Kapitel 29

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Das Gespräch mit Chan hat gestern wirklich geholfen, wenn auch nur ein bisschen. Er gab mir das Gefühl, nicht ganz allein damit zu sein und gab mir seine Nummer, falls ich ihn nochmal brauchte. Mit den Jungs und Minho hatte ich immer noch keinen Kontakt und Felix hab ich gestern auch nicht mehr gesprochen. Ich fühlte mich so allein wie noch nie. Hyunjin hat von all dem wahrscheinlich nichts mitbekommen deswegen wollte ich ihn nicht damit belasten. Die ganze Woche hab ich mich krankgemeldet, weil meine Psyche den Unterricht einfach nicht packen würde.

Am Abend klopfte es an meiner Tür. Seit wann wollten meine Eltern etwas von mir? Ohne auf eine Antwort zu warten, öffnete meine Mutter die Tür. Fragend sah ich sie an. "Wir bekommen heute Besuch. Familie Lee wird bei uns zu Abend essen. Eigentlich haben wir dich ungern dabei aber das wirft ein schlechtes Licht auf unsere Familie." Sie verdrehte genervt die Augen und verließ mein Zimmer wieder. Familie Lee? Da gibt es Hunderte. Ich kannte sie auch nicht. Woher kommt das denn jetzt auf einmal? Ehrlich gesagt hab ich absolut keine Motivation dafür und ein fake Lächeln aufzusetzen, war sehr ermüdend. Tja, irgendwie musste ich da durch.

Timeskip:
Ich stand auf der Treppenstufe, als die Türklingel ertönte. Es war wohl so weit. Hoffentlich ging das schnell vorbei. Mein Vater öffnete die Tür und Familie Lee trat ein. Der Mann und die Frau gaben meinen Eltern die Hand und grüßten mich anschließend. Sie schienen nett zu sein. Wenigstens das. Doch dann kam jemand hinter ihnen zum Vorschein, der mich fast an meiner eigenen Spucke verschlucken ließ. Minho. Warte....Lee....LEE MINHO?!

Nein, das drurfte nicht sein. Das passt mir gar nicht. Wir haben seit dem 'Streit' nicht mehr gesprochen geschweige denn interagiert. Wie soll ich mich denn jetzt verhalten? Als wäre alles nicht schon schwer genug. Er sah mich kurz an, sein Blick kalt wie Eis. Jetzt wusste ich wenigstens mit Sicherheit, wo wir im Moment standen.

TW: Homophobie

Wir saßen am Tisch, an dem unsere Eltern sich angeregt untethielten. Wie hatten die sich denn kennengelernt und wann? Minho und ich dagegen saßen einfach schweigend da, sahen uns nicht an und kanbberten lustlos an unserem Essen. "Vielen Dank für die Einladung, das Essen ist köstlich!' Schwärmte Mrs.Lee, was meine Mutter mit einem Lächeln erwiderte. Keine Ahnung, wie die Unterhaltung auf dieses Thema abweichen konnte, doch anstatt über ihre Arbeit und ihr Privatleben zu reden, sprachen sie auf einmal über Homosexuelle und Menschen mit Migrationshintergrund. Sobald mein Vater das Thema anschnitt, hatte ich eine böse Vorahnung.

"Und dann ist da dieser Typ, der tatsächlich den selben Lohn verlangt wie ich. Ich meine, was glaubt der, wer er ist, sich mit Heterosexuellen, gesunden Menschen wie mir gleichstellen zu wollen. Natürlich wurde das von den hohen Tieren abgelehnt." Die Erwachsenen fingen an zu lachen. Ich kniff frustriert die Augen zusammen. Bitte hört doch einfach auf. Mir fiel auf, dass Mister Lees Blick zu seinem Sohn glitt. "Tja, du wirst damit genauso wenig durchkommen." Erschrocken riss ich die Augen auf, als der Tisch verstummte.

"Moment, Ihr Sohn ist einer von denen?" Mein Vater sah Minhos Eltern fassungslos an und auch meine Mutter blickte ungläubig drein. Mein Magen drehte sich um, als ich Minho ansah, der ungewollt alle Augen auf sich gezogen hatte. Ich bemerkte, wie sich seine Hände um das Besteck verkrampften. Wie unglaublich unangenehm die Situation für ihn sein musste. Aus Angst mich auch zu outen, behielt ich meine Kommentare für mich. Auch wenn ich liebend gern in den Raum geworfen hätte, dass der ältere und ich uns schon zwei Mal geküsst hatten. Das hätte ich meinen Eltern schön ins Gesicht reiben können.

"Ja, er gehört zu diesen Freaks." Seufzte Mrs.Lee, die frustriert den Kopf in die Hände gestützt hatte. Oh bitte, wie überdramatisch kann man denn sein? "Das tut mir sehr leid für Sie, sowas muss furchtbar sein." Meine Mutter klang bedrückt, so als hätte sie gerade erfahren, dass der lilahaarige tot krank war. Bevor noch jemand etwas sagen konnte, stand Minho so ruckartig auf, dass das Besteck nur so klapperte und sein Stuhl nach hinten kippte. In Sekunden war er aus dem Haus gestürmt und hatte die Tür nur so hinter sich zu knallen lassen.

"Ich muss mich für ihn entschuldigen, er ist einfach nicht normal." Minhos Mutter sah meine entschuldigend an, doch diese winkte nur ab. "Scheiß Schwuchtel." Knurrte Mr.Lee. Aufeinmal fühlte ich mich ausgesetzt. Zwar wusste niemand am Tisch von meiner wahren Sexualität, doch jetzt da Minho weg war, war ich irgendwie allein mit diesen intoleranten Menschen.

Timeskip:
Das Essen war furchtbar gewesen. Seit Minho gegangen war, wurde die Konversation zwischen unseren Eltern immer schlimmer. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus, entschuldigte mich und ging zügig in mein Zimmer. Ich hatte Schuldgefühle, weil ich Minho nicht beigestanden war, also beschloss ich, ihm zu schreiben. Er war zwar sauer auf mich und würde mir vermutlich nicht antworten aber ich wollte, dass er wusste, dass es absolut nicht okay war, was vorhin passiert ist.

Minho <3

Kenji
Hey Minho...es tut mir leid
was vorhin passiert ist. Es ist
okay, dass du gegangen bist.
Was die da reden ist bullshit.
Naja, das wollte ich dich nur
wissen lassen...

Ich wartete eine ganze Weile. Er sah die Nachricht, aber wie erwartet kam keine Antwort.

Scars (Stray Kids ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt