27. Aren

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,,Sie wirkt deprimiert und ich kann es ihr nicht wirklich übel nehmen. Sie ist da völlig allein..."
Ich atmete einmal kurz genervt durch, bevor ich meinem Bruder antwortete: ,,Und was soll ich da machen? Neues Personal für sie suchen, die vielleicht das selbe machen wie die davor? Oder soll ich mich da etwa selber hinsetzen? Vermutlich will sie nur so weit es möglich ist, von mir weg sein. Immerhin haben Menschen eben eine andere Moralvorstellung und das weißt du auch."
,,Aber willst du sie wirklich nur da sitzen haben?"
,,Sie kann sich relativ frei im Gebäude bewegen, dass sie dies nicht tut, ist soweit ich es sehe, nicht mein Problem."
,,Aren... Sie hat nichts falsch gemacht."
,,Sie ist die Schwester des Mannes der unter begabten Zivilsten Massaker angerichtet hat! Du kennst die Berichte genauso gut wie ich... Das ich mich nicht sofort selbst gerichtet habe, nachdem ich erfahren hab wer sie war und mein Amt so an Drannor übergeben habe, ist schon ein verdammtes Politikum."
Corym sah mich einen kurzen Moment nachdenklich an. Bialear, der ebenfalls mit im Raum war, schwieg bei dem ganzen nur. Ich wusste aber, dass er im Fall der Fälle auf meiner Seite stehen würde, was diese Argumentation anging. 
Es ging eben nicht um mein privates Glück, es ging um das Wohle des Volkes der Elfen. Dass das jetzt so gekommen war, war einfach schon verdammt selbstsüchtig von mir.
,,Drannor wäre kein guter König", sagte Corym. Ich verstand seinen Intention nicht ganz. Wollte er mir bestätigen, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe oder wollte er nur, dass ich mich besser fühlte. 
Beides wäre wohl möglich, wobei ich ihm recht geben musste. Drannor wäre wirklich kein guter König, dafür jedoch ein hervorragender Soldat, der sich verdient seinen Rang in unserem Militär erarbeitet hatte. Er war aber eben kein Politiker. Diplomatie war für ihn stehts ein Buch mit sieben Siegeln gewesen. 
Ich seufzte.
,,Es spielt keine Rolle. Eigentlich müssten wir alle drei aus der Rangfolge raus und Tod sein."
,,Sind wir aber nicht", mischte sich Bialaer doch ein, ,,Weil du es so entschieden hast und du unser König bist. Es gibt also schlicht und ergreifend nichts zu diskutieren."
Genervt fuhr ich mir durch die Haare. 
,,Und was wären eure Vorschläge was ich mit der Menschenfrau mache?"
,,Wie wäre es wenn du dich mal deiner 'Gefährtin' vorstellst?", sagte Corym und sah mich vielsagend an, ,,Immerhin hat sie dich nur einmal in dieser Situation mit Luvon gesehen."
War das sein Ernst? Sie hielt mich sicherlich für ein Monster, irgendwie war ich es ja auch. Zumindest für jemanden der mit einer rein menschlichen Perspektive auf die Sache sah. 

Ich konnte nicht glauben, dass ich gerade wirklich hier war. Warum tat ich das überhaupt? Wie bitte hatte Corym mich dazu bekommen? Irgendwie, konnte ich es rückblickend nicht mehr ganz nachvollziehen. Doch nun war ich hier und hörte ihre leisen Schritte auf dem Teppich im Flur. 
Ich stand nur noch eine Ecke entfernt und sah aus einem der Fenster hinaus in den Garten. 
Meine Ohren konnten so ziemlich alles hören. Jeden Schritt und jeden Herzschlag von ihr. Obwohl sie sich schon seit ein paar Tagen auf diesen Fluren bewegte, wirkte es alles sehr zögerlich.
Sie war unsicher, hatte vermutlich sogar Angst. Die Frage war nur wovor? Vor mir? Davor irgendjemanden zu treffen? Davor nie jemanden zu treffen? Oder Angst vor allem hier?
Wie sie bei ihrem ankommen hier gewirkt hatte, schien sie mir nicht so große Angst gehabt zu haben. Vielleicht hat sie da aber auch nur unter Schock gestanden. Immerhin wusste ich nicht, wie ihr Bruder ihr dies wohl beigebracht hatte. Ich konnte mir zumindest gut vorstellen, dass sie sich von ihrer eigenen Art ziemlich verraten vorkam, da dieser Friedensdeal in dieser Form angenommen wurde. Immerhin hatte sie ja auch niemand gefragt. Wie auch, immerhin war der Friedensvertrag in einem geschlossenen Saal diskutiert worden, den niemand bis zur Unterschrift verlassen hatte. Und die menschlichen Generäle waren sich durchaus bewusst, was eine Nichterfüllung der Vorgaben ihrerseits zur Folge hätte. Alle Kriegsparteien waren Müde gewesen. Es ist schon zu viel Blut vergossen worden, als dass eine Seite sich als der große Gewinner inszenieren könnte. Es war ein Abkommen um dem sterben auf beiden Seiten ein Ende zu setzen. 
Vermutlich hätte es selbst ohne die Sache mit ihr, kaum länger gedauert. Es wäre wohl nur noch dazu gekommen, dass der ein oder andere Punkt unsererseits härter diskutiert worden wäre. So sind die Menschen doch recht glimpflich aus der ganzen Nummer gekommen. 
Aber so war es nun mal jetzt und immerhin schien der Frieden bisher zu halten, auch wenn die Traumata sicherlich noch lange brauchen würde um auf beiden Seiten verarbeitet zu werden. 
Ich lauschte, wie ihre Schritte immer näher kam. Nur noch wenige Meter und sie hätte die Ecke zu dem Flur erreicht in dem ich stand. Wie würde sie wohl reagieren? Und die viel wichtiger Frage: Wie würde ich eigentlich reagieren?

Des Elfenkönigs BrautWo Geschichten leben. Entdecke jetzt