Grelles Orange. Blaue Lichter. Wir verließen den Park und das war das Erste, was wir sahen. Der Rettungswagen stand unberuhigend nah am Haus meiner Großeltern. Ich sah auf mein Handy. Ich hatte seit der Dornröschenhütte nicht mehr auf mein Handy geschaut. Konrad hatte mir Nachrichten geschickt.
»Oma ist gestützt«, fasste ich zusammen.
So eine Scheiße. Wir setzten uns in Bewegung. Wir hätten nicht so lange im Märchenwald verweilen sollen. Der Rettungswagen hatte die Straße schon verlassen, als wir das Haus erreichten. Meine Eltern standen draußen.
»Was ist passiert?«
»Sie ist die Treppe heruntergefallen. Sie lag auf dem Boden, als Opa nach Hause kam. Er hat sofort den Rettungsdienst angerufen«, erzählte mein Vater. »Sie hatte wohl ziemliche Schmerzen und es nicht mehr allein geschafft aufzustehen.«
»Sie ist jetzt in einem Alter, wo sowas öfter vorkommen kann«, sagte meine Mutter.
Das war wohl wahr. Wir sollten sie nicht allein lassen. Schon gar nicht in dem großen Haus mit den ganzen Treppen.
»Kommt Opa allein, klar?«
Ich wollte ihn nicht allein lassen, aber ich wollte wissen, ob wir zu ihm hineingehen oder nach Hause gehen. Ich wollte nicht länger hier draußen herumstehen. Hier war es dunkel und kalt.
»Ich bleibe noch etwas bei ihm«, bot meine Mutter an.
»Wir gehen dann schon mal nach Hause. Ruf an, wenn du nach Hause kommst«, sagte mein Vater.
Er ging vor, Erik und ich gingen einige Schritte entfernt hinter ihm her. Erik wollt meine Hand nehmen, doch ich hatte sie tief in meiner Jackentasche vergraben. Wir waren fast bei unserer Einfahrt angelangt. Wir hatten auf dem Weg kein Wort gewechselt.
»Du solltest jetzt lieber gehen«, sagte ich schroff zu ihm.
Er starrte mich erst nur an, dann nickte er aber.
»Schreib mir, wenn ihr etwas von deiner Oma hört.«
Ich zuckte abweisend mit den Schultern. Er wollte mich in den Arm nehmen, doch ich wich zurück. Dunkele Wolken hatten sich in meinem Kopf gebildet. Die Gedanken verliefen in einem immer enger werdenden düsteren Pfad.
»Alles in Ordnung?«, fragte er.
»Sie ist nur gestürzt, weil wir dich suchen mussten. Wie gehirnamputiert kann man eigentlich sein, bei Dunkelheit allein in einen Wald zu gehen«, schimpfte ich los.
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Von Märchen und Novembergefühlen
JugendliteraturNovember 2020. Weltweit war es bis dato ein verrücktes Jahr. Für Faralda, 18 Jahre alt, privilegiert, kurz vor dem Abitur, war es vor allem ein ruhiges Jahr. Doch diesen November könnte sich alles ändern. Die Nerven liegen blank und zum ersten Ma...