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---Donnerstag, 28.05.2020

Hektisch fuhr ich umher, versuchte irgendwie Ordnung in das Chaos zu bringen. Die Wäsche, die sich die letzten Wochen gesammelt hatte, stapelte ich in einen Wäschekorb und trug ihn nach oben in den Flur. Aus den Augen, aus dem Sinn.
,,Sag mal, welcher Putzteufel hat dich befallen ?" Jule stand mit Helen auf dem Arm im Wohnzimmer und beäugte mich skeptisch.
,,Ich.. ähm.. ich erwarte Besuch." Drugste ich etwas und griff die alten Zeitungen von der Komode. Jule war schon beim ersten mal überhaupt nicht begeistert von Michael.

Du verrennst dich da in etwas Lena. Er ist nicht Paul. Er wird dir deine Fragen nicht beantworten können und er wird ihn nicht ersetzen, egal wie ähnlich er ihm ist.

Dabei wollte ich doch gar nicht, dass er Paul ersetzte. Niemand würde das tun können. Ich wollte nur etwas mehr von ihm erfahren. Wissen, wer er war.

,,Oh!" Staß sie freudig aus.
,,Das klingt fantastisch. Ich freu mich, dass du wieder unter Leute kommst! Wer kommt denn ? Laura ? Jessica ?"
Ich war drauf und dran einfach zu nicken und damit eine Lüge ins Leben zu rufen. Doch innerlich schüttelte es mich heftig.
,,Michael." Antwortete ich also schnell und schmerzlos und ergriff die Flucht, indem ich die alten Zeitungen zur Tonne brachte.

,,Was ? Warte.. warte! Was machst du !? Lauf nicht vor mir weg!"
Lief sie mir sofort im Stechschritt hinterher.
,,Was denkst du dir dabei ?" Klang sie Vorwurfsvoll.
,,Was bringt dir das ?"
Sie schlug ihre Hand auf den Deckel der Tonne und hinderte mich so daran ihn zu öffnen.
,,Antworte mir."
,,Man! Wie wärs wenn du dich da einfach raus hälst !?" Blaffte ich und erntete einen vernichtenden Blick. Sie nickte kühl und schob mir Helen auf den Arm.
,,Alles klar. Ich halte mich raus! Komm nicht bei mir an, wenn du aufgewacht bist." Dann ging sie.
Sprachlos stand ich mit Helen auf dem Arm und mit all den Zeitungen in der anderen Hand vor der Tonne. Irgendwie versuchte ich den Deckel zu öffnen, doch mir fehlte ein Arm. Ich lehnte den Kopf in den Nacken, stöhnte gezerrt auf und feuerte die Zeitungen schließlich unachtsam auf den Boden.

Niedergeschlagen saß ich auf einem der weißen Holzstühle in der Küche und starrte die goldene Uhr an. Das leise ticken des Sekundenzeigers wirkte fast hypnotisch. Das mechanische knacken ließ den Minutenzeiger vorspringen. 18:31 Uhr

,,Paul, du bringst uns um."
Lachte ich laut auf und kletterte auf seine Schultern. Mein Bauch drückte sich an seinen Hinterkopf.
,,Meinst du etwa ich bin mit zwei Mädels überfordert ?" Stützte er sich hoch und ich hatte kurz Angst, eine unschöne Begegnung mit der Zimmerdecke zu machen.
Er wankte kurz, was mich dazu verleitete ihm ungehalten in die Haare zu greifen und mich vor dem Fall zu schützen. Er jabste und lachte dann kehlig.
,,Hey! Lass mir die wenigen Haare doch bitte noch." Dann griff er zum Pinsel, um ihn mir zu reichen. Vorsichtig balancierte er uns zur Wand und klammerte sich an meinen Knien.
,,Warum willst du nicht die Leiter nehmen ? Ich Mal alles an, nur nicht das was ich soll." Kicherte ich und versuchte konzentriert die letzten Zentimeter der Wand zu streichen.
,,So ist es doch viel lustiger." Dann küsste er meine Beine, die links und rechts auf seinen Schultern lehnten.
,,Hör auf, das kitzelt." Zappelte ich kurz und brachte ihn damit aus dem Gleichgewicht. Ich kreischte, schnappte nach seinem Kopf und schmierte ihm die Farbe ins Haar.
Sein Gesichtsausdruck sprach Bände.
,,Du sollst die Wand streichen."
,,Ach, son bisschen Farbe tut dir auch gut." Grinste ich. Zärtlich biss er mir in den Oberschenkel, was mich quietschen ließ.
,,Vielleicht sollte ich morgen doch besser den Tritt nehmen und es selbst machen, bevor unsere Küche aussieht als wäre ein Farbeimer explodiert."
,,Achso, jetzt hat der Herr also doch Angst."
,,Ich hab keine Angst. Aber ich weiß, wer hinterher meckert, wenns schief geht." Lachte er leise und lief zurück zum Tisch. Dort griff er die goldene Uhr.
,,Kannst du wenigstens die schon aufhängen ?"
,,Wenn du nicht so rum zappelst, ist das sicher kein Problem."
,,Ich zappel doch gar nicht." Schüttelte er amüsiert den Kopf und stiefelte zur Tür.
Geschickt haute ich den Nagel mit dem Hammer in die Wand, den er mir gereicht hatte und betrachtete stolz das Ergebnis.
,,Hier, die zwölf gehört nach oben." Reichte er mir dann die Uhr. Empört schnappte ich nach Luft und kniff ihm ins Ohr. Er lachte, kniff mir mit beiden Händen in die Beine.
,,Los jetzt! Ich will heute nicht nur Nägel in die Wand nageln." Lachte er rau und striff mir verführisch über die nackte Haut.
,,Paul!" Staß ich empört belustigt auf.

Zwei Leben (Aktuell PAUSIERT)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt