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--Mittwoch, 17.06.2020
Passend zu meinem Gemütszustand tobte seit zwei Tagen ein Sommersturm unverändert vor meinem Fenster. Man hatte es schon kommen sehen. Unheil geschwängerte, düstere Wolkenfronten hatten sich wie eine Flutwelle am Horizont aufgetürmt.
Jetzt donnerte der Regen wieder wie kleine Steine gegen die Fenster und ich hatte das Licht einschalten müssen.
Zu allem Überfluss hatte sich Jessica nach Monaten Funkstille wieder gemeldet.
Was hätte ich ihr schon erzählen sollen ?Hey, ja mir geht's super. Im März ist mein Mann gestorben, der mich nur belogen und betrogen hat. Dann hab ich mich letzte Woche auf seinen Bruder eingelassen, um ihn kurz drauf in die Wüste zu schicken. Jetzt vermisse ich ihn, oder aber nur das, was ich in ihm sehe, wenn er mich so anschaut.
Ich leide wohl an mittelschweren Depressionen und würde mir eigentlich gern die Kugel geben. Das geht natürlich nicht, wegen Helli. Aber sonst ist alles paletti. Wie geht's dir so ? Habt ihr wieder Katzenbabys ?Gereizt tippte ich mehrere Lachsmileys ins Eingabefeld und schickte sie ab, nachdem Jessi mir Fotos von ihrer Beachparty vom letzten Wochenende geschickt hatte. Mich hatte sie nicht gefragt, ob ich vorbei kommen würde. Sehr nett, dass sie mich im Nachhinein daran teilhaben ließ und ich mir die fröhlichen Gesichter auf meinem Display heranzoomen konnte.
Ich versuchte mich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass wir in ein paar Stunden wieder mehrere Monate nichts voneinander hören würden. Genauer betrachtet wars ziemlich traurig. Jessica zählte einst zu meinen engsten Freundinnen. Seit der Oberstufe teilten wir Geheimnisse, Eiscreme, Hobbies und Klamotten.
Nachdem ich mit Paul hergezogen war, wirkte es auch zuerst so, als könnte uns nichts auseinander reißen. Die ersten Wochen telefonierten und schrieben wir ständig und nachdem ich mich nach Hellis Geburt eingelebt hatte, besuchte sie uns sogar ein paar Mal. Dann schlief der Kontakt ein. Aus den täglichen Telefonaten wurden schnell wöchentliche und irgendwann wählte keiner von uns mehr die Nummer des anderen. Man schrieb sich alle paar Wochen mal und brachte sich eher notgedrungen auf den neusten Stand. Und dann wars auch schon passiert, dass mein Leben plötzlich kein Fundament mehr hatte.
So beschissen es mir im Moment auch ging, ich hatte Verpflichtungen, denen ich nachgehen musste. Nachdem ich den Termin für die Vorsorgeuntersuchung für Helli schon am Montag abgesagt hatte, führte nun kein Weg mehr dran vorbei, da wir uns schon im Toleranzbereich befanden. Nochmal verschieben war demnach keine Option.
Also sammelte ich meine letzten Nerven und den mickrigen Funken Lebenswillen und steckte Helli in ihre Strickjacke. Etwas mürrisch sah sie mich an und zog eine Flappe.
,,Ich hab auch keine Lust. Aber es nützt nichts."
Pustete ich die Luft stramm aus meinen Lippen und setzte Helen in den Maxi Cosi. Damit war der Kampf dann offiziell eröffnet. Sie machte sich steif, klagte und wehrte sich mit aller Kraft.
,,Helli, bitte." Stöhnte ich und nahm sie noch einmal raus um sie an meine Brust zu nehmen.
Behutsam striff ich ihr durchs dunkle Haar.,,Es dauert nicht lange. Aber wir müssen das machen."
Als ich sie zurück setzen wollte, begann das Theater allerdings von vorn. Sie machte sich so steif, dass ich keine Chance hatte, sie in die Schale zu setzen und anzuschnallen, ohne grob zu werden. Ihr Gebrüll nahm zu, sie fing beinahe Feuer, als ihr Kopf die Farbe einer Tomate annahm.
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Zwei Leben (Aktuell PAUSIERT)
FanfictionWas ist, wenn ein Leben weder vor, noch nach dir existiert ? Wenn ein Leben endet und deins gleich mit ? *** Eine Michael Patrick Kelly FanFiction. Alle Inhalte sind frei erfunden. Eventuelle Triggerwarnung : Das Thema Tod und Trauer ist ein häufig...