30. Aren

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Ich hatte es mal wieder geschafft eine Frau in die Flucht zu schlagen.
Mit finsterem Blick wanderte ich alleine weiter durch den Garten, während sie wohl gerade die Treppe wieder nach oben zu ihrem Zimmer stürmte. 
Ob sie den Weg zurück wohl findet? Eigentlich war es irrelevant. Spätestens Corym würde ihr helfen, sobald er es mitbekam und das konnte sich eigentlich nur um maximal Minuten handeln, wenn er es nicht sogar schon wusste.
Immerhin hatte ich für das Gespräch mit meiner Frau sehr bewusst einen recht öffentlichen Ort gewählt. Jedenfalls sowie man hier in diesem abgeschotteten Palast von 'öffentlich' sprechen konnte. Aber die Wände hier hatten nun mal Ohren. Wahrscheinlich wüsste spätestens Übermorgen die gesamte Elfen Bevölkerung darüber bescheid, dass ich diese Menschenfrau in die Flucht geschlagen hatten, aber ohne ihr gegenüber körperliche Gewalt anzuwenden. 
Dies war wichtig. Es ziemte sich eben nicht für einen König seine eigene Frau öffentlich zu verprügeln. 
Das ich unser erstes Gespräch nicht hinter verschlossenen Türen führte, zeigte ein Signal nach draußen: Obwohl sie die Schwester meines Feindes war, würde ich ihr nichts antun.
Im Idealfall würde dies auch die Menschen erreichen, doch war ich da eher skeptisch. 
Mich wunderte es dabei eigentlich sowieso, dass sich noch niemand danach erkundigt hat, wie es Flora geht...
Vielleicht sind sie davon ausgegangen, dass ich sie gleich umbringen würde.
So absurd war der Gedanke ja auch nicht Rache zu wollen, nach all den Verbrechen der Menschen an der Zivilbevölkerung. Zumindest die Führungsriege sollte sich diesen bewusst sein. Ich wusste ja ebenfalls von den Ausschreitungen meiner Armee. 

,,Die Unterhaltung ist augenscheinlich nicht so gut gelaufen", kommentierte Bialaer und trat zu mir, um mit mir gemeinsam etwas weiter durch den Garten zu laufen.
,,Flora?", fragte ich nur kurz.
,,Corym kümmert sich darum." Ich nickte. Es lief also so wie ich es erwartet hatte.
,,Ich finde die Unterhaltung ist zumindest nicht eskaliert."
,,Aren, als mein König kann ich dir nur zustimmen, doch erlaube mir einen Kommentar als dein Bruder..."
Ein wenig überrascht sah ich ihn an. Was würde er sagen, in dem Wissen, wie viele Personen uns potentiell belauschten?
,,Dein Plan wird nicht funktionieren." Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich meinen nächst jüngeren Bruder an. 
,,Die Hausangestellten kümmert es kein bisschen was du mit ihr machst. Du wärst vielen hier sogar wahrscheinlich besser aufgefallen, wenn du ihr eine gelangt hättest."
,,Wir reden hier immer noch von meiner ausgewählten Gefährtin und der Mutter meines Nachfolgers..."
,,Nicht gerade wenige Stimmen, auch im Volk, würden sich eher wünschen, du würdest ein Vorgehen wie Vater wählen..."
Genervt verdrehte ich die Augen. Und dann? Die Leute schienen nie wirklich weiter darüber nachzudenken, was dies bedeuten würde. Bialaer musste ich es nicht erklären, doch frustrierte es mich doch ein wenig. Wenn die Menschen mitbekommen würden, und wenn auch nur über Umwege, dass ich eine der ihren schlechter als nötig behandle, dann könnte gut und gerne ein neuer Krieg ausbrechen. Das Flora darüberhinaus die Schwester des groß gefeierten Generals der Menschen war, machte es dabei eher schlimmer als besser. Die Menschen, in ihrer Moralvorstellung, würden mir sicherlich schon jetzt alle möglichen Dinge an den Kopf werfen. Ich konnte Flora, schlicht und ergreifend um des Friedens Willens, nicht schlechter behandeln. Ein Vorgehen wie bei Vater war da schon völlig undenkbar. Halbnackt und mit einer Kette ans Bett gebunden... 
Die Berichte über unsere Mutter hatten da wirklich kein Detail ausgelassen. Nach dem vierten oder fünften Kind hat sich dann laut der Arztberichte ihr Geisteszustand rasch verschlechtert. Das Luvon überhaupt existierte zeugte eher vom Willen Vaters allen zu zeigen, dass er noch mehr Söhne zeugen konnte, als von der Gesundheit unserer Mutter. 
Ich selbst hatte sie nie gesehen und mich ehrlich auch bewusst von ihr ferngehalten. So hatten es auch die meisten meiner Brüder gehalten. Bis eben auf Corym natürlich, der es sich nicht hat nehmen lassen zu sehen was aus den Berichten der Wahrheit entsprach und was nicht. 
Wenn ich so darüber nachdachte, hatte er sich aber sehr über seine Berichte über diese Frau zurück gehalten. Vermutlich hieß dies wohl, dass die Berichte gut gepasst haben. Ansonsten wäre er sicherlich Vater so lange auf die Nerven gegangen, damit dieser besser mit ihr umgeht. Vater hätte sich dies aber nicht gefallen lassen und hätte sich früher oder später diesem nervig werdenden Sohn entledig. Im Idealfall so, dass dieser nur verschwindet und sein Ableben nicht bekannt werden würde. Sonst dürfte er eben auch nur eine Tochter weniger zeugen... Und Vater war verdammt stolz darauf 12 Töchter zeugen zu dürfen. Dieses Privileg hatte vor ihm wohl bisher nur ein Elf gehabt. Vermutlich wäre ein weiterer Sohn Vaters größter Stolz gewesen. Ein neuer Rekord ziemt sich halt für einen König. Ob man sich dann um diese kümmert, war dann eben doch eine andere Frage. Für mich interessierte sich Vater erst so wirklich, als ich alt genug war um mit dem Militärtraining anzufangen.   
So hatte es wohl auch schon sein eigener Vater gehalten und alle vor ihm. Nur war irgendwie die Frage, zumindest für mich, ob ich das auch so könnte...


Des Elfenkönigs BrautWo Geschichten leben. Entdecke jetzt