Kapitel 17

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„Sind die alle von den Konzerten?" Frage ich und fahre mit meinen Fingern die Narben an seinem Arm entlang. „Die meisten, ja." Antwortet er und lässt meine Berührungen zu. „Und die anderen?" Vorsichtig sehe ich ihm in die Augen. Mich interessiert das Thema, aber wenn er darüber nicht sprechen will, ist es auch okay. Er scheint zu zögern, weshalb ich schnell noch etwas einwerfe: „Du musst darüber nicht mit mir reden, wenn du nicht willst."
„Schon okay." Er holt tief Luft. „Die anderen sind von früher, als ich noch ein Kind war. Weißt du- bei mir lief auch nicht immer alles super. Ich habe mir die Narben entweder selber zugefügt oder sie kommen von irgendwelchen Schlägereien. Als die Sache mit Rammstein losging, war ein Großteil meiner Familie damit nicht einverstanden, weshalb es eben zu Streitereien und Verlegungen kam. Ich wünschte, ich könnte den Teil meiner Vergangenheit einfach aus meinem Kopf löschen."
Mir fehlen die Worte. Till's Vergangenheit trifft mich wahrscheinlich heftiger, als es sollte.
Aber andererseits fühle ich mich irgendwie erleichtert- ich meine Till hat über seine Probleme mit MIR gesprochen. Normalerweise erzählt man ja nicht jedem seine Geschichte- oder?
„Danke. Danke, dass du es mir erzählt hast." Flüstere ich und zögere kurz, bevor ich meinen Kopf auf seiner Schulter anlege. Keine Ahnung ob sowas für ihn okay ist. „Ist das in Ordnung?" Frage ich deshalb vorsichtig und schaue zu ihm hoch. „Mehr als nur in Ordnung." Lächelnd kuschle ich mich an ihn und genieße den Abend.
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Es sind jetzt fünf Tage vergangen. Heute ist der Tag an dem unser Musikvideo veröffentlicht werden soll. Gestern haben wir es uns alle noch einmal angeschaut, denn kurz danach ging Paul und Richards Flug zurück nach Berlin. Ich vermisse die beiden jetzt schon.
Till und ich haben jetzt noch 3 Wochen zu zweit, bevor auch er wieder zurück muss.
Es ist verständlich, dass er zwischen den einzelnen Touren keine Zeit für mich hat. Ich meine er muss proben und all das drum und dran.
Gerade bin ich mit ihm in der Stadt shoppen. Das er sowas mitmacht hätte ich nie gedacht, aber er scheint äußerst Gefallen daran zu finden.
„Entschuldigung? Kann ich ein Foto mit Ihnen machen, Herr Lindemann?" Ein Junge kommt auf uns zu und hält Till sein Handy hin. Ich schätze ihn auf ca 14 oder 15 Jahre. Till stimmt zu und ich sehe lächelnd zu wie er ein Foto knipst und sich noch kurz mit ihm unterhält. Ich liebe es, wie Till mit Kindern umgeht, da schmilzt einem ja glatt das Herz.
Der Junge bedankt sich und wendet sich wieder von uns ab. „Isabel?" Till dreht sich zu mir und ich sehe ihn fragend an. „Ja?"
„Da ist eine Sache, die ich die eventuell verschwiegen habe- Jetzt da das Video fertig ist, gibt es eine Art Gala im Anschluss. Also ohne Preisverleihung usw, aber eben ein Treffen von Sängern mit ihren neusten Songs oder eben Videos. Auch wenn ich immer noch finde, dass ich kein Sänger bin." Er schmunzelt und ich weiß nicht recht, was ich sagen soll. Eine Gala? Muss ich da ernsthaft hin? „Da ist ja alles schön und gut- aber ich bin nur irgendeine Person im Video. Ich glaube nicht, dass ich da was zu suchen habe." Gebe ich meine Gedanken zu. „Doch hast du. Aber dazu wollte ich dich fragen, ob du zusätzlich als meine Begleitung gehen willst?" Seine Augen fixieren meine und es ist fast unmöglich nein zu sagen. „Eigentlich bin ich nicht so der Typ für Galas, aber ja."
„Ja? Du begleitest mich?" Ich nicke und er lächelt mich glücklich an. „Danke, dass weiß ich zu schätzen. Komm mal mit." Er nimmt mich an meiner Hand und zerrt mich durch die Straßen. Wir suchen uns immer etwas ruhigere Gassen, damit Till nicht so oft erkannt wird.
Als er auf einmal vor einem luxuriösen Geschäft voller Kleider stehen bleibt, weite ich meine Augen. „Till- Ich will nichts sagen, aber das kann Ich mir nicht leisten-" Ich muss mich bei diesem Thema vor Till nicht schämen, denn er würde mich niemals auslachen nur weil ich nicht steinreich bin. Ich verdiene jetzt nicht schlecht, aber auch nicht mega viel, dass ich mir einfach mal ein Kleid für 5 tausend kaufen kann. „Aber ich." Antwortet er bloß und zieht mich in den Laden.
- -
Ich habe mindestens schon 7 Kleider anprobiert, aber entweder passt es einfach nicht zu einer Gala oder ich finde es okay, was Till nicht ausreicht. Bei Till reicht ein Kleid, welches nur ‚gut' ist nicht. Es muss perfekt sein. Und genau der Meinung bin ich auch. „Till?" Rufe ich aus der Umkleide heraus. „Kannst du mit kurz helfen?" Nervös öffne ich die Umkleidekabine ein Stück und lasse Till herein. „Am liebsten würde ich dich direkt hier drin nehmen." Seine Stimme vibriert in meinem Bauch und ich kichere. „Da musst du wohl warten, bis wir zuhause sind." Er verdreht die Augen und ich komme auf mein eigentliches Problem zurück: „Kannst du vielleicht den Verschluss zumachen. Der geht so weit runter, ich komme nicht dran." Verzweifelt fummle ich mit meinen Händen an meinem Rücken herum. Sanft drückt Till meine Hände zur Seite und schließt vorsichtig den Verschluss. Seine Berührungen lösen eine Gänsehaut bei mir aus und augenblicklich wird mir wieder heiß. Ich weiß gar nicht, was dass zwischen uns beiden ist- Und das macht mich ganz verrückt. Außerdem habe ich irgendwie Angst, dass das alles zerstören wird, wenn ich ihn frage.
Er zieht seine Hände wieder zurück und öffnet die Kabine, sodass er mich besser begutachten kann. „Wunderschön. Es sieht perfekt an dir aus." Sagt er und lächelnd sehe ich wie seine Augen funkeln. „Es sieht wirklich umwerfend aus- Aber Till, ich will wirklich nicht, dass du das für mich bezahlst."
„Ich aber. Seh es als Geschenk."
Nach längerem diskutieren, gebe ich schließlich nach und lasse mir von Till das Kleid bezahlen. Die nächsten Sachen muss ich dringend selber zahlen. Ob er jeder seiner vielen Frauen, ein Kleid gekauft hat?
„Sollen wir langsam wieder zurück?" Unterbricht er meine Gedanken und ich nicke. Wir schlendern wieder durch die leersten Straßen und fahren dann mit dem Auto zurück in meine Wohnung.

concert love [Till Lindemann| Rammstein] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt