Am Samstagvormittag saß ich an meinen Hausaufgaben. Ich hatte das Mathebuch, den Collegeblock, Stifte und meinen Taschenrechner vor mir ausgebreitet, auch mein Handy lag neben mir auf dem Schreibtisch. Da klopfte es an der Tür. »Ja?« Mein Vater steckte den Kopf hinein.
»Ich wasche mal Wäsche«, berichtete er, »brauchst du auch was, was jetzt gewaschen werden muss?«
Ich schüttelte mit dem Kopf. Er ging wieder. Zwei Minuten später klopfte er wieder an.
»Mäuschen?«, fragte er, »Weißt du zufällig wie die Waschmaschine funktioniert?«
Ich ließ meinen Stift fallen und warf den Kopf in den Nacken. »Dein Ernst?« Dann versuchte ich doch etwas verständnisvoller zu sein. »Einschalten, Klappe auf, Wäsche rein, Klappe zu, Temperatur einstellen, auf Start drücken.«
»Wo stelle ich die Temperatur ein?«
»Bei dem Rädchen, wo die Zahlen sind.«
»Und auf welche Temperatur?« Ich sagte vierzig Grad, um ihn nicht zu überfordern. Meine Mutter sagte auch immer, was die vierzig Grad nicht überlebt, ist es nicht wert getragen zu werden. Ob das Motto ideal war, sei dahingestellt, aber es war gut genug, um sich im Leben durchzuschlagen.
»Muss ich die Sachen nach Farben sortieren?«
»Also nach hell und dunkel wäre nicht schlecht. Also weiß und bunt.« Mein Vater nickte und ging dann raus. Ich überlegte für einen kurzen Moment, ob ich mit ihm in den Keller gehen sollte, blieb dann aber doch in meinem Zimmer. Er würde es schon schaffen. Meine Mutter schaffte es sonst schließlich auch immer. Ich löste die letzte Aufgabe, dann nahm ich mein Handy und ging in die Küche. Auf dem Weg dorthin sammelte ich Konrad ein.
»Konny, ich mache mir ein Müsli. Hast du auch Hunger?«
Irgendwie hatten wir heute Morgen das Frühstück ausfallen lassen, da wir alle zu unterschiedlichen Zeiten aufgestanden waren. Nun aß sich heute Vormittag jeder so durch.
Gerade als ich mich hinsetzte, klingelte mein Handy. Konnte denn niemand mehr einfache WhatsAppNachrichten schreiben? Ich schaute auf das Display. Es war mein Opa.
»Hallo, hier ist Opa. Ich gehe gleich in den Park, um nach dem Rechten zu sehen. Haben du und Konrad auch Lust?«
»Klar. Also ich schon. Aber du, ich weiß nicht, ob das nötig ist. Konny und Papa haben letztes Wochenende schon ganz viel im Park gearbeitet.«
»Es gibt immer was zu tun«, sagte Opa. »Hat Konrad auch Zeit?« Konny saß neben mir und war am Handy.
»Ob Konrad auch Zeit hat?«, wiederholte ich und schaute meinen Bruder fragend an. Er sah nicht sehr begeistert aus.
»Ich habe letztes Wochenende schon so viel Zeit in dem Park verbracht«, flüsterte er.
»Ich weiß nicht, ob er kann. Er meinte heute Morgen, dass er noch so sehr viele Hausaufgaben auf hat«, antwortete ich Opa, »Aber Nils hatte mich letztens gefragt, ob er mal wieder helfen kann. Ich kann ihn ja mal fragen.« Nils und mein Opa hatten so etwas wie eine Männerfreundschaft über den Sommer aufgebaut. Opa mochte es, dass Nils ehrlich und freundlich war. Da machte es gar nichts, dass er ständig zu spät kam und ununterbrochen redete. Vielleicht machte das sogar seinen Charme aus. Nils schien seinerseits zu dem alten Mann aufzublicken. Jeder aus meiner Familie mochte Nils, mich eingeschlossen.
Nils war nicht zu überhören, als er mit seinem überlauten Mofa in unsere Straße fuhr. Ich mochte das Ding nicht. Definitiv werde ich nie auf dieses Ding mit aufsteigen. Trotz alledem, war ich froh, dass er das Mofa hatte. Sonst könnte er nicht mal eben an einem Nachmittag vorbeikommen.
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Von Märchen und Novembergefühlen
Teen FictionNovember 2020. Weltweit war es bis dato ein verrücktes Jahr. Für Faralda, 18 Jahre alt, privilegiert, kurz vor dem Abitur, war es vor allem ein ruhiges Jahr. Doch diesen November könnte sich alles ändern. Die Nerven liegen blank und zum ersten Ma...