Kapitel 27

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Wenig später liefen wir dick eingepackt draußen durch die kalte Winterwelt. Florian hatte darauf bestanden, dass ich mich extra dick anzog, weshalb ich mich jetzt wie ein Eskimo fühlte, aber das war mir in dem Moment egal, denn es gab nichts schöneres, als eng umschlungen mit Florian durch ein Paradies aus Schnee zu laufen. Es war wirklich schade, dass in München nie so schöner Schnee lag. Wenigstens schneite es meistens überhaupt. In Norddeutschland vergingen schon mal Winter, wo die Menschen keine einzige Schneeflocke gesehen haben. Da war es doch besser, wenigstens ein bisschen Schnee zu haben, wenn auch nur für ein paar Wochen, und auch obwohl der lange nicht so schön weiß und fest und viel war wie hier oben. Was für ein Zufall, dass dieser Frank ausgerechnet hier wohnte und arbeitete, wo es doch in der Nähe von München auch genug Skigebiete gab. Woher wusste Frank überhaupt, wo unsere Hütte stand, als er uns zum Kaffeetrinken abgeholt hatte? War er uns etwa nachgelaufen? Irgendwie gruselig die Vorstellung. Als ich Florian danach fragte, zuckte er bloß mit den Schultern. „Keine Ahnung, ist mir aber ehrlich gesagt auch ziemlich egal. Das Arschloch soll sich nie wieder blicken lassen." Er drückte mich noch enger an sich und ich schmunzelte. Schon süß, wie er Angst um mich hatte, dass ich ihm verfallen könnte. „Was hast du jetzt eigentlich vorhin in der Küche gemacht?", fragte ich ihn. „Nichts Besonderes. Erfährst du heute Abend." „Hast du was geplant für heute Abend?" Florian sah mich lächelnd an und schob mir meine Mütze etwas aus dem Gesicht. „Nur so ein bisschen. Wie gesagt, wirklich nichts Besonderes. Also bilde dir bitte nicht ein, ich lasse heute eine Limousine vorfahren, die uns in unseren festlichen Klamotten zu einem pompösen Neujahrsball bringt." Ich lachte. „Ach schade... Kannst du das nicht bitte noch irgendwie organisieren?", fragte ich ihn gespielt traurig. Florian lachte und wollte gerade etwas erwidern, als plötzlich sein Handy klingelte. Erstaunt sah er mich an. „Was ist? Geh doch ran!" „Wer ist das denn? Ich habe das so eingestellt, dass nur meine Familie und meine engsten Freunde mich erreichen können, aber ich hab denen gesagt, sie sollen mich nur anrufen, wenn was ist.", murmelte er, während er sein Handy aus seiner Hosentasche fischte. „Hallo?", meldete er sich und schwieg kurz, bevor er die Augen verdrehte und seufzte. „Ich kann nicht. Ich hab dir doch gesagt, dass ich nicht da bin! ... Ja natürlich mit ihr! ... Ja, machen wir. ... Ja, mal sehen. ... Ich weiß es nicht, aber können wir das nicht bitte ein andermal bereden? ... In vier Tagen. ... Ja, okay, bis dann!" Florian legte auf und sah mich entschuldigend an. „Tut mir leid, das war ein Freund von mir, der mit mir Silvester feiern wollte. Er ist manchmal ein bisschen zerstreut." Ich lachte. „Macht doch nichts." Florian seufzte. „Er will dich unbedingt mal kennenlernen und hat mich gefragt, ob du ihn kennst." Ich sah ihn verwirrt an. „Woher sollte ich ihn kennen?" Florian grinste. „Aus dem Fernsehen oder aus Kinofilmen. Also Sophia kennt ihn." Ich runzelte die Stirn. „Wer denn?" „Elyas M'Barek." Ich stockte. Elyas M'Barek war eng mit Florian befreundet? Oh mein Gott. In diesem Moment wurde mir mal wieder bewusst, in wen ich mich da verliebt hatte, mit wem ich da zusammen war. „Und? Kennst du ihn?", fragte Florian nochmal. „Ja natürlich kenn ich den!" Florian lachte. „Ach und wieso kennst du ihn und mich kanntest du nicht?" Ich verdrehte die Augen. „Ja keine Ahnung wieso ich dich nicht kannte, ich hab diese Serie nie geguckt, womit du so bekannt geworden bist. Und Filme auch nicht. Aber Türkisch für Anfänger hab ich früher geguckt, als das gerade neu war. Daher kenn ich den eben. Und weiß er, dass wir zusammen sind?" Ich hatte irgendwie noch nie darüber nachgedacht, dass Florian auch Freunde hatte, denen er sowas erzählte. Florian lachte. „Ja natürlich weiß er das. Stört dich das?" „Nein, nein, Quatsch! Ich ... ich weiß nicht, ich hab irgendwie noch nie darüber nachgedacht, dass du auch Freunde hast, denen du sowas erzählst..." Florian sah mich einen Moment irritiert an, fing dann aber an zu lachen. „Hast du gedacht, ich hab keine Freunde?", lachte er immer noch. „Nein! Ich hab nur nicht drüber nachgedacht!" Florian lachte immer noch. „Ja Maddie, stell dir vor, ich habe sogar Freunde! Und die würden dich gerne mal kennen lernen!" Ich stockte wieder. „Was?" Florian beruhigte sich langsam wieder, sah mich aber immer noch belustigt an. „ Elyas ist ziemlich neugierig, er fragt mich schon seit Wochen ständig aus. Erst wollte er mir das nicht glauben, weil ich schon so lange keine Freundin mehr hatte. Ich denke mal, er glaubt mir das auch erst, wenn du vor ihm stehst.", sagte er grinsend. Ich atmete einmal tief ein und aus. Ich fand es schon beunruhigend, Florians Eltern und seine Schwester kennenzulernen, aber jetzt auch noch Elyas M'Barek? Ein berühmter Schauspieler, der zudem Florians Kumpel war? Ich kannte den doch nur auf dem Bildschirm, und jetzt wollte Florian mich dem als seine Freundin vorstellen? Oh mein Gott. Florian schien meine Unsicherheit zu bemerken, denn er grinste nur und drückte mich wieder enger an sich. „Du brauchst nicht aufgeregt zu sein, Elyas ist cool, du wirst ihn mögen. Und er dich ganz sicher auch. Du bist ja schließlich meine Freundin. Und wir müssen ja nicht Schlittschuhlaufen gehen..." Ich löste mich aus Florians Arm und gab ihm einen Klaps auf seinen Arm. „Du bist doof!" Florian grinste und nahm meine Hand. „Aber mach dir bloß nicht wieder diese Locken in deine Haare, sonst sabbert Elyas wieder die ganze Zeit." „Haha!" Florian grinste und ging mit mir wieder zu unserer Hütte. Wir waren ziemlich lange draußen gewesen, und es war mittlerweile schon fünf Uhr. „Was hast du denn jetzt für heute Abend geplant Florian?", fragte ich Florian, während er die Tür aufschloss und mich vor sich in die Hütte schob. „Meine Güte, nun sei doch nicht so neugierig! Es ist wirklich nichts Besonderes." „Na dann kannst du es mir ja auch sagen." Ich grinste ihn frech an, doch Florian zog nur seine Augenbraue hoch. „Vergiss es.", sagte er, während er sich seine Jacke auszog. Ich verdrehte die Augen und zog mir ebenfalls meine Jacke aus. „Und jetzt?" Florian zuckte mit den Schultern. Plötzlich klingelte wieder sein Handy. Er sah wieder irritiert aufs Display und verdrehte im nächsten Moment wieder die Augen. „Was ist?", fragte ich ihn. „Elyas. Warum ruft der mich schon wieder an?" Ich lachte. „Das wirst du wohl erfahren, wenn du dran gehst." Florian zog eine Grimasse und nahm dann ab. „Ja? ... Ich ... nein! Elyas, das ist nicht dein Ernst! ... Du rufst mich jetzt nicht deshalb an!" Florian zuerst genervter Blick, verwandelte sich immer mehr in ein amüsiertes Grinsen und als ich ihn fragend ansah, drückte er mir plötzlich sein Handy in die Hand. Ich versuchte, es abzuwimmeln, doch Florian ließ nicht locker, bis ich schließlich doch sein Handy nahm. „Hallo?", fragte ich schüchtern in den Hörer, woraufhin Florian grinsen musste. „Ja hallo, hier ist der Elyas. Bist du Maddie?" „Äh ja?" Ich sah Florian mit gerunzelter Stirn an. Was sollte das? Doch Florian zuckte nur grinsend mit den Schultern. „Bist du echt Florians Freundin?" „Ja...", antwortete ich schüchtern. Oh Gott, wenn Sophia das wüsste! Elyas lachte am anderen Ende. „Ich glaub's ja nicht! Und du bist wirklich mit dem Flo im Skiurlaub?" „Ja.", antwortete ich wieder und sah Florian hilfesuchend an. Konnte er nicht bitte wieder das Handy nehmen? Er schien mich zu verstehen, denn er nahm mir lachend das Handy wieder ab. „Ist gut jetzt Elyas, du musst sie nicht gleich am Telefon ausfragen! ... Was? ... Nein, ganz bestimmt nicht! ... Nein! ... Tja ... Ja, bis dann! Und bitte ruf mich jetzt nicht wieder wegen so einem Mist an! ... Tschüs!" Florian legte auf und grinste mich an. „Sorry." Florian sah mich eine Zeit lang an und lachte dann. „Oh man Maddie, du bist so süß!" Empört stemmte ich meine Hände in meine Hüften. „Was? Wieso das denn?" Florian lachte und schlang seine Arme um mich. „Du guckst so süß." Ich schmollte und legte meinen Kopf auf seine Brust. „Na toll..." Florian lachte. „Elyas wollte sofort ein Foto von dir haben. Er kann es gar nicht abwarten, dich zu sehen." Ich sah Florian verwirrt an. „Wieso?" „Weil er neugierig ist." Florian zog mich ins Wohnzimmer aufs Sofa und legte einen Arm um mich. „Ich hatte schon ziemlich lange keine Freundin mehr, er kann mir einfach nicht glauben, dass ich jetzt wieder vom Markt bin." „Wieso hattest du denn eigentlich so lange keine Freundin?" Florian seufzte. „Das ist nicht so einfach wenn man in der Öffentlichkeit steht, Maddie. Mit bekannten Leuten eine Beziehung zu führen geht mir irgendwann auf den Geist, weil der Partner den gleichen Stress hat wie man selbst, man kommt selbst zu Hause nicht mehr zur Ruhe. Und mit einem unbekannten Menschen eine Beziehung zu führen ist auch schwer, weil lern mal erst einen Menschen kennen, der dich als Person liebt und nicht als Person, die in der Öffentlichkeit steht." „Hast du doch jetzt.", sagte ich grinsend. Florian lächelte mich an und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Ja, das hab ich." Wir saßen noch eine ganze Zeit lang auf dem Sofa und unterhielten uns, bis plötzlich mein Magen knurrte. Oh man, wie peinlich! Aber Florian lachte nur und stand auf. „So, du ziehst dir was Schönes an und machst dir deine schönen Locken und dann essen wir!" Ich sah ihn perplex an. „Was? Gehen wir doch weg?" „Nein, aber schick machen schadet ja nicht! Es ist Silvester." „Ja, aber ... was willst du denn essen? Hast du was gekauft?" Florian lächelte mich an und nahm meine Hand, um mich hochzuziehen. „Komm, zieh dir was Schönes an und vergiss deine Locken nicht!" „Ich hab meinen Lockenstab gar nicht mit!" Florian seufzte und zog mich mit ins Schlafzimmer, wo er aus seiner Tasche einen Lockenstab hervor holte. Perplex starrte ich von Florian zu dem Lockenstab und wieder zurück. „Was..." „Ich hab mir gedacht, dass du den Lockenstab nicht mitnimmst, aber ich wollte auf keinen Fall einen Urlaub ohne deine Locken, deshalb bin ich kurzerhand ins Geschäft und hab mich beraten lassen. Das Ding hier soll richtig gut sein!" Voller Ehrfurcht betrachtete Florian den Lockenstab in seiner Hand. „Äh, okay? Vielen Dank!", lachte ich und nahm Florian den Lockenstab ab. „Wie lange brauchst du ungefähr?", fragte Florian mich. „Äh, halbe Stunde? Ich hab ja heute Morgen geduscht, also ungefähr eine halbe Stunde." Florian dachte kurz nach und nickte dann. „Okay." Er schnappte sich schnell aus seinem Kleiderschrank ein paar Klamotten und verließ dann fluchtartig das Schlafzimmer. Was war denn mit dem los? Immer noch verwirrt ging ich zum Kleiderschrank und zog mir ein schwarzes Kleid mit einer dicken grauen Strumpfhose an. Dann setzte mich im Schlafzimmer an den kleinen Tisch und packte meine Schminksachen mit meinem Spiegel aus. Ich schminkte mich lieber im Sitzen, deshalb schleppte ich auch in jeden Urlaub meinen kleinen Spiegel mit, vor dem man sich wunderbar schminken konnte. Als ich fertig mit schminken war drehte ich mir mit dem neuen Lockenstab Locken in meine Haare und war wirklich zufrieden mit dem Endergebnis. Florians Lockenstab war wirklich gut, besser als meiner. Wie viel er dafür wohl ausgegeben hatte? Als ich pünktlich nach einer halben Stunde fertig war, sah ich mich noch einmal im Spiegel an und war wirklich nicht unzufrieden mit dem Ergebnis. Vor einer Woche war Weihnachten, da hatte ich mich auch so schick gemacht. Aber warum sollte ich mich jetzt so schick machen? Wollte er wirklich noch weg? Vielleicht hatte er ja wieder in einem Restaurant einen Tisch bestellt? Aber gab es hier oben überhaupt noch ein zweites Restaurant? In das, wo wir beim letzten Mal waren, würde er wohl nicht wieder hingehen, da Frank da arbeitete. Aber er hatte ja gesagt, dass wir nicht weggehen würden. Aber um rauszufinden, was er tatsächlich vorhatte, musste ich schon zu ihm hingehen, und das tat ich dann auch. Doch als ich in die Küche kam, blieb ich wie angewurzelt stehen und staunte nicht schlecht. Der Tisch war mit vielen Kerzen und Deko gedeckt und es duftete köstlich. Das Licht war gedimmt, nur ein paar Lampen waren noch an, und das Kerzenlicht der Kerzen, die überall im Raum verteilt waren. Florian kam in seinem Hemd und der Jeanshose lächelnd auf mich zu und nahm meine Hand. „Darf ich bitten?" Er führte mich zum Tisch und zog den Stuhl zurück, damit ich mich hinsetzen konnte. „Wow!", brachte ich hervor. Florian grinste und stellte einen Teller mit Essen vor meine Nase. „Hast du das selber gekocht?", fragte ich ihn. Florian nickte. „Natürlich. Heute Mittag habe ich eingekauft, danach alles vorbereitet und gerade eben den Rest." „Wow", brachte ich noch einmal hervor. Ich wusste gar nicht, dass er kochen konnte. Er hat das zwar mal gesagt, aber ich hatte gedacht, sein kochen beschränkte sich auf Pfannkuchen, Nudeln und Spiegeleier. Aber anscheinend war er doch zu mehr in der Lage. Ich war wirklich beeindruckt. „Lass es dir schmecken!", sagte Florian lächelnd und stellte sich ebenfalls einen Teller mit Essen hin. „Danke, du dir auch. Wo hast du gelernt, sowas zu kochen?" Florian zuckte mit den Schultern. „Mein Vater konnte sehr gut kochen, ich hab mir oft was abgeguckt oder wir haben auch manchmal zusammen gekocht, wenn Mama später aus dem Hotel wieder kam." Florian hatte wirklich gut gekocht, das Essen schmeckte vorzüglich, ich hätte ihm sowas wirklich nicht zugetraut. Aber wenn er auch noch kochen konnte, was konnte er denn dann nicht? Er konnte kochen, Klavier spielen, singen... „Du sag mal Florian? Kannst du eigentlich Gitarre spielen?", fragte ich ihn. Florian nickte. „Ja, und Saxofon." Ach, Saxofon auch noch, natürlich. Okay, also er konnte kochen, Klavier, singen und Gitarre und Saxofon spielen. Und so wie er aussah war er bestimmt auch noch sportlich. „Und bist du eigentlich sportlich?" Florian sah mich mit gerunzelter Stirn an. „Wieso?" „Ach, nur so. Und? Bist du?" Florian zuckte wieder mit den Schultern. „Ich gehe oft joggen. In letzter Zeit aber auch nicht mehr so viel." „Dann kannst du bestimmt auch Fußball spielen, oder?" Florian lachte. „Nein, kann ich leider überhaupt nicht. Selbst meine Nichte und mein Neffe sind besser als ich." Oh, er kann kein Fußball spielen, wow. Na ja aber gut, wenn man sonst alles kann muss es ja auch irgendetwas geben, was er nicht konnte. „Warum fragst du Maddie?" Ich winkte ab. „Ach, nur so, wirklich." Florian zog wieder eine Augenbraue hoch, er glaubte mir nicht, aber das war mir egal.

Im Leben von Florian David FitzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt