4. Flora

297 44 5
                                    

Das große Aufgebot an Soldaten, die das ganze hier bewachten war mehr als lächerlich gewesen.
Mehr als eine Hundertschaft an Soldaten nur um zu garantieren, dass ich auch wirklich in diesen verdammt Jeep stieg.
Immerhin hatten es sich die Anwesenden verkneifen können irgendwelche Sprüche hin und her zu munkeln.
Das würde also Gottseidank erst losgehen wenn ich hier weg war.
Mit einem unguten Gefühl sah ich aus dem Fenster des umgebauten Fahrzeuges heraus.
Ein dicke Panzerglassscheibe trennte mich mach vorne vom Fahrer und der daneben sitzenden Wache ab.
Ich selbst saß hier hinten allein.
In der Zeit in dem Büro mit Michael hatte ich mich noch etwas fangen können und unterdrückte somit gerade das Gefühl laut los schreien zu wollen.
Es war einfach furchbar zu wissen, dass man in dem ganzen zwar beteiligt war, jedoch in keinerlei Form darin aktiv werden konnte. Ich war verdammt dazu, dem ganzen als passiver Part beizuwohnen.
Das ich nur eine absolute Nebenrolle war, war mir schon mein ganzes Leben klar. Doch mir das alles so deutlich vor die Nase zu halten konnte doch nicht nur ich grausam finden, oder?

Der Jeep setzte sich in Bewegung. Innerhalb weniger Minuten waren wir schon weit genug entfernt um das Armeelager nicht mehr zu sehen.
Ein leiser Seufzer glitt über meine Lippen.
Michael würde vermutlich spätestens heute Abend von der ganzen Menschheit als Held gefeiert werden. Als 'der Mann, der den Frieden brachte', würde er wahrscheinlich in die Geschichte eingehen. Mein  Schicksal wird ihm sogar wahrscheinlich sogar noch Empathien entgegen bringen.
Immerhin wird die Welt glauben, dass er seine 'geliebte' Schwester für den Frieden gab.
Wenn es in seinem Sinne läuft, wird es den übernatürlichen Wesen sogar negativ ausgelegt.
Denn die Lesart war doch ziemlich offensichtlich. Die bösen übernatürlichen Wesen verlangten von dem Mann der Frieden wollte ein Pfand, seine Schwester, und dieser gab unter innerlichen Qualen nach und opferte seine Schwester für das Leben vieler Millionen Menschen.
Und ich, ich würde nur eine Randnotiz in der Geschichte werden. Vielleicht werden irgendwann die Geschichtsschreiber mich zumindest als kleines Unterthema hierzu behandeln. Wer weiß, irgendwann würden vielleicht sogar irgendwelche Autoren aus meinem Leben einen verdammten Liebesroman machen.
Das die Wesen zu denen sie mich brachten, wunderschön waren und unter anfänglichen Problemen sich eine immer größere Liebe entwickelt.
Ich verdrehte die Augen.
Wenn ich Pech hatte, könnte meine Geschichte auch zu einem schlechten Erotikroman verkommen. Der menschlichen Kreativität traute ich jedenfalls keine moralischen Grenzen zu. Dazu hatte ich schon von zu vielen absolut absurden Büchern gehört. Doch selbst wenn dies so passieren würde, würde ich davon wohl nichts mitbekommen oder das würde erst lange nach meinem Tod passieren.

Die Landschaft zog an uns vorbei. Weit und breit war keine Menschensseele zu sehen. Nur die Auswirkungen des Krieges der letzten Jahre waren unleugbar. 
Die Reste zerstörter Siedlungen waren nur ein Indiz, wie furchtbar dieser Krieg gewesen war. 
Tja... und jetzt war er scheinbar vorbei, da man Halbbruder mich ohne Skrupel dem Gegner übergeben würde, der was weiß ich mit mir machen würde.
Unter den Menschen gab es nun Mal nicht ohne Grund die unterschiedlichsten Gerüchte, was diese übernatürlichen Wesen mit Menschen anstellten, wenn sie diesen Habhaft wurden. 
Allein der Gedanke, an das was kommen könnte, ließ einen kalten Schauer über meine Rücken laufen.
Mein Leben war vorbei, dass stand fest.
Ja, vielleicht würde ich 'überleben', aber es wird garantiert kein Leben sein.
Wobei ich mir dann doch sowieso die Fragen stellen muss: Hab ich überhabt je mehr als überlebt? Habe ich irgendwann mal wirklich mein Leben gelebt?
Nun, darüber würde ich wahrscheinlich bald sehr viel Zeit haben um darüber nachzudenken.  
Irgendwo in einer Zelle, bis meine Zeit gekommen war...

Die Wache und der Fahrer warfen mir immer wieder kritische Blicke zu. 
Wenn ich ihre Blicke richtig deutete, wussten sie nicht wirklich was sie mit mir und meiner Reaktion, beziehungsweise dem ausbleiben dieser, anfangen sollten.
Vermutlich hatten sie viel mehr damit gerechnet, dass ich völlig in Tränen aufgelöst wäre. Immerhin hatte mich jetzt mein eigener 'Bruder' für den Frieden aufgegeben. 
Vielleicht überschätzte ich aber auch das Einfühlungsvermögen von Soldaten, die nun mal vom Krieg abgehärtet und vermutlich darüber hinaus traumatisiert waren.
Zwischenzeitlich schienen sie sogar etwas sagen zu wollen, doch sagte keiner ein Wort und sahen sich hin und wieder an, als ob sie allein mit Blicken kommunizierten.
Leise seufzte ich und sah aus dem Fenster.
Wenn ich jetzt wenigstens mein Handy hätte, dann hätte ich mich jedenfalls ablenken können und so etwas Zeit totschlagen können. Auch wenn mir dieses spätestens die begabten Wesen weggenommen hätten.
Diese Form der Langeweile war ich einfach nicht mehr gewohnt...

Das Auto wurde auf einmal wesentlich langsamer.
Überrascht sah ich nach vorne.
Hatten wir etwa unser Ziel schon erreicht? So schnell? 
Hätte man nicht eher einen Treffpunkt weiter entfernt vorziehen sollen? 
Immerhin war die Friedensbedingungen, beziehungsweise die eine von der ich wusste, noch nicht erfüllt.
In der Ferne erkannte ich eine größere Gruppe an Personen.
,,Das sind mehr als abgesprochen", murrmelte die Wache. Der Fahrer knurrte nur unruhig.
Ihre angespannte Stimmung übertrug sich auf mich und ich rutschte unruhig leicht hin und her.
Ob das wohl wirklich gut ging? 

Des Elfenkönigs BrautWo Geschichten leben. Entdecke jetzt