Twenty-three

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Sie flogen nun mehr seit vier Stunden und hingen jeder ihren eigenen Gedanken nach. Alex schrieb mit seiner Freundin und passte auf, dass Alec bei der Sache blieb, ebenso übernahm er den Funkverkehr, er war vermutlich der einzige, der nett bleiben würde. Misha aktualisierte im Dauertakt seine Nachrichten, in der Hoffnung neue Informationen zu bekommen, dazu arbeitete er einen Plan aus wo sie wann sein mussten, bei wem sie sich melden mussten etc.

Und Alec selbst? Der flog das Kleinflugzeug, was ihm in einigen europäischen Ländern verboten wäre, sicher über diese. Dabei versuchte er seinen Kopf aufzuräumen, denn für Gefühle hatte er keine Zeit mehr. Misha gehörte nicht mehr zu ihm, damit musste er klar kommen. Alex hatte eine Partnerin, die jetzt irgendwie dazu gehörte. Fynn kannte ihn gar nicht wirklich und würde das alles absolut verabscheuen. In der Schule hatte er mal gestreikt, weil ein Bienennest vernichtet werden sollte. Im Endeffekt hat die Schule einen Birnenkasten bekommen. Wie würde er da wohl reagieren, wenn er wüsste, dass sein bester Freund ein mehrfacher Mörder war und so sein Geld verdiente? Ein Haufen Geld. Aber Moral hatte er schließlich kaum, im Gegensatz zu dem braunhaarigen, der hatte zuviel davon.

"Alec? Ich will dich ja nicht stören, oder soetwas, du machst das wirklich toll, aber eine Frage... Warum piept das?"

Sein Bonusbruder zog ihn aus seinen Gedanken, Gott sei Dank, und zeigte auf eine Anzeige vor ihm die immer wieder kurz aufblinkte. Für ihn war es allerdings kein Problem die Ursache herauszufinden. Denn schließlich hatte er dieses Modell geflogen, bevor er Auto fahren konnte.

"Tank ist alle."
"Und wie weit schaffen wir es noch?"
"20 Meilen... Da ist Innsbruck."

Kaum hatte er die Stadt beim Namen genannt, neigte sich die Spitze der Maschine auch schon gen Boden und steuerte einen der kleinen Privatflughäfen, um die große Stadt herum, an. Alex koordinierte ihn dabei einwandfrei. Als würden sie das nicht zum ersten Mal machen. Ein eingespieltes Team. Hoffentlich würden sie keine Probleme bekommen, zwar konnten sie auch sagen, dass Misha flog. Vom Alter wäre das ok, allerdings hatte er nur noch sein eines Auge und damit verminderte Sehkraft, würden zumindest die behaupten, die ihn nicht kannten. Anfangs war es schwer gewesen, aber mittlerweile kam er ganz gut damit klar.

So setzten sie kurze Zeit später auf der Landebahn auf und kamen schließlich vor einer der Hallen zum Stillstand. Alec stieg zuerst aus, gefolgt von den anderen. Es war Sommer, doch hier wehte eine ziemlich starke Brise. Beinahe wie am Meer. Das hatte man am Himmel gar nicht so stark gespürt, vermutlich war er drüber geflogen. Der Platz war leer und schien sogar beinahe verlassen, wären da nicht die Tagesaktuellen Wetterdaten am Tower. Nach kurzem Zögern betraten sie den Tower, doch nichts. Die Bildschirme waren alle aktiv, man hörte den Funk knistern und die Radare routierten. Als hätte hier vor kurzem noch jemand gesessen.

Entweder sie würden selbst tanken oder mussten weiter, aber für weiter reichte es beinahe nicht mehr und riskieren wollte der junge Russe auch nichts. Ihm wäre es persönlich egal gewesen, wie man ihn kannte war er äußerst Risiko bereit, aber er hatte eben auch die Verantwortung für seine Begleiter und da gab es für ihn kein Risiko mehr. Demnach verließen sie den Tower wieder und sahen sich um, ob sie vielleicht doch noch jemanden fanden, was im Endeffekt auch so war. Ein älterer Mann fuhr mit einer Karre über den Weg und Transporte Steine von A nach B. Doch als er die drei fremden Männer sah, blieb er stehen.

"The boss is not there."
"Deutsch ist ok."
"Die Chefin ist in de Berge owa gschoatem. I bin da Hausmeista."

Schon war es vorbei. Für einen Moment starrte Alec den Menschen vor sich verwirrt an. War das deutsch? Zwar war das meiste verständlich, aber ein fehlendes Wort und schon ergab der Satz ganz andere Inhalte. Niederlande, Friesland, Berlin, München, alles kein Problem und dann kam ein österreichischer Hausmeister um die Ecke. Wäre er mal beim Englisch geblieben.

"Verschüttet oder so. Also praktisch verschollen, falls ich das richtig verstanden habe. Aber ich war auch eher in der Schweiz im Urlaub."

