Kapitel 3

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Am zweiten Tag lernte ich auch Jeongin kennen, ein weiteres Mitglied unserer Gruppe. Er war im letzten Jahr der Mittelschule und somit eine Stufe unter uns. Obwohl er sehr ruhig war und nicht viel redete, mochte nicht ihn sofort. Leider war er oft krank, deswegen würde ich ihn in der Schule nicht regelmäßig sehen, was ich schade fand. Felix hatte es mir heute Morgen erzählt. Aber im Moment waren I.N und ich auf dem Weg zum Tanzraum, wo ich mir wie geplant die Anmeldezettel abholen wollte. Ich hatte den Jüngeren beim Mittagessen gefragt, ob er mir den Weg zeigen würde, was dieser bejahte.

Ich war froh darüber, da ich Schwierigkeiten gehabt hätte, den Weg selbst zu finden. Außerdem wollte ich mehr Zeit mit ihm verbringen. Die anderen hatten davon nichts mitbekommen, weil das Minho-Thema wieder eine lebhafte Diskussion ausgelöst hatte. Felix und Seungmin waren der Meinung, dass Jisung sich besser von ihm verhalten sollte, da er nach ihrem Empfinden kein guter Einfluss war, was dem blauhaarigen natürlich gar nicht passte. Immer wieder wiederholte er, wie toll Minho war und dass er sich ändern könnte. Da ich Minho nicht kannte, wollte ich mich lieber nicht einmischen. Innie und ich redeten auf dem Weg zu meinem Ziel ein bisschen, was ich wirklich genoss. Auch wenn es nur oberflächliche Themen waren und wir dennoch die meiste Zeit schwiegen. Wir kannten uns schließlich kaum und ich wollte nicht, dass er sich unwohl mit mir fühlte indem ich ihn ausfragte. Mir würde es nicht anders gehen. Als wir am Büro des Tanzraumes ankamen, sah ich druch den Spalt der angelehnten Tür die Person, die ich gesucht hatte. Zumindest ging ich davon aus, weil Jeongin davor stehen blieb.

"Da ist er, geh einfach hin." Meinte der Jüngere und lächelte schüchtern bevor er wieder in die Richtung lief, aus der wir gekommen waren. Ich hoffte inständig, dass es nicht so ein Reinfall wurde wie die erste Begegnung mit Hyunjin. Ich öffnete die Tür etwas weiter, blieb aber im Türrahmen stehen. Der Raum war dezent eingerichtet, nur ein Regal mit vielen Ordnern, ein kleines Sofa und ein Schreibtisch, an dem Minho grade stand, befanden sich darin. Er sortierte einige Blätter, was ihn anscheinend so viel Konzentration kostete, dass er mich nicht bemerkte. Ich räusperte mich leise, wollte ihn nicht erschrecken falls er meine Anwesenheit tatsächlich nicht wahrgenommen hatte. Doch der lilahaarige beachtete mich kein bisschen. Ignorierte er mich mit Absicht? Weil sich die Tür direkt neben dem Schreibtisch befand, war es fast unmöglich mich nicht zu bemerken.

"Was willst du?" Er schien genervt zu sein und machte sich nicht einmal die Mühe, seinen Kopf zu heben um mich anzuschauen. Das fing ja super an. Felix hatte mich zwar drüber informiert, dass er nicht wirklich der freundliche Typ war aber seine Art überforderte mich etwas. "Du bist doch Lee Minho, oder?" Ich versuchte meine Stimmt so nett wie möglich klingen zu lassen. Er sollte nicht merken, dass ich frustriert darüber war, schon wieder so eine Begegnung haben zu müssen. Da ich seiner Tanzgruppe beitreten wollte, hielt ich es für besser, einen guten Eindruck zu hinterlassen und es mir nicht direkt mit ihm zu verschertzen. "Bin ich." Antwortete er stumpf. War es überhaupt möglich, mit diesem Mann eine vernünftige Unterhaltung zu führen?

"Ich möchte mich bei der Tanz AG anmelden." Als ich dies sagte, hielt er inne und drehte sich langsam zu mir. Er zog eine Augenbraue nach oben und musterte mich eindringlich, was mich sehr nervös machte. Wieso schaute er mich so intensiv an? Ein kurzes "aha" war alles, was er schlussendlich von sich gab. Etwas hilflos stand ich vor ihm während wir uns nur stumm ansahen. Und jetzt? Mehr hatte er nicht zu sagen? "Ähm geht das in Ordnung?" Fragte ich deshalb zögerlich. Mein Gegenüber schien zu überlegen, runzelte die Stirn und sagte eine Weile nichts. Sollte das etwa die ganze Zeit so weiter gehen? "Und du meinst, du bist gut genug um mitmachen zu können? Das musst du nämlich sein. Ich nehme keine Idioten auf, die unsere Zeit verschwenden." Was hatte der Typ für ein Problem? Sollte er nicht froh sein, wenn jemand beitreten wollte? So langsam verstand ich, warum die Jungs von Minho nicht begeistert waren.

Ja, Tanzen war meine Leidenschaft und ich hatte es immer gern getan aber seine Worte verunsicherten mich. Was wenn ich doch nicht gut genug war? Schließlich wäre es peinlich erst zu behaupten mithalten zu können und dann doch zu versagen. "Ich denke schon."
"Du denkst?" Der Ältere presste die Augenbrauen zusammen. Es sah so aus, als wäre er mit dieser Antwort alles andere als zufrieden. "Kleiner, wir sind kein Anfängerkurs, okay? Wenn du von dir selbst nicht überzeugt bist, wie willst du dann andere beeindrucken?" Er hatte recht, ich musste selbstbewusster auftreten wenn ich ihm beweisen wollte, dass dass ich das konnte.

Allerdings war mir das immer schwer gefallen und die Erziehung meiner Eltern förderte dieses nicht gerade. Dennoch wollte ich unbedingt in diese AG. "Ich bekomme das hin." Als Minho mich nur abschätzig ansah, schluckte ich. "Ich werde mein Bestes geben, versprochen." Fügte ich deshalb hastig hinzu. Der andere musterte mich noch kurz, dann nickte er knapp und wandte sich wieder den Blättern vor sich zu um eines davon zu nehmen. "Dann füll das aus und bring es mir so schnell wie möglich wieder. Nicht trödeln, verstanden?" Mit diesen Worten hielt er mir das Blatt hin, welches ich dankend an mich nahm. Ich nickte lächelnd und verbeugte mich bevor ich glücklich davon joggte. Ich würde den Zettel gleich zuhause ausfüllen und ihn Minho direkt morgen wieder geben. Er sollte wissen, dass ich es ernst meinte und bereit war, mich an seine Regeln und Anweisungen zu halten.

Minho pov:
Der Kleine war mir direkt unsympathisch. So...nervig einfach. Glaubte der wirklich, er würde so einfach mitmachen können? Tja falsch gedacht. Da ich die Leitung hatte, lag die Entscheidung darüber, wer zu uns passte und wer zu inkompetent war, hauptsächlich bei mir. Wer nicht auf mich hörte oder sich nach einer Weile nicht mehr genug Mühe gab, würde rausfliegen. Ich konnte rauswerfen wen ich wollte und wann ich wollte und gerade weil ich einen gewissen Ruf hatte, konnte ich es mir nicht leisten, schlecht dazustehen. Wie würde das denn aussehen wenn der beste Tänzer dieser ganzen Einrichtung es nicht auf die Reihe bekam, ein perfektes Team zusammen zustellen? Vor allem da wir am Ende des Jahres eine unserer Choreografien auf dem Schulfest vorführen werden.

Als ob ich es da riskieren konnte, jemanden aufzunehmen, der uns behinderte. Zwar wusste ich nicht, ob der Typ von vorhin tanzen konnte aber ich ging bei jedem davon aus, dass sie es nicht konnten bevor sie mich nicht vom Gegenteil überzeugten. Meine Methoden waren etwas ausgefallen und mein Bewertung ändert streng, um unwürdige Kandidaten zu eliminieren (let's eliminate people). Wenn die dachten, dass es einfach werden würde und sie bei mir nur zum Spaß tanzen könnten, würde ich sie zurück in den Kindergarten schicken. Dort könnten sie so viel herumhüpfen wie sie wollten - wie dumme Karnickel. Pff, ich mochte diesen...wie hieß er eigentlich? Ach mist, ich hab gar nicht gefragt. Was solls, ich bezweifle, dass er wiederbekommen würde. Er hatte das Selbstbewusstsein hierfür nicht, das hatte ich sofort bemerkt. Wobei er sich schon ziemlich zu freuen schien...irgendwie süß wie happy er weg gerannt ist...

WAS?
Was dachte ich denn da? Süß? Ganz sicher nicht! Der Trottel ist gerannt wie ein kleines Kind. Ha, bescheuert! Kopschüttelnd widmete ich mich wieder den ersten Anmeldungen und anderen organisatorischen Dingen.

Scars (Stray Kids ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt