Kapitel 22

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Voldemort betrachtete den Elderstab. Eigentlich hätte er es wissen müssen. Ihn plagte zwar kein schlechtes Gewissen, dass er vor Jahren jungen Malfoyspross umgebracht hatte, jedoch waren seit diesem Tag Lucius und Narcissa nicht mehr vertrauenswürdig. Er war in seiner Dummheit der Überzeugung gewesen, dass Snape der wahre Besitzer sei. Doch Draco hatte ihn entwaffnet. Snape war nur der Mörder. Erst viel zu spät war ihm das klar geworden. Und auch Harry Potter hatte dagegen nichts unternehmen können. Soweit er wusste, hatte der Junge den Malfoyerben im Kampf entwaffnet. Ergo gehörte Dracos Zauberstab dem Potterjungen. Jedoch nicht der Elderstab. Er hatte nie den Elderstab aus Draco Händen gerissen. So war über lange Zeit seine Gefolgschaft nicht in seinen eigenen Händen. Doch kurz nach der Schlacht war es ihm klar geworden. Dumbledore hatte Grindelwald auch nicht töten müssen. Noch in derselben Nacht musste der Junge sterben und zwar durch die Hand des Elderstabes. Und ab da gehörte er wahrhaftig ihm. Er hatte ja nicht wissen können, dass sich seine Eltern gegen ihn wenden würden. Nun...zumindest die Mutter. Sie hatte geweint, nein geheult hatte sie. Reiner Ekel hatte ihn durchzogen. Lucius hingegen... Lucius war gebrochen. Er hatte alles verloren. Nicht nur seine Ehre oder die Liebe seiner Frau – auch sein Sohn war gestorben.

Die beiden sollen wohl, so sagten die Todesser er zumindest, einige Stunden nach dem Tod ihres Kindes untergetaucht sein. Feiglinge waren sie! Nichts weiter! Sie waren zu nichts zu gebrauchen. Sie waren nicht einmal bereit gewesen ein Opfer für das größere Wohl einzugehen. Er hätte auch einfach dem Jungen den Zauberstab in die Hände drücken und ihn entwaffnen können... Doch das wäre zu riskant gewesen. Es sollte sich in das Holz einbrennen, wer nun dessen wahrer Besitzer war – bis in alle Ewigkeit.

Er rollte ihn zwischen seinen Fingern umher. Dieser feige Bursche hätte sich nicht einmal ausmalen können, zu was dieses Artefakt imstande war.

Selbst ohne seine Unterstützung hatte er mächtige Zauber und Flüche vollbringen können. Wobei er sich natürlich eingestehen musste, dass es wahrscheinlich eher an seinen herausragenden Künsten liegen musste – und nicht an dem ehemals unwilligen Artefakt.

Es wäre auch zu komisch gewesen, wenn Harry Potter aufgrund seines simplen Diebstahls, an dessen gebräuchlichen Zauberstab der Herr über den Elderstab gewesen wäre. Ganz und gar abstrakt.

Potter hatte ausschließlich Dracos entwaffnet – nicht aber den mächtigsten aller Stäbe. Und er, der große Lord Voldemort, hatte sich dessen durch den Tod des Vorgängers bemächtigt.

Er blickte zu Nagini.

Potter war seit seinem letzten Treffen spurlos verschwunden. Er hatte nicht noch einmal versucht, nach diesem zu suchen. Es war viel einfacher, den Jungen zu sich zu locken. Potter würde aus freien Stücken in seine Arme gelaufen kommen. Froh darüber seinem Drang, oh ja er wusste davon – er hatte es gespürt, nachzugeben.

Und seitdem hatte er immer wieder kleine Andeutungen geschickt. Gedankenfetzen. Gefühlsfetzen. Nichts weiter.

Er sendete ihm den Eindruck von Geborgenheit, etwas an das er sich selbst nur schemenhaft aus seiner Hogwartszeit erinnern konnte. Jedoch reichte das aus, um Potter in den Wahnsinn zu treiben: Seines Wissens nach, waren daraufhin mehrere Muggel tot in London aufgefunden worden.

Voldemort konnte es nicht leugnen: Er war stolz auf Harry.

Der Junge, hatte sich gemacht.

Er hatte dazugelernt. Statt den anfänglichen und viel zu langweiligen Feuerzaubern war er zu neuen Ideen übergegangen:

Eine der Leichen, hatte man in der Nähe der Sankt Pauls Cathedral gefunden: Die Haut war teilweise von dem Fleisch gepellt und gab einen sehr detailreichen Eindruck auf das Innenleben des Opfers wieder. Die Innereien waren geschmolzen – verätzt; so sagte es die Muggelpolizei zumindest.

Novum AmenoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt