6. Aren

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Schweigend stand ich am Fenster im zweiten Stockwerk über den Eingang in den Palast. 
Neben mir standen meine beiden ältesten Brüder. Bialaer zu meiner Rechten und Corym zu meiner Linken. 
Sie beiden waren eigentlich meine größte Gefahr auf den Thron der Elfen, doch ergab es sich in den letzen zwei Jahren so, dass sie Beide schon quasi seit Anfang an überhaupt keine Gefahr mehr waren für mein Amt, da sie beide hierfür disqualifiziert wurden. 
Bialaer wurde im Krieg schwer, beinahe Tödlich verletzt und verlor die Möglichkeit Kinder zu zeugen und bei Corym war es so, dass sein erwähltes Menschenmädchen sich in seinem Angesicht lieber ein Messer durch die Kehle zog. 
So war es meinen beiden Brüdern nicht mehr möglich männliche Nachkommen zu zeugen und so war ihnen auch der Platz auf dem Thron verwehrt. 
So tragisch beide Schicksale auch waren, so sehr beruhigte es mich doch, dass ich kein Attentat von den Beiden fürchten musste nur um an mein Amt zu kommen. 
Viel mehr waren sie nun meine engsten Berater, da sie es mir schuldig waren.
Ich hätte nach unserer Rechtssprechung das gute Recht gehabt beide zu töten oder zumindest zu verstoßen. 
Elfen die keine Nachkommen, insbesondere bei uns Männern keine männlichen, bekommen konnten, waren für unsere Art, die ständig im Kampf ums überleben war, unnütz. 
Wäre unser Vater noch König gewesen, als die Beiden ihre Chance auf männliche Nachkommen verloren, hätte er die Zwei wahrscheinlich umgebracht. 
Er war da doch recht skrupellos gewesen und hatte mich auch bereits mehr als einmal kritisiert, dass ich sie am leben ließ.
Mich hatte es schlussendlich so sehr genervt, dass ich ihn weit weg von mir eine schöne Unterkunft schenkte für sich und seine Elfenbraut. 
Nach dem Tod unserer menschlichen Mutter konnte er sich ja nun den schönen Dingen des Lebens widmen. 
Immerhin hatte er zwölf Söhne gezeugt und damit stand es ihm zu, dass er nun in den restlichen Jahrhunderten seines Lebens, auch noch zwölf Töchter zu zeugen. Und der ehemalige König der Elfen war nun mal eine unschlagbare Partie für die meisten weiblichen Elfen. Sicherlich hätten sich auch noch genug gefunden, die es mitgemacht hätten, wenn er einen Harem aufbauen würde. Vielleicht tat er dies in Zukunft auch noch. Immerhin war mir zumindest keine weibliche Elfe bekannt, die mehr als fünf Kinder bekommen wollte, da war auch seine jetzige Braut keine Ausnahme. 

Der Korso, der meine Vorherbestimmte her brachte, fuhr durch das Tor in den Palastmauern auf den großen Hof. 
,,Da kommt sie also", merkte Bialaer an. Corym nickte, während ich nur schwieg. 
Durch das Fenster beobachtete ich, wie die Soldaten ausstiegen und einer von ihnen der jungen Frau die Tür öffnete. 
Sie stieg aus und ich sah sie, wenn auch auf Distanz zum ersten Mal in echt.
Das Bild in dem Medaillon war offensichtlich ein paar Jahre alt. Ich hatte mir doch etwas sorgen gemacht, dass sie womöglich noch zu jung wäre. Aber sie schien auf alle Fälle mindestens 20 Jahre alt zu sein. Das beruhigte mich doch schon ein ganzes Stück weit. 
Meinen Anweisungen folgend, brachten die Soldaten sie über eine Seitentür hinnein und würden sie dort an meine Palastangestellten übergeben, die sich von jetzt an um alles weitere kümmern würden. 
,,Willst du es wirklich heute schon durchziehen, Aren?", fragte mich Corym 
,,Es macht doch an sich keinen wirkliche Unterschied", sagte ich, ,,Egal ob ich es heute, morgen oder nächste Woche durchziehe. Sie wird so oder so Angst vor mir haben. Also kann ich es auch gleich machen und eben im Idealfall gleich Tatsachen schaffen."
Bialaer nickte zustimmend, während Corym jedoch noch immer nicht ganz überzeugt wirkte.
,,Ich kümmer mich dann mal darum, dass alles seine Wege nimmt", sagte Bialaer, neigte kurz den Kopf und ließ uns allein.
,,Aren, ich halte es wirklich für keine Gute Idee, sie gleich so zu überfallen. Willst du wirklich das sie so endet wie unsere Mutter? Sie hatte ihr ganzes Leben lang panische Angst vor Vater. Das ist doch so kein lebenswertes Leben. Wenn es Mutter besser gegangen wäre, hätte sie auch sicherlich wesentlich länger gelebt..."
,,Das ist nur ein Mensch, Corym!"
,,Ja, das weiß ich und ohne Menschen ist unsere Art Tod. Wir brauchen sie zum überleben und sollten sie daher nicht wie den letzten Abschaum behandeln."
Ich schwieg. So sehr ich meinem Bruder im allgemeinen in dieser Aussage zustimmte, gab es eben eine Sache, die er nicht einsehen wollte. 
Das war nicht irgendein Menschenmädchen, welches ich mir da in mein Haus geholt hab. Sie war die verdammte Schwester meines schlimmsten Feindes. Nicht nur meines schlimmsten Feindes, sondern der aller begabten Wesen. 
Schritte näherten sich und mein Offizier, der sich um den Transport meiner Gefährtin gekümmert hat, kam auf uns zu. 
Bei uns angekommen verneigte er sich vor uns. 
,,Eure Hoheit, es lief alles wie geplant. Die junge Frau wird nun hergerichtet."
,,Hat sie irgendwelche Probleme gemacht?", wollte ich wissen, damit ich schon einmal im groben eine Ahnung hatte, worauf ich mich einstellen konnte.
,,Nein eure Hoheit. Keinerlei Probleme. Sie ist allen Anweisungen nachgekommen, die wir an sie gestellt hatten." 
Innerlich atmete ich erleichtert auf, ließ mir aber nach außen nichts anmerken. 
Zumindest etwas. Doch wahrscheinlich wird sie nicht weiter so kooperativ sein, bei meiner weiteren Planung. 
Ich überlegte einen Moment lang. 
Wäre es vielleicht besser wenn ich ihr etwas Nachtblumensaft geben lassen? Auch wenn sie sicherlich irgendwann feststellen wird was ich da getan hab, wäre sie nicht augenblicklich darauf auf Gegenwehr eingestellt. Es würden es sicherlich meinen Angestellten um einiges einfacher machen, mit ihr umzugehen.  

Des Elfenkönigs BrautWo Geschichten leben. Entdecke jetzt