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Es war bereits spät am Abend, als wir in einem der kleinen Restaurants in der Mall vom Ferienpark saßen.
Wir hatten heute viele Stunden am See und mit ausgiebigen Spaziergängen und getobe auf dem großen Spielplatz verbracht. Helen war so ausgepowert, dass sie schon im Sandkasten den Kopf hängen ließ und einschlief. Hatte die kleine Maus ein Leben. Schlafen, wann und wo sie wollte und niemand war ihr böse - ganz im Gegenteil. Es war süß. Jeder fand es süß. Nur müde Eltern waren nicht süß.

Umso besser tat uns nun die Stärkung und wir konnten die Spagetthi richtig genießen, die wir uns nun auf die Gabel drehten.

,,Bin ich müde.."

Gähnte Lena herzhaft und legte die Gabel neben dem Teller ab, auf dem nur noch wenige Nudeln in einer ganzen Menge Bolognese ertranken.

,,Ich auch. Aber das war ein schöner Tag. Sollen wir dann morgen zu diesem Indoorspielplatz ?"

Nickend schob sie den Teller etwas weiter auf den Tisch und schaute zu Helen, die tief und fest in ihrem Buggy, mit zur Seite hängendem Kopf, schlief und leise röchelte.

,,So ruhig könnte es jeden Abend mit ihr sein. Lass uns bitte zurück ins Bungalow gehen und einfach noch etwas auf der Terasse sitzen oder einfach auf der Couch liegen. Mir tun die Beine vom vielen laufen ziemlich weh."

,,Klar, lass mich das Geschirr weg bringen und dann machen wir uns auf den Weg.."

Räumte ich die Teller möglichst geräuschlos auf das Tablett.

,,Willst du noch am Laden vorbei ? Was zu naschen oder trinken ?"

Nachdenklich legte sie den Kopf zur Seite und ihre Augen fuhren die vielen dunklen Holzbalken der Decke ab.

,,Wir können ja noch schnell durch gehen. Ich hätte Lust auf Erdbeeren, aber die kosten hier sicher ein Vermögen."

Das Tablett schob ich in einen der vielen dafür vorgesehenen Wagen und wendete mich wieder zu ihr.

,,Haben wir uns nicht darauf geeinigt, dass wir hier weder auf Zeit noch großartig aufs Geld achten ? Wenns Erdbeeren gibt, nehm ich sie mit. Komm.. auf geht's."

Ergeben aber zufrieden schaute sie mich an, packte ihre Sachen zusammen und schloss zu mir auf. Damit wir uns ca eine halbe Stunde später, zwar nicht mit frischen Erdbeeren, dafür aber mit süßem Sirup aus der Flasche, Vanilleeis, einer alkoholfreien Flasche Sekt und einem weichen Brötchen für Helen, in unserem Bungalow auf die Couch fallen ließen.

Lena hatte Helen ohne Zwischenstop von der Haustür ins Bett gebracht und seitdem lag absolute Stille in dem kleinen Bungalow. Lediglich das klirren ihres Löffels, in der weißen Keramikschale, war zu hören, als sie die letzten Reste des bereits geschmolzen Vanilleeis daraus löffelte und sich, nach meinem empfinden, ziemlich lasziv über die Lippen leckte. Ruckartig sah ich zur Seite, als sie diese Geste ausübte aber hatte den nicht mal begonnenen Kampf meiner Gedanken schon mit erhobener, weißer Fahne aufgegeben. Das Gefühl und die Situation von heute morgen schob sich ungefiltert in den Vordergrund und ich rutschte näher an die Rückenlehne des Rattansofas, nur um auf den leicht stechenden Schmerz meines Steißbeins zu hoffen, der mich ablenken würde aber..

,,Kannst du meine Waden etwas massieren ? Ich sterbe gleich!"

..erfolglos.

Schmatzte sie etwas auf und sah mich bittend an. Ich schaute zurück, vermutlich wie ein vorbei fahrender Zug, denn mein Augenmerk fixierte sich auf den letzten Klecks Vanilleeis, den ihre Zunge noch nicht erreicht und erfolgreich entfernt hatte, dies aber sogleich nachholte.

Zwei Leben (Aktuell PAUSIERT)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt