26. Flora

267 40 0
                                    

Einsame Tage verstrichen. Einzig und allein der Unterricht von Luvon war mein Lichtblick am Tag. Sonst hörte und sah ich nichts von anderen Lebewesen. Es war irgendwie schlimmer als eingeschlossen zu sein. Jedenfalls empfand ich es so. Man musste sich ja zumindest mit mir beschäftigt haben, wie man mein eingeschlossen sein, plante. Aber so zeigte sich, dass ich eben doch irrelevant war. 
Ja, ich bekam Nahrung und Kleidung, aber sonst nichts. Sicherlich war es mehr als andere Gefangene bekamen, aber das machte es für mich nicht einfacher. 
Und das ich eine Gefangene war, wenn auch mit offenen Türen, war für mich offensichtlich. Von wegen Frau des Königs der Elfen. 
Wenn ich das wäre, gebe es doch sicherlich viel mehr Personen, die sich mit mir beschäftigen würden. Je länger ich Zeit hatte darüber nachzudenken, desto eher glaubte ich, dass das was dieser Corym erzählte hatte, Blödsinn war.   

Doch schien ich wohl mit meinem letzten Gedanken den Teufel gerufen zu haben. Es klopfte und ausgerechnet dieser Corym betrat den Raum.
,,Guten Tag", grüßte er mich und gesellte sich zu mir auf das Sofa, auf welchem ich zuvor gesessen hatte. 
Ich nickte nur kurz grüßend und beobachtete den Mann skeptisch. 
Ich wusste wirklich nicht, was ich von den Elfen halten sollte. Ja, Luvon war niedlich, aber das waren irgendwie doch alle Kinder. Erwachsenen waren da etwas anderes. Hinterlistiger und auf ihren eigenen Vorteil bedacht. 
,,Wie gefällt es dir so weit hier?", fragte der Mann.
Ich zuckte nur mit den Schultern und schwieg. Was sollte ich da auch groß zu sagen. Es war jetzt weder so, als ob ich die Zeit meines Lebens hätte oder furchtbar gefoltert worden wäre. 
,,Heute nicht so gesprächig?", fragte er mit einem belustigt klingenden Unterton. 
,,Es ist jetzt nicht so, als ob ich sich irgendwer mit mir unterhalten wollte."
Er seufzte.
,,Nach dem Krieg fällt es leider vielen nicht leicht ihr vorheriges Denken und insbesondere ihre Feindbilder aufzugeben."
,,Und bei dir ist das anders?", fragte ich nach. ,,Wie kommst du darauf?", fragte er mich verwundert wirkend.
,,Du redest mit mir", gab ich schlicht als Antwort.
Er schien einen Moment darüber nachzudenken.
,,Ja, stimmt, ich muss daher in deinen Augen anders wirken. Doch sei dir versichert, auch ich habe meine Vorurteile gegenüber Menschen, sowie du sie sicherlich über uns Elfen und all die anderen begabten Wesen hast. Ich bin nur nicht so verblendet wie weite Teile der einfachen Bevölkerung. Viele Personen in hohen Rängen sind sich bewusst, dass Beide Seiten sicherlich nicht nur Gutes getan haben. Ich selbst war im Krieg für die Propaganda zuständig. Und wenn ich mich an dieser Stelle selbst loben darf, gar nicht so schlecht darin", sagte er und grinste ein wenig überheblich. Dies machte ihn fast schon unsympathisch, wenn ich ihm nicht in den Augen ansehen würde, dass er in Wirklichkeit gar nicht so stolz darauf war.
,,Ich habe die begabte Bevölkerung mehr als erfolgreich von unserem gewünschten Narrativ überzeugt. Habe die Menschen als ganz besonders grausam dargestellt und die begabten Wesen als unsere Helden. Ihr Menschen werdet sicherlich alles genau anders herum erlebt haben. Und alle diese Propaganda zieht eben leider auch seinen Rattenschwanz in die Gegenwart und den noch jungen Frieden."
,,Ich kann es irgendwie nicht glauben, dass der wirklich hält", murmelte ich eher zu mir selbst.
,,Wir haben damit ehrlich auch nicht gerechnet. Der Frieden kam ja durchaus überstürzt."
Zögerlich sah ich Corym an. Ob ich da wohl nachfragen durfte? Mich interessiert es schon, wie so plötzlich, nach so langer Zeit, erfolgreiche Verhandlungen geführt werden konnten.
,,Ich sehe dir deine Frage förmlich im Gesicht an" , sagte er und lächelte wissend, ,,Aber ich weiß auch, dass du es mir wahrscheinlich nicht glauben wirst. Jedoch ist es so, dass der Krieg einzig und allein endete, weil mein ältester Bruder, der König der Elfen, Aren Elarona in dir seine Gefährtin gefunden hat."
Verständnislos sah ich ihn an.
Warum zur Hölle sollte dieser ewig lange Krieg wegen mir enden? Ausgerechnet ich... Nein, dass er schien mir dann doch unmöglich.
,,Für uns Elfen und einige andere begabten Wesen, ist der oder die Gefährtin wirklich eine große Sache. Wenn Aren dich verliert würde er auch sofort sein Amt verlieren. Die Königswürde ist bei uns Elfen daran geknüpft männliche Nachkommen, mit der vom Schicksal erwählten menschlichen Braut zu bekommen. Kann man dies nicht, ist das Leben des Elfen nichts wert und kann vernichtet werden."
,,Das ist doch barbarisch", kommentierte ich die Angelegenheit.
,,Es ist unsere Realität. Sowohl mein nächst ältere Bruder, sowie auch ich sollten eigentlich auch schon Tod sein. Immerhin verloren wir beide schon unsere menschlichen Gefährtinnen, bevor er uns möglich war, männlichen Nachwuchs zu bekommen. Das wir noch leben, liegt einzig an Aren, der für uns noch Verwendung hat. Wenn er sich anders entscheidet, könnte unser Leben jedoch immernoch jederzeit enden. ,,Barbarisch", wiederholte ich das Wort welches ich zuvor schon gesagt hatte. Und es traf in meinen Augen sehr gut. Jemanden zu töten, nur weil man keine männlichen Nachkommen bekommen konnte? Das war doch Wahnsinn. Ganz davon abgesehen, dass man ja augenscheinlich auch in den Menschen nur ein Ding zum Zweck sah, Nachwuchs zu bekommen. Die Elfen und ihre Zivilisation hatten also auch ihre deutlich finsteren Seiten...

Des Elfenkönigs BrautWo Geschichten leben. Entdecke jetzt