11. Flora

307 42 4
                                    

Ich konnte es mir einfach nicht verkneifen jeden Winkel des Zimmers zu untersuchen. Je länger ich hier drin war machte das ganze hier doch eher den Eindruck eines Zimmers in einem Möbelhaus.
Daraus schloss ich so ziemlich, dass dieses Zimmer extra für mich leergeräumt wurde.
Den gerade oben auf den Regalen fand man hier und da im Staub ein paar Umrisse. Als hätte man erst vor kurzen Gegenstände dort weg genommen, aber danach nicht noch einmal Staub gewischt.  
Aber man konnte sicherlich nicht sagen, dass die Einrichtung billig war. Soweit ich es beurteilen konnte, waren alle Holzmöbel im Raum tatsächlich aus massiven Holz und nicht mit nur einen dünnen Schicht Holz überzogene Spanplatten. Vermutlich war die Einrichtung hier mehr wert, als alle Gegenstände, die ich jemals besessen hatte, zusammen. Ich fand sogar einige schöne Details, wie kleine Schnitzereien am Bettgestell und ähnliches. Es wirkte alles nicht so furchbar gerade und Rechteckig, wie die Architektur und Einrichtung die bei uns Menschen gerade im Trend war, sondern erinnerte mich eher an Möbel, die in Gemälden aus der Epoche der Romantik zu sehen waren. Auch wenn ich da sicher kein Experte war. Immerhin kannte ich das alles mit der Epoche auch nur aufgrund dessen, dass wir diese im Unterricht behandelt hatten.   
Wenn es nicht meine, in dem Sinne, Gefängniszelle wäre, hätte dieser Raum auch sicherlich so manchen noblen Dame gefallen, die hier unter gebracht werden würde.
Wie wohl die anderen Räume hier aussahen, wenn man schon einen solchen Raum mir gab? 
Selbst die Sicht aus den Fenstern heraus war großartig. Ich konnte in einen wunderschönen Garten blicken, der irgendwie unreal wirkte, wenn man bedachte, dass doch eigentlich ein Krieg gewesen war. Es hatten sich trotzdem Personen die Zeit genommen diesen zu Pflegen, so dass man selbst von meinem Fenster aus die Blütenpracht sehen konnte. Es war wie ein kleines Paradies da unten. Nur, dass ich es eben nicht erreichen würde, da ich hier eingeschlossen war. 
Doch zumindest jetzt gerade reichte mir der Ausblick. Es war eben bei weitem besser, als dass was ich erwartet hatte.
Keine Zelle in einem Kerker, angekettet und gefoltert. 
Vermutlich hätte nicht mal Michael damit gerechnet, dass meine Situation nun so sein würde. 
Nur war jetzt einfach die Frage, was die Zukunft bringen würde.
Sollte der Frieden wirklich halten würden mich die Elfen doch sicherlich nicht für immer eingesperrt halten, oder? Ich hoffte es zumindest tief in mir drin. Eingesperrt war immerhin immer noch eingesperrt.   
Zögerlich probierte ich, ob ich das Fenster ganz öffnen konnte. Dies gelang mir zu meiner Verwunderung sogar. Irgendwie hatte ich eher damit gerechnet, dass ich es maximal kippen könnte. Hatten die Elfen den wirklich gar keine Sorge, dass ich mir selbst etwas antun könnte oder sogar auf die Wahnsinnige Idee kommen könnte zu versuchen durch das Fenster zu entkommen. Bei Menschen wäre dies sicherlich ein ganzes Stück weit anders gelaufen, wenn di Menschen Geiseln gefordert hätte. Wobei...
Vielleicht hatten sie das auch getan? Ich konnte es mir jedenfalls vorstellen, dass nach der Forderung der übernatürlichen Wesen, die Generäle der Menschen etwas ähnliches verlangt haben könnten. Von wegen, gleiches Recht für alle. 
Wenn es wirklich so war würde ich jedoch eindeutig sagen, dass es mich wahrscheinlich besser erwischt hatte. Beziehungsweise jetzt noch besser erwischt hatte. Immerhin konnte morgen die Welt schon wieder gänzlich anders aussehen. 
Schweigend stand ich am Fenster und lauschte dem singen der Vögel im Garten und dem surren einiger Insekten. Man merkte deutlich, dass der Sommer näher kam.
Die Stille wurde nur plötzlich von zwei Stimmen durchbrochen, die sich auf dieser anderen Sprache unterhielten. Interessiert beugte ich mich etwas vor, um die Personen vielleicht sehen zu können. Doch schienen sie nicht im Garten zu sein, sondern ebenfalls in diesem Gebäude zu sein bei einem offenen Fenster. Da der Garten hier komplett umgeben war von Gebäuden, schien der Schall von den Wänden zurückgeworfen zu werden. Ansonsten konnte ich es mir nicht erklären, dass ich die Personen so gut verstand. 
Das war wahrscheinlich ein Umstand den ich mir merken sollte. Bei offenem Fenster nichts privates erzählen oder alle die hier ebenfalls ein Fenster offen hatten könnten es hören.
Ich ließ das Fenster offen stehen und setzte mich zurück aufs Bett. Still lauschte ich den Stimmen, immerhin war es gerade das interessanteste was gerade passierte. Nach einigen Minuten stellte ich sogar fest worum es ging: Eine ältere Stimme gab anscheinend Unterricht zu einer jüngeren Stimme über ausgerechnet meine Sprache. Es gab immer einen Teil in der anderen Sprache und dann wieder in meiner. Interessiert lauschte ich. Eins zu eins Fremdsprachen unterricht war sicherlich ein sehr guter Weg eine neue Sprache zu lernen und wesentlich effektiver als meine Apps. Ob der Junge das aber auch so wertschätzte? Bei dem Wetter wollte er sicherlich lieber nach draußen als drinnen zu sitzen und Unterricht zu bekommen. So wäre es immerhin bei Menschen. 
Aber so hatte ich, auch wenn ich wusste, dass es wahrscheinlich nicht clever war, die Chance womöglich auch ein paar Wörter dieser fremden Sprache aufzugreifen. Wer wusste schon ob und wann ich dies vielleicht mal gebrauchen könnte. Ganz davon abgesehen, dass Sprachen mich ja sowieso faszinierten. Ich konnte jedoch nur hoffen, dass mir das vielleicht nicht nochmal auf die Füße fiel.  

Des Elfenkönigs BrautWo Geschichten leben. Entdecke jetzt