Kapitel 26

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Ich fing einen besorgen Blick von meinem Bruder auf.

»Was gibt es?«

»Wie tief ist Erik in den Wald gegangen?« Das beschäftigte ihn also.

»Ziemlich tief.« Ich verdrehte die Augen bei dem Gedanken daran. Hätte er sich nicht auf normalen Wegen verlaufen können? Konrad hingegen musste schlucken und hakte nach.

»Was hat er gesehen?«

»Monster, Ungeziefer, Bäume, aber keine Menschen.«

»Der Arme, er muss Angst gehabt haben.« Da nickte ich. Das war tatsächlich so. Das hatte mir auch leidgetan. Ich wünschte, er wäre nie in diesen Wald gegangen.

»Ihm ist zum Glück nichts passiert. Außerdem war es dunkel, da sieht alles anders aus.«

»Trotzdem. Normal ist das nicht. Wie hast du es ihm erklärt?«

»So direkt habe ich ihm nichts erklärt. Wir haben es bei der Erkenntnis belassen, dass der Wald etwas Besonderes ist und dass er außerhalb des Waldes in Sicherheit ist.«

Konrad schüttelte den Kopf.

»Meinst du, dass ihm das reicht? Solltest du nicht noch einmal mit ihm reden?«

»Vermutlich. Aber da hatte ich heute wirklich keinen Nerv mehr zu. Vertrau mir, ich werde das schon noch klären.«

Dann mischte sich auch mein Vater in das Gespräch ein.

»Du warst ganz schön streng mit ihm.« War ich nicht. Streng konnte man nur mit jemandem sein, wenn einem die Person untergestellt war. Erik konnte machen, was er wollte, auch wenn es mir wohl nicht immer passte. Wenn ihm mein Ton nicht gefallen hatte, sollte er sich eine dickere Haut wachsen lassen, das war nicht mein Problem. Ich ärgerte mich. Der heutige Tag war in vielerlei Hinsicht alles andere als optimal verlaufen.

Es war Zeit, ins Bett zu gehen und die Nacht an sich vorbeiziehen zu lassen. Aber noch saß ich am Esstisch zwischen den beiden Männern, die der Meinung waren, dass ich zu Erik netter hätte sein sollen. Vielleicht sollte ich meine Mutter auch nochmal nach Rat fragen? Es wussten ja nicht schon genug Leute alles besser.

»Ich meine ja nur«, sagte mein Vater, dem mein genervter Blick nicht entgangen war, »Der Junge hatte heute auch keinen leichten Tag.« Natürlich hatte er, das heute nicht, niemand hatte das heute.

Ich war verliebt, meine Mutter war wieder zu Hause, bald waren Ferien, es hätte jetzt alles besser werden sollen. Es sah so gut aus. Und dann jagten gleich zwei Schrecken einander. Ich wusste nicht, wie ich mit so viel Stress auf einmal umgehen sollte. Mein Herz schlug noch immer viel zu schnell.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 22, 2023 ⏰

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