13. Flora

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Ich traute der ganzen Sache einfach nicht. Es konnte doch nicht einfach dauerhaft rein gar nichts passieren, oder?
Vielleicht war es aber auch eine Methode der Elfen um mich zu quälen. Soziale Isolation ...
In meine ganzen bisherigen Zeit hier war die große Flügeltür verschlossen und Nahrung kam nur über diesen Speiseaufzug. 
So langsam aber sich bekam ich auch ein Problem mit sauberer Kleidung, insbesondere mit Unterwäsche. 
Mehr notdürftig als alles andere wusch ich sie so heiß wie es der Wasserhahn zu ließ in dem Badezimmer. Das war natürlich alles andere als Ideal, aber viel mehr blieb mir eigentlich nicht übrig. 
Ich konnte nicht wirklich abschätzen ob das Absicht war oder da jemand schlicht und ergreifend nicht mitgedacht hatte. Es hatte aber zumindest zum Vorteil, dass ich hin und wieder mal wirklich etwas zu tun hatte, was nicht aus dem Fenster starren war. 
Daneben war meine einzige Freude nur noch die Stunde, in der der junge, soweit ich es von der Stimme her schätzen konnte, seinen Fremdsprachen unterricht erhielt. 
Da das Wetter doch durchgehend die letzten Tage sehr gut gewesen war, hatten sie, zu meinem Glück, immer das Fenster offen gehabt. So hatte ich natürlich, zumindest für eine Stunde am Tag, eine willkommene Ablenkung.  
Mittlerweile habe ich sogar schon ein paar Vokabel aufgeschnappt. 
Der Junge hatte wohl schon eine ganze Zeit lang unterricht in meiner Sprache gehabt. Das was ich von ihm gehört hatte klang sehr flüssig und hatte quasi keinen wirklichen Akzent. Das erklärte vermutlich auch die Vokabeln, die er lernte. Es waren eigentlich sehr ungewöhnliche Worte für das Alter. Politische Begriffe und ähnliche Wörter. 
Dies hieß leider aber auch für mich, dass ich viel zu oft nicht mitkam über was sie gerade Sprachen, wenn der Junge nicht explizit eine Vokabel nochmal nachfragte oder der Lehrer ihn mit einer Erklärung einen Fehler erklärte. 
Was würde ich dafür geben, wenn ich ein fotografisches Gedächtnis hätte und mir so mehr merken könnte. 
Ohne mitschreiben zu können oder die Grundlagen zu beherrschen, war es natürlich unglaublich schwer eine Sprache verstehen zu können. 
Es war quasi ein Kampf gegen Windmühlen. Ich würde wohl nie über ein paar Vokabeln hinweg kommen, aber das war immerhin etwas. 
Auch wenn ich mittlerweile wirklich der Überzeugung war, dass es tatsächlich eine für Menschen verbotene Sprache war. Dazu passten jedenfalls ein paar der Andeutungen, die in der Unterhaltung zwischen Lehrer und Schüler gefallen waren. 
Nun, vielleicht interpretierte ich jedoch auch zu viel in die Worte. Immerhin hatte ich ja auch einen ganzen Tag um sie zu zerdenken, da es die einzigen Stimmen waren, die ich über den Tag hinweg hörte. 
Auch jetzt ließ ich mir die Worte wieder durch den Kopf gehen.
Ich lag auf dem Bett, mit dem Gesicht zum Fenster. Der Unterricht war schon länger vorbei und ich hatte Zeit alles nochmal in meinem Kopf durchzukauen. 

,,Hallo?"
Erschrocken lag ich Stocksteif im Bett. Habe ich das gerade wirklich gehört? Oder war ich nach der Zeit allein doch schon durchgedreht? 
,,Hallo?", ertönte die Stimme erneut. War das etwa ... die Stimme des Jungen?
,,Hallo", antwortete ich leise. 
,,Ich bin Luvon und wie heißt du?", fragte die Kinderstimme weiter. Ich konnte nicht genau sagen woher die Stimme genau kam, sie klang aber relativ gedämpft. 
,,I-Ich bin Flora ... Wenn ich fragen darf, wo bist du denn?"
Ein kindliches Kichern ertönte: ,,Ich bin in einem Luftschacht."
Unsicher setzte ich mich auf. 
,,Brauchst du vielleicht Hilfe?", fragte ich, obwohl ich selbst nicht mal wüsste, wie ich ihm überhaupt helfen sollte.  
,,Ja! Das wäre toll. Etwas steht über den Schachtausgang. Wenn es so wie in meinem Zimmer ist, müsste es unter dem Nachttisch sein. Wenn du den weg stellst, kann ich raus kommen."
Okay? War das vielleicht eine Falle?
Aber es klang wirklich nur nach einem Kind. Was konnte also schon schief gehen? 
Ich stand auf uns schaute unter den Nachttisch, der auf der selben Seite war. 
Tatsächlich sah ich etwas, was mich an die Klappe eines Lüftungsschachts erinnerte unter dem Schränkchen. Ich verstand nur nicht warum es am Boden war und wie der junge da bitte rein passte.
Rasch schob ich das Möbelstück beiseite und sah erwartungsvoll zu dem Schacht.
Zwei kleine Hände drückten sich von unten gegen das Gitter, drückten es aus ihrer Position heraus und schob das Gitter beiseite. 
Keine zwei Sekunden später stecke der Junge seinen Kopf durch das Loch im Boden und stemmte sich aus dem Schacht raus.
Ich selbst war zu irritiert um groß irgendetwas machen zu können. 
Der Junge, garantiert keine zehn Jahre alt, stand auf und klopfte sich staub von den Sachen. 
Er gehörte mehr als offensichtlich ebenfalls den Elfen an. Helles, fast weißes Haar und seine spitzen Ohren verrieten ihn. 
Breit grinste mich der Junge an, als er sich genügend von Staub befreit hatte. 
,,Du bist ja richtig schön für einen Menschen!", rief der Junge begeistert. 
Ich stockte einen Moment. War das jetzt ein Kompliment oder eine versteckte Beleidigung? Eigentlich sprach die Wortwahl eher für letzteres, aber der Junge strahlte mich so ehrlich begeistert an. 
,,Ähm ... Danke?" 

Des Elfenkönigs BrautWo Geschichten leben. Entdecke jetzt