31. Flora

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Irgendwas in mir hatte nur noch geschrien 'Lauf' und auch wenn ich ein Mensch war, der eigentlich nicht auf so spontane eingebungen hörte, konnte ich es dieses Mal einfach nicht ignorieren. Mein Körper hatte einfach auf Flucht umgeschaltet und keine Tür hatte mich aufgehalten. Und so hatten mich meine Beine zurück zu den Zimmer getragen, in denen ich die letzten Tage verbracht hatte. 
Warum ich genau hier hin lief konnte ich nicht mal genau sagen. Es war ja bei weitem nicht so, dass ich hier in diesen Räumen sicher wäre. Vermutlich würde wohl eher jeder erstmal hier nach mir sehen, wenn wirklich mal jemand was von mir wollen würde. 
Ganz davon abgesehen, dass es mir ja Luvon hervorragend präsentiert hat, dass es neben der Tür noch einen anderen Weg ins Zimmer gab. Und vermutlich gab es in so einen Schloss auch noch irgendwelche Geheim- und Dienstbotengänge. 

Im Zimmer selbst musste ich auch gar nicht lange warten, bis auch schon jemand weiteres dazu kam. Auch wenn es nicht unbedingt die Person war, die ich erwartet hatte.
,,Flora? Ist alles in Ordnung bei dir?", fragte mich Corym mit ruhiger Stimme. Er blieb dabei im Türrahmen stehen und beobachtete mich dabei, wie ich durch den Raum tigerte, da ich selbst nicht fassen konnte, dass ich einfach so weg gerannt bin. An sich hat der Typ ja nichts gemacht, was eine solche Reaktion rechtfertigen würde. Ja, er hat seine Stimme erhoben und das Wort Folterzelle kam vor, doch fand ich es rückblickend trotzdem übertrieben.
Wahrscheinlich dachten jetzt alle, dass ich irre war. 
Wobei, sollte mir das nicht eigentlich alles egal sein? Warum interessierte es mich bitte, was Elfen über mich dachten. Bis auf Luvon wollte ja so ziemlich niemand hier Zeit mit mir verbringen. Und selbst dieser arme junge tat dies nur, weil er augenscheinlich sonst niemanden hatte. 
,,Flora?"
Erschrocken drehte ich mich zu Corym um, als er mich kurz an der Schulter berührt hatte. Vermutlich sah ich ihn gerade wie ein Reh an, dass von einem Autoscheinwerfer erfasst wurde. Fühlen tat ich mich jedenfalls schon so, als ob in jedem Moment eine noch viel größere Katastrophe über mich hereinbrechen würde. 
,,Ich...", brachte ich gerade so noch über die Lippen, konnte Corym danach aber nur noch groß anschauen. 
,,Ist schon okay. Willst du dich vielleicht hinsetzen? Du bist etwas blass um die Nase und ich weiß nicht wie schnell wir hier einen Arzt finden würden, der sich zum einen mit Menschen halbwegs auskennt und zum anderen bereit wäre dich zu behandeln."
,,Was zur...", murmelte ich eher an mich als an ihn gerichte.
Ein wenig hilflos wirkend zuckte er mit den Schultern.
,,Wahrscheinlich hätte dein Bruder im entgegengesetzten Fall vermutlich auch Schwierigkeiten einen Arzt zu finden, der einen Elfen behandeln könnte und würde."
Vermutlich hatte Corym da recht...
Wobei es beim menschlichen Arzt vermutlich vornehmlich daran scheitern würde, dass dieser über gar kein gutes Wissen über die Gesundheit und körperlichen Besonderheiten von Elfen hätte. 
Und da gab es sicherlich Sachen, auf die man da achten musste. Immerhin gab es ja nicht ohne Grund Unterschiede zwischen den Arten.
Immer noch ein wenig unruhig fühlend setzte ich mich auf einen der Sessel, was Corym mir nach tat.
,,Wie ich sehe lief die Begegnung mit deinem Ehemann... nun ja, sagen wir bescheiden."
Ich schnaupte empört.
,,Du meinst diese angebliche Ehe, der ich niemals zugestimmt habe?" ,,Sowas läuft bei uns Elfen eben ein wenig anders ab", meinte Corym und versuchte wohl beschwichtigend zu sein.
,,Das sorgt aber eben nicht dafür, dass diese 'Ehe' bei den Menschen gelten würde. Ehen die im Unwissen einer Partei geschlossen worden sind quasi überall nicht rechtskräftig."
Corym seufzte. ,,Ich verstehe dich und deine Position ja auch. Das ändert aber nun mal nichts an der Tatsache, dass nach unseren Gesetzen eine Ehe zwischen einem Elfen und einen Menschen einzig und allein auf den Konsens des Elfen basiert. Dass das für den menschlichen Teil dieser Ehe nicht ganz fair ist, ist dabei für die meisten Elfen dann doch eher nebensächlich."
,,Nicht ganz fair? Das ich nicht lache. Warum zur Hölle gebt ihr euch sowieso mit Menschen ab? Ihr mögt uns doch mehr als offensichtlich nicht."
,,Es ist keine wirkliche einfache Problematik und trifft tatsächlich nicht nur die Elfen sondern auch ein paar andere Arten an begabten Wesen, wie Beispielsweise die Drachen, Feen oder Werwölfe. Um das ganze ein wenig Abzukürzen: Ohne Menschen würde wir und diese anderen begabten Wesen alle aufhören zu existieren."
,,Bitte was?", fragte ich ungläubig nach. Wieso sollten eine Art, außerhalb von Nahrung, von einer anderen so abhängig sein? Keine diese Arten aß doch Menschen, oder?
,,Nun, wir brauchen euch, so blöd es klingt zur Fortpflanzung. Elfen können Beispielsweise nur mit Menschen männliche Nachkommen zeugen. Bei Drachen gibt es nur Drachengen tragende Männer und Werwölfe haben so eine geringe Geburtenrate an Frauen, dass auch sie ohne Menschen erhebliche Schwierigkeiten hätten ihre Art zu erhalten."
Oh gott, das wurde ja alles nur noch schlimmer... Ich hatte also nicht nur eine Ehe mit einem Elfen, sondern musste ihm wahrscheinlich auch noch Kinder gebären? Ich wusste ja nicht mal ob ich überhaupt Kinder wollte und da ging es um rein menschliche Kinder. Ein Kind mit einem Elfen, war da nochmal etwas völlig anderes.       

Des Elfenkönigs BrautWo Geschichten leben. Entdecke jetzt