kann.
Ich gebe dem Schiffchen aus weißen Schnee einen Schubs und sende es damit mit einer rosa Blume und einer Nachricht auf das kühle Wasser.

Liebster Ehemann,
ich vermisse dich so sehr. Du fehlst mir und meinen Herzen, du fehlst in unseren Leben. Wir alle lieben dich und träumen nachts davon, dass du wieder bei uns bist. Wir decken für dich mit, obwohl niemand etwas von diesem Teller isst. Wir alle tun so, als wärst du beim Kartenspielen auch dabei. Ich wünsche mir meinen Alltag zurück ... mit dir. Ist es zu viel verlangt, dass ausgerechnet du gehen musstest?
Ich will eines Tages wieder mit dir vereint sein, Schönster. Auch, wenn ich auf deiner Beerdigung große Reden geschwungen habe - so fühle ich mich ganz tief in mir einsam ohne dich.
Bitte komm wieder zu mir zurück ...
Ich liebe dich so sehr.

Ich seufze und sehe traurig in das Wasser. Die Leere in mir ist so existent, dass ich nicht einmal mehr ein paar schöne Worte an meinen Mann richten kann. Ich kauere mich zusammen und verstecke mein Gesicht. Hey, Kleiner ...
Ich reagiere nicht und verweile in meiner Haltung. Sieh' mich mal an!
Zögerlich blicke ich der verschwommenen Stimme entgegen und Roxas Bild spiegelt sich im Wasser wieder. Er kniet wie ich und blickt dort zu meiner Reflektion, legt einen Arm um mich und ich fühle den Hauch seiner Berührung. Schau mal, was du ein deiner Hand hast.
Ich blicke neben mich, doch dort ist niemand. Mein Blick schnellt in das Wasser, doch mein Spiegelbild ist wieder alleine. Gebrochen fahre ich meine Hand entlang und fühle den Ring um meinen Finger.
Diesen ziehe ich ab und als ich die Gravur lese, rollen mir seit langen wieder Tränen von den Wangen.
Ich bin immer bei dir

Er ist immer bei mir ... Dinge wie diese fühlen sich nicht wie eine Einbildung an... Es ist bloß Roxas Mittel mit mir zu sprechen.
Nach einer kurzen Zeit lächle ich wieder und erhebe mich. Du bist also wirklich immer bei mir, was?

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