Harry fiel auf die Knie.
Sein Kopf wollte platzen. Er kugelte sich zusammen und presste die Hände an seine Schläfen. Er hörte das Blut in seinen Ohren rauschen. Ein Wimmern presste sich zwischen seinen Lippen hervor. Er kniff die Lider zusammen. Doch er sah immer noch die stechend roten Augen. Die blasse Haut. Das vor Wut verzerrte Gesicht. Den zum Schrei aufgerissenen Mund.
Seine Fingernägel kratzen über seine Haut. Er riss an seinen Haaren. Jemand schien ihn zu erwürgen. Er röchelte nach Luft. Er riss seinen Kiefer auf und schrie. Er schrie, bis die Hände um seinen Hals sich lockerten und seine Stimme nur noch ein stummes Krächzen war.
Auf dem Boden bildete sich eine salzige Lache. Seine Haare sogen den Speichel, das Blut und die Tränen auf.
Er konnte nichts anderes - nur weinen.
Als er aufwachte, war sein Gesicht steif. Die Körperflüssigkeiten hatte eine Kruste auf seiner Haut gebildet. Harry wischte sich mit dem Handrücken über seine Wangen.
Er versuchte, seine steifen Glieder zu bewegen, und erhob sich zitternd. Es fühlte sich an, als hätte sich die Kälte bis zu seinen Muskeln gefressen und das Knochenmark zu Eis werden lassen.
Harry ballte seine tauben Finger zu Fäusten. Sein Atem bildete kleine Wolken. Er torkelte zur Kommode und versuchte diese zu öffnen. Er zerrte vergeblich an dem Knauf. Eine dünne Schicht Frost hatte sich auf dem Holz und dem Metall gebildet. Er zischte einen kurzen Wärmezauber und das Eis schmolz.
Hastig griff er nach den leeren Horkruxen. Seine Finger umschlangen den ledernen Einband des Tagebuches und die dünne Kette des Medaillons.
Seine Atmung normalisierte sich.
Mit dem Tagebuch und der Kette stolperte er zum Sofa und fiel auf das ausgeleierte Polster.
Seine bebenden Hände drückten die Seelenstücke an seine Brust.
Harry konnte an nichts denken. Seine Gedanken glichen Fliegen, die in einem Netz klebten. Und in der Ecke lauerte die Spinne. Ihre roten Augen hingen hungrig an den zappelnden Insekten. Er würde bei lebendigem Leibe gefressen werden.
Er dachte an Aragog; an das ekelhafte Klicken seiner Zangen - und an Rons Schreie.
Ron...
...Ginny...
Er sah sie vor sich. Wie sie auf dem nassen Boden der Kammer lag. Ihr Gesicht weiß. Ihre Hände kalt. Und neben ihr Tom...
Harry blickte hoch. Er sah in das Gesicht des jungen Mannes. Er sah das hohnvolle Grinsen...
Eine Gänsehaut bildete sich auf seinen Armen. Seine Nackenhaare stellten sich auf. Etwas riss an seiner Brust. Er zog die Beine an die Brust und schlang seine Arme um die Knie.
Er fühlte sich allein.
Etwas fehlte.
Und dann überkam ihn die Wut.
Der Hass.
Er schrie.
Das Sofa, der Tisch, die Kommode - alles in dem Raum flog zur Seite. Das Glas der Fenster zersprang. Er rannte zur anderen Seite des Raumes. Er schlug seinen Kopf gegen die Wand. Immer und immer wieder. Risse bildeten sich in dem Putz. Er kratzte mit seinen Fingernägeln über die faulige Tapete. Sein Steckbrief fing Flammen.
Harry wollte alles um sich herum zerstören. Alles fühlte sich falsch an. Ekelhaft. Hässlich.
Ein letztes Mal hämmerte er mit seiner Stirn gegen die Mauer.
Er brüllte. Seine Hände krümmten sich zu Fäusten. Dann schlug er sich. Seine Knöchel landeten immer wieder an seiner Schläfe. Er zog an seinen Haaren; kratzte über seine Arme.
Er war verrückt!
Er war verrückt!
Er war verrückt!
Und wieder schrie er.
All die Last, all die Schuld, all das Elend, dss er verursacht hatte, fanden ihren Weg nach draußen. All die Tränen, die sich in ihm aufgestaut hatten, strömten über sein Gesicht. Er hasste sich! Er hasste sich für all das! Wieso war er es?!
Wieso nicht dieser dicke Longbottom? Dieser Hurensohn musste sicherlich schon tot sein. An ihm konnte er seinen Zorn nicht auslassen.
Seine Gedanken kreisten weiter.
Er war in einem Tunnel. Harry wurde in die Ecke gedrängt. Die beklemmende Kälte kroch durch seine Adern. Sie lähmte ihn. Die Angst lähmte ihn. Er konnte nicht sprechen. Er konnte nicht atmen. Er konnte nur geradeaus starren. In das vermummte Gesicht.
Aus den Augenwinkel sah er Dudley. Er sah seinen fetten Cousin auf dem Boden kriechen. Weg vor den Dementoren.
Ihm wurde schlecht. Abscheu überkam ihn.
Wären sie nicht gewesen!
Seine scheiß Verwandten!
Seine Augen stoppten in ihrem Zucken.
Er war verrückt geworden.
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Novum Ameno
Romance3 Jahre sind seit der Schlacht von Hogwarts vergangen; die Muggel wissen von der Zaubererwelt und Voldemort hat den Krieg so gut wie gewonnen. Nur noch Amerika kann den Streitmächten des dunklen Lords standhalten. Harry Potter ist untergetaucht und...