Half ihm dann Alex aus der Patsche, während er selbst noch einen Moment verwirrt war. Aber sie brauchten die Chefin ja eigentlich nicht.

"Wir müssen nur tanken."

Doch als Antwort schüttelte er den Kopf und fuhr weiter. Ohne Chefin ging daher nichts. Super. Entweder sie warteten Stunden oder Tage oder... Alecs Blick traf den seiner Begleiter und allein dieser machte schon deutlich was er dachte. Sodass Misha sofort den Kopf schüttelte und einen Schritt zurück ging, als könnte er somit verhindern was als nächstes kommen würde.

"Ich will so schnell weder Berge noch Höhlen oder was von verschüttet hören. Ich war wochenlang unter der Erde eingeschlossen. Niemals. Denk gar nicht erst dran."

Als Antwort zuckte der Angesprochene seine Schultern und ging zurück zu seiner Cessna. Er stieg auch ein, nur wer glaubt er wollte warten, hatte sich geirrt. Kurze Zeit später stieg er nämlich wieder aus, nur diesmal mit seinem Rucksack und in Klettermontur. Beides gab er auch dem blonden Briten. Der machte eh alles mit. Sie vertrauten sich blind, wie es bei Alec und Misha leider nicht mehr so ganz war. Der jüngere Russe versuchte auch gar nicht den anderen umzustimmen, weshalb Alex sein Glück versuchte, die beiden wieder zusammen zu bringen. Das war scheinbar seine Aufgabe bei der ganzen Sache.

"Komm schon Misha. Das sind nur die Alpen, nicht das Atlasgebirge. Hier gibt es weder Terroristen, noch die Mafia oder kriminelle Organisationen. Ausserdem ist es Hochsommer und Lawinen damit beinahe ausgeschlossen. Wir sind Watson, Holmes und Bond. Bist du wirklich der Meinung wir schaffen so ein kleines Gebirge nicht? Dann sollte man dir deine Zeugnisse von Scorpia abnehmen."

Schon bei ihren Cosenamen war Misha kurz von seiner Abneigung abgewichen, aber dennoch standhaft geblieben. Doch als die Karte Scorpia gespielt wurde, konnte er nicht anders. Mit seiner eigenen Kletterausrüstung folgte er den beiden zurück in den Tower, wo sie die Route bekamen und sich augenblicklich auf den Weg machten. Zwar sahen alle auf den Weg vor sich, welcher noch gut zu Fuß bewältigt werden konnte, doch der Rotschopf ganz vorne zuckte mit seinem Kopf ständig in verschiedene Richtungen, minimal, aber sobald es einem auffiel, war es doch leicht nervig. Irgendwann begann seine Hand ebenfalls damit.

Dabei wirkte es nicht mal confuse, oder gar wie ein Anfall, denn jede Bewegung hatte irgendwie System. Naja sie bewirkten ja auch etwas, nur die anderen sahen nicht das, was Alec in diesem Moment sah. Dank seiner elektronischen Kontaktlinsen, welche er wieder eingesetzt hatte, blinkte eine Karte vor ihm, ebenso wie die aktuellsten Wetterdaten, Weg Beschreibung, alle anderen technischen Signale um sie herum... Und er suchte eben das eine ganz spezielle.

Daher die Zuckungen. Er wischte praktisch auf der Karte hin und her, vergrößerte und verkleinerte, wischte Signale beiseite und vieles anderes. So ein Aufwand nur weil sie tanken wollten. Nach einer Weile hörten sie einen Helikopter über sich kreisen. Bergrettung. Natürlich. Damit mussten sie zumindest schon mal im richtigen Gebiet sein. Irgendwann konnte er hören wie Alex hinter ihm telefonierte. Aber nicht mit seiner Freundin, denn es ging um ihn.

"Ja, ich finde es auch total verantwortungslos, dass er einfach so los geflogen ist, aber manchmal muss ein Mann eben tun was ein Mann tun muss und wir wissen beiden, dass man sich einem Gregorovich ungern in den Weg stellt.... Ja ich passe auf ihn auf.... Klar... Ich schaffe das schon.... Wenn dann wird Yassen uns allen den Kopf abreißen.... Nein Sie müssen nicht kommen, wir klären das schon.... Absolut. Alec wird auf jeden Fall ans regelmäßige Essen denken und wenn er ins Wasser fällt, zieht er sich trockene Sachen an... Dicke Socken... Natürlich."

So langsam wurde es dem rothaarigen zu bunt und ruckartig drehte er sich zu dem anderen um. Sein Blick alles andere als erfreut über die Worte seines Freundes. Das klang ja als wäre er ein Kleinkind. Mit wem telefonierte er da bitte?! Doch sobald Alex das Gesicht des anderen sah, ließ er sein Handy sinken und lachte sich beinahe kaputt.

"Verdammt Alec! Lach mal bitte. Ich hab schon bei Gregorovich aufgelegt. Jones chillt jetzt. Also keine Panik auf der Titanic."

Good AgentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt