~*Türchen 21*~

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„Darf ich mich zu dir setzen?", wurde sie flüsternd gefragt, während sie in der Bibliothek saß und ihre Hausaufgaben nachholte

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„Darf ich mich zu dir setzen?", wurde sie flüsternd gefragt, während sie in der Bibliothek saß und ihre Hausaufgaben nachholte. Sie musste nicht einmal aufsehen, um zu wissen, wer sie das fragte. Seine Stimme würde sie fast überall erkennen. „Du kannst tun, was auch immer du willst", gab sie ihm, ohne von ihren Aufgaben aufzusehen, zur Antwort.

Sie vernahm einen Seufzen und merkte dann, wie ein Buch auf den Tisch gelegt wurde. Den Geräuschen, die sie dann wahrnehmen konnte, entnahm sie, dass er sich die Jacke auszog und sich auf den Stuhl ihr gegenüber setzte. Suri blickte noch immer nicht auf. Sie hatte Angst ihm ins Gesicht zu sehen, seit Montag hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Hyuk Jae hatte zugestimmt, dass sie zuhause bleiben konnte, doch heute ließ er nicht mit sich reden und sie musste wieder zur Schule gehen. Ihre Gedanken hatten sich die letzten Tage mehrmals im Kreis gedreht.

Es schoben sich zwei karierte Blätter in ihr Blickfeld. Sie erkannte ihre Handschrift, es waren die Seiten, die sie ihm am Montag überlassen hatte. Ganz unten auf der Seite, stand in seiner Handschrift: „Danke." Dieses eine Wort brachte sie total aus dem Konzept. Hatte er sich schon jemals bei ihr für auch nur irgendwas bedankt? Während sie noch darüber nachdachte, was dies bedeuten würde, schoben sich drei weitere Blätter über ihre.

Nun sah sie doch auf, deutete auf die Seiten und fragte: „Was ist das?" Kurz erschrak sie. Er sah genauso schrecklich aus, wie sie sich fühlte. „Du warst die letzten Tage nicht da. Ich dachte ich revanchiere mich und habe für dich mitgeschrieben", gab er von sich. Er sah sie nicht an. „Warum?" „Es fühlte sich richtig an", immer noch sah er sie nicht an.

„Wegen Montag?", wollte sie wissen. „Wegen allem", sprach er aus und starrte die Wand links von ihm an. In Suri kochte die Wut hoch, aber sie hielt sich unter Kontrolle. „Das Montag war nicht deine Schuld", versuchte sie einen neuen Ansatz." „Das sehe ich anders", er kramte in seiner Tasche, während er das sagte.

„Lee Jeno, sieh mich endlich an!", riss ihr nun der Geduldsfaden. Sie hasste es, wenn man mit ihr sprach, sie aber nicht ansah. Seinem Blick entnahm sie, dass er damit am aller wenigsten gerechnet hatte. „Offensichtlich versuchst du mir hier irgendwas zu sagen, aber ich verstehe nicht was, wenn du mir nur halbgare Antworten gibst. Also sprich in anständigen und nachvollziehbaren Sätzen und sieh mich dabei gefälligst an!", gab sie von sich. „Tut mir leid", flüsterte er und wand sich wieder ab.

„Das macht so keinen Sinn. Ich such mir einen anderen Tisch", sagte sie schließlich und packte ihre Sachen zusammen, schulterte ihren Rucksack und wollte gehen. Sie wurde gestoppt. Von ihm. Er hielt sie am Handgelenk fest. Ohne ein Wort zu sagen, stand er auf, nahm ihr Block und Buch aus der Hand und legte beides auf den Tisch. Dann zog er sie mit sich.

Völlig überrumpelt folgte sie ihm, bis er endlich stehen blieb. Während sie noch überlegte, welchen Zweck er verfolgte hörte sie ihn „Es tut mir leid" sagen. „Mir tut einfach alles leid. Ich weiß, dass du mir nie verzeihen wirst und eigentlich habe ich das auch gar nicht verdient. Sag mir wie ich...", er brach ab. Suri starrte auf seinen Rücken. Er zitterte.

„Wieso konntest du mir das nicht vorhin am Tisch sagen?", forderte sie zu wissen. „Weil...da waren... Ich...", stammelte er vor sich hin. „Da waren zu viele andere Schüler. Ich konnte dort nicht..." Sie löste sich aus seinem Griff und trat um ihn herum.

Sie sah ihn direkt an. „Kannst du dir denn verzeihen?", wollte sie leise wissen und legte behutsam eine Hand auf seinen Arm. Jeno erzitterte unter ihrer Berührung. „Er hat Angst", ging es ihr durch den Kopf, „Aber wovor? Vor mir?" Sie sah ihn mitfühlend an. Er schüttelte den Kopf, seine Haare tanzen mit der Bewegung mit. Ihre Hand legte sich auf seine Wange und zwang ihn sanft sie anzusehen. „Wie soll ich dir verzeihen, wenn du dir selbst nicht verzeihst?", wollte sie wissen.

Er blieb stumm. „Was ist über den Sommer passiert, dass du so anders bist?", erkundigte sie sich und endlich wand er seinen Blick nicht mehr von ihr ab. „Ist es der Einfluss deiner neuen Freunde, dass du nicht mehr diese negative Ausstrahlung hast?", wollte sie weiter wissen. Er musste ihr helfen all das zu verstehen. Denn seit Beginn des neuen Schuljahres erkannte sie ihn nicht wieder. Als sie auf der Klassenliste seinen Namen las, erwartete sie das Schlimmste. Doch es passierte nichts.

„Ich bin wie immer", schien er endlich begriffen zu haben, wofür er eine Stimme hatte. „Irgendwie nicht", schmunzelte Suri, „Ich habe dich vor zwei Jahren anderes kennengelernt, dann hast du dich so sehr verändert und nun passiert es wieder. Du wirst also verstehen, wenn ich etwas verwirrt bin. Hilf mir dein Verhalten zu verstehen."

„Das war nicht ich. Verstehst du ich war nicht der Junge, der dich kaputt gemacht hat. Ich war nicht der Junge, der Shura wie ein Schoßhund folgte. Das alles war nicht ich", hörte sie ihn sich selbst Vorwürfe machen. „Dann hast du über den Sommer wieder zu dir selbst gefunden?", fragte sie ihn und sah ihm direkt in die Augen. Darin erkannt sie nichts wieder das ihr bekannt war. Seine wunderschönen braunen Augen waren getränkt von Verzweiflung. Er nickte nur und wand sich wieder von ihr ab.

„Jeno, bitte sieh mich an", bat sie ihn, „Ich bin bereit die Vergangenheit zu vergessen. Weißt du, ich mochte den lustigen und fröhlichen Jungen, den ich vor zwei Jahren in der Bücherei kennengelernt hatte." Sie griff instinktiv nach seiner Hand, während sie weiter sprach: „Wenn du also wieder dieser Junge bist, dann finde ich das sehr schön. Ehrlich."

Sein Blick hatte sich ihr wieder zu gewandt, während sie sprach. Seine Hand hatte er ihr nicht entzogen. Eine kleine Weile standen sie genauso in dem Gang zwischen den Bücherregalen. Suri hielt seine Hand und sie sahen einander lediglich an.

„Wenn du bereit bist dir selbst zu verzeihen und aufhören kannst in der Vergangenheit zu leben, dann bin auch ich bereit dir zu verzeihen was war. Das, was war, ist vergangen und lässt sich nicht mehr ändern. Egal wie sehr wir es wollen. Ich bitte dich, komm zu mir in die Gegenwart", gab sie ihm zu verstehen und erkannte in seinem Blick einen kleinen Funken der Hoffnung aufflackern.

„Wir haben gleich Probe, komm nicht zu spät", damit drehte sie sich um und ließ ihn einfach stehen. Sie fand, sie hatte ihm für einen Nachmittag genug zum Nachdenken gegeben. Schmunzeln ging sie aus der Bücherei, wie würde er sich wohl entscheiden. Irgendwie fühlte sie sich gerade jetzt in diesem Moment so viel freier als noch nie zuvor.

„Suri?", hörte sie ihn fragen kaum dass sie aus der Bücherei gegangen war. Sie drehte sich um und erkannte, dass er direkt hinter ihr stand. „Danke", flüsterte er ihr entgegen. Das Lächeln, an dem er sich versuchte, war eindeutig ausbaufähig, aber es machte sie unheimlich glücklich. Sie erwiderte sein Lächeln und setzte dann ihren Weg fort.

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