~*Türchen 8*~

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Wie jeden Freitag stand sie auch heute an der Bushaltestelle nahe ihres Elternhauses

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Wie jeden Freitag stand sie auch heute an der Bushaltestelle nahe ihres Elternhauses. Dick eingepackt in Mantel, Stiefel, Wollmütze und Schal, fror sie immer noch erbärmlich. Ihre Hände vergrub sie tief in ihren Manteltaschen und wartete auf den Bus, der sie zu ihrer Großeltern bringen soll.

Schon seit sie ganz klein war, besuchte Suri freitags ihre Großeltern und blieb gelegentlich auch über Nacht bei ihnen. Suri mochte diese kleine Tradition, die sie mit ihnen pflegte. Am meisten freute sie sich auf die Hotteok, die ihre Großmutter immer für sie machte. Sie liebte die kleinen mit Zimt und Zucker gefüllten Pfannkuchen ihrer Großmutter.

Der Bus hielt vor ihr an und sie versuchte noch irgendwie in den ohnehin schon überfüllten Bus zu kommen. Suri konnte nicht genau sagen wie, aber sie hatte es geschafft sich in die Mitte des Busses vor zu arbeiten. Jedoch fand sie hier keine Möglichkeit sich festzuhalten. Für die obere Haltestange war sie zu klein und die Haltemöglichkeiten, die sich rechts und links befanden, waren zu weit weg. Also hoffte sie einfach, dass in dem Bus genug Menschen wären, um jegliches Festhalten überflüssig zu machen.

Als der Bus losfuhr kam ihr einer der Passagiere gefährlich nahe, sodass sie das Gleichgewicht verlor und denjenigen hinter sich anrempelte. „Verzeihung", murmelte sie und versuchte ihren Stand bei dem Gewackel wieder zu stabilisieren. Sie hasste Busfahren. Schon immer. Wieder fiel sie auf den armen Passagier hinter ihr. Er tat ihr schon leid und sie würde sich bei Gelegenheit definitiv anständig entschuldigen.

Plötzlich wurde sie von hinten gepackt und herumgewirbelt, so dass sie sich ohne jegliche Vorwarnung zwischen dem Fenster und der Person, die eigentlich hinter ihr sein sollte, stand. Sie sah hoch in das Gesicht der Person, die nun vor ihr stand und wollte eigentlich protestieren, doch ihr stockte der Atem. Jeno. Ihr Kopf war mit einem Mal furchtbar leer, all die Worte, mit denen sie sich beschweren wollte, waren weg. Er war ihr sehr nahe. Viel zu nahe.

„Halt dich fest, da kommt gleich eine Kurve", sagte er leise und ohne sie anzusehen. Sein Blick glitt über sie hinweg aus dem Fenster und seine Hand umfasste die Stange über seinem Kopf, die andere befand sich wieder in seiner Jackentasche. „Halt dich fest, der war gut. Wo denn bitte?", sah sie sich nach etwas zum Festhalten um.

Die Kurve kam und sie hielt sich am erstbesten fest, das sie erwischen konnte. Seine Jacke. Sie wurde gegen das Fenster gedrückt, seine Hand schlug direkt neben ihr auf die Glasscheibe. Geschockt sah sie zuerst seine Hand und dann ihn an, ihr Herz raste ihr bis in den Kopf und sie konnte ihr Blut in den Ohren rauschen hören. Eine Panikattacke klopfte mit großen Pranken an und wollte sie verschlingen. Suri schaffte es sie gerade so niederzuringen.

Es dauerte etwas, bis Suri bemerkte, dass er ihr noch ein Stück näher gekommen war. Sie konnte die leichte, sehr angenehme Vanillenote in seinem Parfum wahrnehmen, so nahe stand er ihr. Noch einmal schweifte ihr Blick nach oben, er sah immer noch aus dem Fenster. Nun stand sie da, klammerte sich an seiner offenstehenden Jacke fest und starrte auf seinen Oberkörper. Sie erkannte, das er unter seiner Jacke nur ein Shirt trug und augenblicklich fröstelte es sie.

Die gesamte Situation kam ihr so vollkommen surreal vor. Sollte sie etwas sagen? Sich bedanken? Nachdenklich kaute sie sich auf ihrer Unterlippe herum und sah immer wieder nach oben zu seinem Gesicht. Er sagte nichts. Kein abfälliges Kommentar, gar nichts. Er stand einfach nur da, eine Hand an der Haltestange über ihm, die andere in der Jackentasche und sein Blick fixierte das Fenster. Er wirkte so anders als noch im vergangenen Schuljahr. Seine Gesichtszüge waren weicher geworden, sanfter fand sie. „Was tu ich denn hier?", schoss da der Gedanke durch ihren Kopf, der ihr eigentlich schon viel früher hätte kommen sollen.

Sie lockerte ihren Griff, ließ seine Jacke los und drehte sich um. Wie in Trance starrte sie aus dem Fenster. „Wie willst du dich denn jetzt festhalten?" riss seine Stimme, die so nahe an ihrem Ohr war, dass sie schon annahm er wäre in ihrem Kopf, sie wieder in die Gegenwart zurück. Sie erstarrte. Seine Stimme klang noch genauso wie in der Middle-School. Etwas tiefer vielleicht, aber sie jagte ihr immer noch einen kalten Schauer über den Rücken. Sie zitterte am ganzen Körper.

Viel Zeit, um sich eine Antwort auf seine Frage zu überlegen blieb ihr nicht, denn da kam schon die nächste Kurve. Sie spürte seinen Arm um sie herum und im nächsten Augenblick drücke er sie an sich. Nach einem Blick nach unten stellte sie fest, dass sein linker Fuß weiter vorne stand. Er musste seinen Standpunkt geändert haben, um auch ohne eine Hand am Fenster ordentlich stehen zu können.

Da war sie wieder. Die Panikattacke, die mit ihrem bösartigem Grinsen direkt vor Suri stand. Ihre Hände wurden schweißnass und kalter Schweiß lief ihr die Schläfen und den Rücken hinunter. Diese Situation hatten sie schon einmal, nur ohne Bus. Mit langen knochigen Fingern legte sich die Panik um ihren Hals und schnürte ihr die Luft ab. Ihr Atem wurde hektischer, ihr Herz hämmerte gegen ihren Brustkorb. Der Bus schien immer kleiner und enger zu werden.

Da ertönte ihre Rettung aus den Lautsprechern des Busses, die nächste Station wurde angekündigt. Der Bus hielt und sie kämpfte sich aus seinen Armen und aus dem Bus hinaus auf die rettende Straße.

Ihr Hände hatte sie auf ihre Knie gestützt, als sie auf dem Bürgersteig an kam. Suri holte tief Luft, um die Panik zu vertreiben murmelte sie immer wieder vor sich hin: „Hier gibt es...genug Luft...Hier gibt es genug Luft..." Sie spürte, wie die kalte Winterluft ihre Lunge wieder füllte. Auf wackeligen Beinen setzte sie einen Fuß vor den anderen, Suri wollte hier einfach nur weg.

„Du musst keine Angst vor mir haben", hörte sie ihn wieder hinter sich. Er war auch ausgestiegen, offensichtlich wollte er auch hierhin. „Ganz ruhig, Suri. Dahinten ist das Haus deiner Großeltern. Also stell dich nicht so an und lauf endlich!", befahl sie sich selbst. „Das sehe ich anders", sprach sie laut aus und lief dann eiligen Schrittes auf das Haus ihrer Großeltern zu.

Sie drehte sich nicht um, sondern fixierte das vertraute und jetzt auch rettende Haus...

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