37. Flora

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Ich saß wie eingefroren hier in diesem fremden Zimmer. Am liebsten wäre ich auf und davon gerannt, aber es gab für mich kein entkommen. Ich war eben hier gefangen.
,,F-Flora...", eine zögerliche Stimme kam von der Tür. Ich zuckte überrascht zusammen, doch es war nur Luvon. ,,Ja", sagte ich leise.
Die Tür ging weiter auf und ein blasser Luvon betrat das Zimmer. Mit großen Augen sah er mich an.
Er schniefte und schloss die Tür hinter sich. 
,,I-Ich... Es tut mir leid..."
,,W-Was tut dir leid?", wollte ich irritiert von ihm wissen. Ich wüsste jetzt ehrlich nicht wofür er sich jetzt gerade bei mir entschuldigen sollte, vor allem jetzt auf einmal. Er hatte doch nichts getan und selbst wenn, er war ein Kind. Diese konnte man einfach nicht völlig für ihr Handeln verantwortlich machen, war jedenfalls meine Meinung. Kinder waren eben keine reflektierten Erwachsenen und treffen daher Entscheidungen, die Erwachsene so nicht treffen würden. 
,,Ich- Ich bin weggelaufen." ,,Luvon... ich komme nicht ganz mit. Vor wem bist du weggelaufen?"
,,V-Vor meinem Vater"
Ich schluckte. Ich verstand mehr als gut, dass man gerade als Kind vor so einer Person weg lief, auch wenn es der eigene Vater war, vor dem man floh. Die Beziehung, die dieser Mann offensichtlich zu seinen Söhnen hatte, war keineswegs liebevoll. Der Mann war so ziemlich das Gegenteil von dem, was die meisten Menschen als guten Vater ansehen würden. 
,,Luvon, dass ist doch nicht schlimm...", versuchte ich ihn zu beruhigen.
,,A-Aber ich h-hätte ihn aufhalten müssen! Aber ich bin nur weg gerannt und hab mich bei Aren verstecken wollen. Der ist aber gleich böse geworden und weg gelaufen..."
,,Luvon, ich kenne deinen Bruder sicherlich nicht so gut wie du, aber ich bin mir sehr sehr sicher, dass er nicht auf dich böse war. Du hast sogar ganz im Gegenteil das richtige gemacht und Hilfe geholt." ,,B-Bist du dir sicher?" ,,Selbstverständlich bin ich mir sicher. Du hast dich in Sicherheit gebracht und Erwachsene informiert. Das war zu Hundert Prozent die richtige Vorgehensweise."
,,A-Aber wenn ich ihn schon gestoppt hätte...", fing Luvon wieder an. ,,Dann hätte er dich womöglich auch noch verletzt."
,,A-Aber Corym... W-Was ist, wenn ich ihn nur ein ganz klein bisschen aufgehalten hätte"
,,Luvon, das alles hier ist nicht deine Schuld. Ich kann mir gut vorstellen, dass du gerade überlegst was hätte sein können, aber es ist eben so passiert, wie es passiert ist. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass wenn Corym jetzt hier wäre, er dir genau das gleiche erzählen würde und das er nicht gewollt hätte, dass du verletzt wirst."
,,A-Aber er ist nicht hier..."
,,Weil sich gerade die Ärzte um ihn kümmern, damit es ihm ganz schnell wieder gut geht." Jedenfalls hoffte ich sehr das es Corym wieder gut geht. Immerhin war er der einzige der sich hier, abgesehen von Luvon, mit mir unterhielt. Und Corym war bei allen unterschieden, die wir in unseren Meinungen und Ansichten von dem was normal war hatten, immerhin eine meiner wichtigsten Quelle zu allem was hier passierte. Ohne ihn wüsste ich immerhin quasi gar nichts. Luvon wollte ich eigentlich nicht für Informationen nutzen. Zum einen wusste er sicherlich viele Sachen nicht und viel entscheidender wollte ich kein Kind für meinen Vorteil ausnutzen. Das fühlte sich einfach falsch an.
Aus Luvons Augen kullerten Tränen.
,,Komm her", sagte ich und öffnete meine Arme. Er warf sich förmlich in meine Arme und fing dort erst wirklich das Weinen an. Vorsichtig drückte ich ihn an mich. Es war sicherlich alles nicht einfach für ihn. Er lebte eben in keinen einfach Umständen. In einer königlichen Familie, mit einem schlechten Vater und keiner wirklichen Bezugsperson im Leben. Wenn man es auf eine psychische Komponente reduzierte, ging es ihm wahrscheinlich wesentlich schlechter als mir. Aber zumindest jetzt konnte ich ihm etwas Trost und Nähe bieten, auch wenn ich nichts wusste, ob das so eine gute Idee war. Immerhin war ich ein Mensch und Luvon ein Elf. Zwei völlig verschiedene und dann auch noch verfeindete Arten. Darüberhinaus wollte ich doch auch gar nicht hier bleiben und die 'Ehefrau' seines Bruders spielen. Ich wollte wieder nach Hause zu meinen Eltern und mit denen den Frieden genießen. Aber das würde nicht möglich sein, da ich eine Bedingung für den Frieden war. Aber nun war ich hier und ich konnte es nicht übers Herz bringen diesen armen, kleinen Jungen allein zu lassen. Er brauchte jemanden und auch wenn ich wirklich nicht die richtige Person war, war ich eben die einzige die da war. Seine Brüder schienen keine wirkliche Alternative, auch wenn Corym bisher eigentlich auf mich Sympathisch gewirkt hat. Aber anscheinend konnte er auch nie eine wirkliche Verbindung zu Luvon aufbauen. Ansonsten würde er sich sicherlich nicht einfach so an mich klammern. Immerhin kannte er mich nur wenige Tage, ich war doch quasi eine Fremde.

Des Elfenkönigs BrautWo Geschichten leben. Entdecke jetzt