Six

21 5 0
                                    

Mr Jones hatte den rotblonden Russen mit dem Helikopter abgeholt, bevor dieser hätte schummeln müssen. So hatte er die Ausbildung zwar dennoch in den Sand gesetzt, aber zumindest ehrenhaft. Der Ex-Polizist, welcher seit dem er für Alec arbeitete so etwas wie sein persönlicher Schatten und Mann für alles war, brachte ihn zuerst auf einen kleinen Flugplatz. Dort stiegen sie in einen Pechschwarzen Privatjet, einzig ein goldenes M zierte den Eingang. Normalerweise war der Innenraum dieses Modells aufgebaut wie ein kleiner Wohnraum. Also Wohnzimmer, Küche, Schlafzimmer, Bäder. Aber dieser war von Fürst Mirnas und wer ihn kannte, wusste was dies hieß. 

Die Fenster waren nicht nur Scheiben, sondern verwandelten sich in riesige Bildschirme sobald man diese brauchte. Dort wo sonst die Klamotten lagerten, war die beste Technik versteckt, der Kühlschrank bestellte Nachschub, sobald etwas entnommen wurde, Das King-Size-Bett klappte sich auf Knopfdruck auf und ließ einen begehbaren Kleiderschrank zum Vorschein kommen. Mit allem was man brauchen konnte, von A wie Ausgehsachen bis Z wie Zoowärterlook. Aber zu aller erst, bevor sie sich mit dem Skandal auseinandersetzten, saßen die beiden Männer in der Sitzecke und bekamen jeder ein Glas Chai serviert. Natürlich mit einer ordentlichen Portion Zucker. Das alles während der Pilot sie in die Gregorovich Festung flog.

Bis hierhin hatten sie noch kein einziges Wort gewechselt. Jede Art von Kommunikation passierte automatisch. Sie waren ein eingespieltes Team. Der Brite Anfang 50 und der Halbrusse Anfang 20. Bis auf die Zeit bei Kingsman waren sie beinahe 24/7 zusammen, auch wenn man Jones meistens weder sah noch hörte, dennoch war er immer da. Immer bereit einzugreifen. Oder einfach da zum Reden und Tee trinken, alles in allem, war sein Job in den letzten Jahren ganz entspannt. Immerhin hatte Alec sich nirgends eingemischt, musste seinen besten Freund nicht retten, welcher die Welt retten wollte, so gab es viel Freizeit und noch mehr Benefits. 

"Was wissen wir?"
"Sein Pass wurde verbrannt, das Hausboot versenkt, aber sein Sender gibt ein Signal. Allerdings in einem ziemlich großen Bereich. Das Atlasgebirge sagt dir sicher was. Das heißt..."

"Afrikahitze, mediterrane Kälte, viel Klettern auf hohe Berge und in tiefe Höhlen. Schwimmen, Tauchen, Wandern, kaum Empfang. Einheimische Stämme. Wilde Tiere. Kontakt konntet ihr vermutlich nicht herstellen, sonst wäre ich nicht hier. Was ist mit Yassen?"
"Ihr Vater hat Probleme mit einem alten Kollegen, der Fürst Mirnas das Leben schwer macht. Wir fliegen erstmal in die Festung, dort ist alles vorbereitet. Wir werden dann auf einem Plateau des Gebirges vom Helikopter abgeseilt, anders ist die Fortbewegung dort nicht möglich. Mirnas hat aber ein paar Überraschungen für uns eingepackt, ich hoffe sie fliegen uns nicht um die Ohren. Ihr Dad ist ein Genie eine Frage nur..."

"Absolut irre."

Mit einem kleinen Lächeln stimmte der Brite seinem Chef zu. Es hatte lange gedauert bis er so mit ihm reden konnte, wenn andere ähnliches über den Fürsten geäußert hätte, wäre er sicher nicht mit einem Lächeln weggekommen. Es war etwas besonderes, sie lernten immer wieder von und miteinander. Jetzt würden sie also das Atlasgebirge besteigen, solange bis sie den Verschollenen gefunden hätten. Von wem eigentlich die Rede war? Jeder der sie kannte und aufmerksam zugehört hatte, wusste um wen es sich handeln musste. 

Hitze war nicht wirklich Alecs Ding, er mochte die Kälte lieber, Minutenlang unter dem Eis tauchen war im Gegensatz zum Laufen in der Wüste ein Kinderspiel. Das letzte Abenteuer von Alec und Alex Rider hatte in Kairo begonnen. Damals war das Klima schon schlimm, aber mittlerweile kannte Mirnas das Problem und hatte alle Gadgets darauf angepasst. Statt Wärmesensoren, die er für sich selbst für den russischen Winter entwickelt hatte, wurden in die Gegenrichtung umgewandelt. Das nur am Rande. 
"Wir werden hauptsächlich mit Solar und Wassergeneratoren arbeiten, ich habe mich in den letzten drei Tagen viel damit beschäftigt und werde es umsetzen können. Fehlerfrei versteht sich."

Damit zeigten die Fenster nun nicht mehr die Wolken draußen, sondern Bilder von dem verbrannten Pass, mehrere Videos von dem Untergang des Hausbootes, Bilder des aktuellen Standortes, Videoaufnahmen des letzten Aufenthaltes, alle Informationen über ihre Ausrüstung und...
"Die soll ich dir geben."

Eine kleine metallene Box wurde von dem Briten auf den Tisch gelegt und befand sich sogleich in den Händen des Jüngeren. Mit einem Klicken öffnete er sie und in samt gebettet lagen dort zwei neue Kontaktlinsen, ein Sensor und ein In-Ear-Knopf. Alles drei nahm er an sich. Die Linsen waren besser als die Alten, auch wenn er gedacht hatte es würde nicht besser gehen, aber da hatte er wohl nicht mit seinem Papochka gerechnet. Eine neue personalisierte Pistole bekam er ebenfalls, immerhin war er gewachsen und seine Hände nun größer als zuvor. Außerdem befand sich sein Rucksack immer noch im Ausbildungscamp von Kingsman. Lediglich sein Handy hatte er dabei gehabt, seine Pässe hatte Jones, ebenso seine Ausweise und wichtige Karten. Seine Bausteine vom letzten Abenteuer waren allerdings weg, ebenso sein fantastischer Rucksack, der einfach alles konnte, seine Alltagsgadgets und sein persönliches Scharfschützengewehr. Letzteres würde er aber neu auf seine Größe zugeschnitten bekommen.

Nach zwei weiteren Stunden landeten sie wohlbehalten in der privaten Festung in der Nähe Moskaus. Eine Festung war es mittlerweile wirklich, denn zusätzlich zu Yassens optimalen Sicherheitsplan, hatte Mirnas seine Technik einfließen lassen und damit war es eine Festung von der aus man beinahe die ganze Welt zerstören, aber auch einer monatelangen Belagerung standhalten konnte. Damit waren sie beinahe ein eigenes Reich. Kaum ausgestiegen wurden sie auch genauso empfangen. Zumindest Alec, immerhin war er der Sohn des Chefs und da dieser seinen Ruhestand in Afrika genoss, war er der neue Anführer. 
"Alec du musst Misha finden!"

"Dir auch einen guten Tag Tasha. Natürlich finde ich ihn und dann werde ich ihn zurück nach Hause bringen. Dorthin wo er hingehört. Zu uns."

Uns. Das war das was alle hören wollten. Sofort brach Jubel aus und Alec wurde von allen Seiten auf stand gebracht. Sie hatten wieder einen Chef und somit Arbeit, Profit, Fortschritt. Es würde endlich weiter gehen.  Viele hier hatten nichts anderes gelernt und sich in den letzten Monaten schon gelangweilt. Tasha begleitete sie in das Hauptgebäude, machte Tee und servierte das Essen. Sie war Mishas kleine Schwester und damals mit ihnen zusammen im Privatunterricht. Mittlerweile war sie ebenso erwachsen wie der Blonde. Während sie saßen und aßen und sich von den Technikern und Offizieren die vorbereiteten Sachen und Pläne erklären ließen, kam der Hauptperson bei diesem Geschehen ein ganz anderer Gedanke.

"Was ist mit Mirosch?"
"Wer ist Mirosch?"

"Mishas kranker Freund."

Er hatte ihn zwar nur einmal kurz auf dem Hausboot kennengelernt und die Hälfte der Zeit war der andere bewusstlos, aber wenn Misha verschwunden war, musste doch sein nerviger Schatten irgendwo sein.
"Er liegt schwer verletzt auf unserer Intensivstation. Mishas Vater kümmert sich um ihn. Nur dank ihm wissen wir mit wem wir es ungefähr zutun haben und wollten erst mit dir Rücksprache halten."

Good AgentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt