Ich zupfte meine schwarze Strumpfhose zurecht. Dann schlüpfte ich in ein schwarzes Blümchenkleidchen und knotete es hinten am Nacken zu. Ich hoffte, ich sah so süß aus, wie ich mich fühlte. Nicht, dass es irgendjemand sehen würde, aber ich trug heute meinen Lieblings-BH als Confidence-Booster.
Ich trippelte rüber in das Büro meiner Mutter. Sie war mit Abrechnungen beschäftigt. Eigentlich wollte sie das meiste davon diese Woche abgearbeitet haben. Aber dadurch, dass sie für Zeynep eingesprungen war, war hier einiges liegen geblieben.
»Mama! Wie sehe ich aus?« Ich drehte mich einmal im Kreis, damit sie, das ganze Outfit sehen konnte und blieb dann stehen. »Sehr schön«, meinte sie und klang überzeugt.
»Geht das Make-up auch?« Sie nickte. »Ist der Lidschatten auch gleichmäßig?« Wieder versicherte sie mir, dass ich toll aussah.
»Ich trage dann natürlich draußen einen Mantel. Aber ich lasse ihn offen, dann sieht man das Kleid noch. Falls es aber kalt ist, werde ich ihn zu machen. Ach, vielleicht mache ich ihn auch gleich zu, da gucke ich mal. Wahrscheinlich ist es eh egal. Ich brauche noch Schmuck! Ich trage die goldene Uhr. Aber ich habe keine Kette, die dazu passt. Hast du eine Kette, die dazu passen könnte?«
»Da muss ich mal kurz selber gucken.« Meine Mutter und ich trugen beide nicht viel Schmuck, deshalb machte ich mir keine großen Hoffnungen eine schöne Kette zu finden. Ich lief in mein Zimmer und schnallte die einzige Armbanduhr um, die ich hatte. Sie war schmal und golden, mit einem Ziffernblatt und dünnen Zeigern. Meine Oma hatte mir die Uhr gegeben und sie hatte die beste Zeit schon hinter sich. Sie fühlte sich locker an und an einigen Stellen, verblasste die Farbe. Meine Mutter holte ihr Schmuckkästchen hervor. Sie zog ein dünnes goldenes Kettchen hervor. Etwas langweilig, aber gut genug, um mich schick zu fühlen.
»Danke schön.«
Ich sah auf mein Handy, um die Zeit zu checken. Erik hatte mir geschrieben. Er war fast da. Schnell verließ ich das Haus. Als ich im Garten war, wartete er bereits am Bürgersteig. Kurz überlegte ich, ob ich ihn zur Begrüßung umarmen sollte, dann entschied ich mich doch für eine grüßende Handbewegung.
»Auf geht's.« Meine Schuhe hatten einen kleinen Absatz, weshalb ich langsamer als gewohnt die Hügel hochging. Erik erzählte von seiner Arbeit. Ich erzählte von meiner Schule. Wir redeten über das Wetter. Bis wir an dem Park ankamen.
»Heute nehmen wir den Haupteingang.« Das war etwas Besonderes für mich. Normalerweise musste ich es nie das große Tor auf oder zu schließen. Ich wusste, dass die Flügel unten manchmal hakten und hoffte, dass ich heute keine Schwierigkeiten damit haben würde. Ich versuchte mir keine Unsicherheit anmerken zu lassen. Das Aufmachen ging reibungslos, als ich das Tor wieder hinter uns schließen wollte, hatte ich so meine Probleme. Unten wollten sich die Haken nicht schließen. Erik kam mir zur Hilfe. Danach startete ich die Führung.
»War bestimmt kein leichtes Jahr mit dem Park.«
»Es ging.« Der Park lief schon seit Jahren nicht mehr gut. Durch den Lockdown und die unterschiedlichen Regelungen dieses Jahr, musste der Park oft kurzfristig schließen und wenn er aufhatte, gab es jedes Mal neue Maßnahmen, die umgesetzt werden mussten. Aber es gab auch Tage, die richtig gut liefen. »Wir mussten ein paar Mal schließen,« erzählte ich, »Aber dadurch, dass die Leute dieses Jahr nicht viel anderes machen konnten, hatten wir so viele Besucher wie lange nicht mehr und im Winter schließen wir sowieso immer. Die Baustellen laufen bestimmt auch weiter wie bisher, oder?«
»Die kann man auch schlecht so stehen lassen,« sagte er, »Aber Einschränkungen gab es schon. Hinzu kamen Lieferengpässe. Vieles hat sich verzögert.«
»Das muss nervig sein. Und sonst so, wie sieht es bei deiner Familie aus?« Wir hatten bereits etwas übers Schreiben kennengelernt. Daher hatte ich schon in Erfahrung bringen können, dass er bei seinen Eltern wohnte, das heißt, bei seiner Mutter und seinem Stiefvater.
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Von Märchen und Novembergefühlen
Fiksi RemajaNovember 2020. Weltweit war es bis dato ein verrücktes Jahr. Für Faralda, 18 Jahre alt, privilegiert, kurz vor dem Abitur, war es vor allem ein ruhiges Jahr. Doch diesen November könnte sich alles ändern. Die Nerven liegen blank und zum ersten Ma...