Kapitel 18

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Es war lästig: Jedes Mal, wenn er an dem Schaufenster vorbeiging, starrte dieses Ding ihn an.

Mit seinen großen gelben Augen blickte es in sein Gesicht. Die schwarzen Nasenlöcher aufgebläht und das erstaunlich pinke Fell stand wie eh und je von diesem Etwas ab. Während es ihn ansah, kratze es sich mit seinen grauen Krallen am Hinterkopf.

Er hatte sich immer gefragt, wie es hieß; was für ein Tier, das war. Auch heute geisterte der Gedanke in seinem Kopf herum. Das Ding drückte sein Gesicht an dem Fenster platt. Das Glas begann zu beschlagen und die pinken Konturen, wurden unscharf. Plötzlich verließ jemand das Geschäft. Die helle Glocke schrillte in seinen Ohren. Der Jemand hatte seinen Kragen hochgestellt und die Mütze tief ins Gesicht gezogen. Nur unschwer konnte er erkennen, dass der Mann bereits Mitte siebzig sein mochte. Die Idee kam ihm wie ein Geistesblitz: Warum sollte er heute nicht mal den Laden betreten?

Er steuerte auf die Tür zu. Der Andere stieß gegen seine Schulter. „Tschuldigung.", murmelte er und öffnete die Tür. Wieder erklang das schrille Läuten in seinen Ohren.

Sofort schlug ihm ein penetranter Moschusduft entgegen. Es verätzte seine Atemwege und er musste sich den Schal vors Gesicht halten. Drinnen war es dunkel. Es herrschte eine drückende Wärme, die wohl von den unzähligen Tieren in den Käfigen ausging. In der einen Ecke stand ein viel zu breiter Verkaufstisch, der sich mit seinem abgewetzten dunklen Holz perfekt in die Atmosphäre einbettete. Direkt daneben stand eine alte Lampe; und zwar so eine, die man meist auf Flohmärkten zu Gesicht bekam und um die man einen großen Bogen machte.

Der Rest des Zimmers wurde von den Käfigen eingenommen. Sie stapelten sich bis unter die Decke. Erst jetzt fiel ihm auf, dass es viel zu leise war für ein Tiergeschäft. Es musste wohl ein Schweigezauber auf ihnen liegen.

„Entschuldigung, Entschuldigung.", erklang es hinter dem Tresen. Ein kurzes Aufstöhnen war zu hören und dann sah er einen alten Mann, der sich am Holz festklammerte um sich zu erheben.

„Ich hab' nur kurz ein paar alte Bücher verstaut." Der Alte fasste sich an den Rücken und atmete schwer. „Sie verstehen...ich bin nicht mehr der Jüngste..."

Er nickte stumm. Was sollte er auch sagen?

„Wollen Sie etwas kaufen?"

Er schreckte zusammen. „Ähm...nein. Eigentlich wollte ich mich nur umsehen... Und etwas fragen."

„Na dann stell mir 'ne Frage, Jungchen."

Er deutete auf das rosa Fellding.

„Was ist das?"

Der Mann begann zu grinsen. „Oh, das." Er umrundete den Tisch und trat vor den Käfig. „Das ist ein sehr schlaues Kerlchen. Sein Name ist Theodore. Ich nenn' ihn aber Theo. Ich hab ihn zwei Gauklern in Indien abgekauft. Der arme Theo war ganz verlaust und hungrig. Da hab ich ihn mit nach England genommen."

„...Und was ist er?"

„Oh. Achso." Der Alte begann keuchend zu lachen, „Theo ist ein Artverwandter des Demiguise. Der Demiguise. Diesen hier nennt man jedoch Demoguise. Wie du sicherlich weist, kann man aus Demiguisehaar Tarnhumhänge weben, da diese sich unsichtbar machen können. Theo kann das jedoch nicht. Sie können zwar auch ähnlich wie ihre Verwandten in die Zukunft sehen. Jedoch besitzen sie hingegen keine weiteren besonderen Fähigkeiten. Deswegen ist diese Art ein wenig – naja, sagen wir mal, unbeliebt..."

Der Alte öffnete den Käfig und streckte seine Arme zu dem Tier aus.

„Ganz anders als ihre Artgenossen sind sie jedoch viel zutraulicher."

Novum AmenoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt