~*Türchen 20*~

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Dong Hae hatte nicht damit gerechnet, dass er sich tatsächlich melden würde und dennoch saß er jetzt hier in dem kleinen Café im Tempelpark, und wartete auf ihn

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Dong Hae hatte nicht damit gerechnet, dass er sich tatsächlich melden würde und dennoch saß er jetzt hier in dem kleinen Café im Tempelpark, und wartete auf ihn. Lee Jeno. Der Student hatte bewusst nicht das Center gewählt, zu groß war die Gefahr, dass irgendwer sie stören könnte. Außerdem wollte er Jeno bei der Gelegenheit etwas zeigen und das ging nur hier im Tempelpark.

An einem der Tische in der hinteren Ecke des Cafés saß er nun und rührte in seinem Kaffee herum. Schon am vergangenen Samstag wollte er Suris Mitschüler helfen. Aber nicht nur ihm sondern auch ihr wollte er helfen, damit sie endlich zu sich selbst zurückfinden konnte. Dong Hae wusste um ihre Gefühle für ihren Mitschüler, mehr als einmal hatte er das Foto von ihm gesehen, das sie als Lesezeichen in ihrem Lieblingsbuch hatte.

Schon Anfang des Monats wusste er, dass keine echte Panik in ihrem Blick lag, als sie erfuhr, für wen sie der Wichtel sein würde. Es war die Angst vor ihren eigenen Gefühlen und die Angst davor, dass er sie zurückweisen könnte. Vielleicht konnte er Jeno heute einen kleinen Schubs in die richtige Richtung geben, denn er vermutete, dass auch der junge Mann Gefühle für die kleine Schwester seines besten Freundes hatte.

Das Glöckchen an der Tür des Cafés ließ ihn den Blick auf den Eingang richten. Er hörte auf in seinem Kaffee herumzurühren. Jeno betrat das Café und sah sich um. Dong Hae hob die Hand, um sich bemerkbar zu machen.

„Hallo", begrüßte Jeno ihn knapp, „Meine Verspätung tut mir leid." „Mach dir keine Gedanken, ich warte noch nicht lange. Willst du etwas trinken?", gab Dong Hae von sich und winkte eine der Bedienungen her. „Einen heiße Schokolade mit etwas Minze, bitte", bestelle Jeno und richtete dann seinen Blick auf die Tischplatte.

„Wir sind nicht hier, damit ich dich verspeisen kann. Du kannst mir also ins Gesicht sehen", schmunzelte Dong Hae und der Jüngere richtete seinen Blick auf ihn. „Wie es scheint hat dich der Schlaf die letzten Nächte gemieden", vermutete er, als er das übermüdete Gesicht seines Gegenüber musterte. Jeno nickte. „Deine Freunde wissen Bescheid?", wollte Dong Hae wissen, bevor er von seinem Kaffee trank. Jeno sah ihn fragend an. „Ich hab meine Quellen", gab er von sich und stellte seine Tasse wieder auf dem Tisch ab.

„Sie kennen das Wesentliche", gab Jeno zu verstehen. „Sehr schön. War deine Angst begründet?", erkundigte sich Dong Hae. Jeno schüttelte den Kopf. „Siehst du, manchmal muss man einfach vertrauen. So wie wir zwei uns gerade vertrauen", lächelte Dong Hae ihn an, „Also nun hätte ich gerne deine Sicht der Dinge gehört. Was von dem was ich gehört habe, ist denn nun wahr? Oder anders gefragt, welche der Liebenswürdigkeiten sind deinem Kopf entsprungen?"

„Keine einzige", gab Jeno ehrlich zu. „Keine?" „Nein, ich war immer nur der Idiot, der sie ausgeführt hatte." „Willst du dass ich frage, warum das so war?" stellte er eine weitere Frage, die Jeno verneinte. Dong Hae wollte eine weitere Frage stellen, doch der Junge vor ihm hob den Kopf, es glitzerten Tränen in seinen Augen: „Ich bereue alles, was war und ich weiß, dass ich es nie wieder gut machen kann. Wie denn auch, ich habe sie ja komplett verstört."

Mit so viel Ehrlichkeit hat der Collegestudent nicht gerechnet und reichte dem Oberschüler ein Taschentuch. Noch bevor er irgendetwas sagen konnte redete Jeno weiter: „Ich weiß nicht einmal, warum ich ihr all diese Dinge angetan habe. Sie war immer lieb zu mir, selbst als ich so ekelhaft zu ihr war. Ich mochte sie doch... das tu ich noch immer. Mehr als das. Ich liebe sie."

Jeno legte sich erschrocken beide Hände an den Mund, ganz so als hätte er eben das größte Staatsgeheimnis ausgeplaudert. Dong Hae erkannte an seinem Blick, dass Jeno nicht eine Sekunde über seine Worte nachgedacht hatte, sondern einfach aussprach, was er in diesem Moment fühlte. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. „Wusste ich es doch", dachte sich Dong Hae.

„Hör zu, ich glaube, dass du und auch Suri für die jetzige Situation nichts könnt. Ihr seid da einfach irgendwie reingeraten. Du hast eine dumme Entscheidung getroffen und Suri hat viel zu lange geschwiegen", sprach er aus, was er dachte, „Ich glaube aber auch, dass es nicht so bleiben muss. Ihr werdet die Distanz zwischen euch überwinden." In Gedanken fügte er an: „Verdient hättet ihr es beide."

Nun hatte er die ungeteilte Aufmerksamkeit seines Gegenüber. „Wie meinst du das?", wurde er gefragt. Bevor er jedoch antwortete sah er auf seine Armbanduhr. 17:45. Es müsste so weit sein. „Trink aus, ich will dir etwas zeigen", forderte er den Jungen vor sich auf und winkte abermals eine Bedienung an den Tisch, um die beiden Getränke zu bezahlen.

Wenig später standen sie vor dem Café und Dong Hae führte den Jüngeren den Weg entlang zum Tempel. „Was wollen wir hier?", fragte Jeno leise. „Abwarten", gab Dong Hae rätselhaft von sich. Der Teenager neben ihm wollte noch etwas sagen, da erkannte er, dass es so weit war und deutete auf den Eingang.

Suri spazierte in die Tempelanlage, holte sich ein Räucherstäbchen und ein Holztäfelchen, damit ging sie in den Tempel. „Das macht sie jeden Mittwoch", sprach Dong Hae aus, „immer zur selben Zeit." „Für was betet sie?", wollte Jeno wissen. „Zeig ich dir, wenn sie fertig ist", gab er zur Antwort. Er konnte Jeno ansehen, dass er ungeduldig war. „Du wirst es mir nicht glauben, wenn du es nicht selbst siehst", fügte er daher an.

Die junge Buddhistin verließ eine viertel Stunde später den Tempel wieder. „Komm mit", forderte er Jeno auf und dieser folgte ihm bereitwillig. „Sie nimmt immer die gleichen Emas. Immer die mit einem Drachen darauf", erklärte er seiner Begleitung und drehte die besagte Holztafel um, „und sie schreibt auch immer denselben Wunsch drauf." Er sah wie Jeno sich die Schriftzeichen ansah und wie sich seine Augen weiteten. „Aber...", flüsterte Jeno.

„Buddhisten beten nicht für sich selbst. Sie beten für andere und auch ihre Wünsche richten sich immer danach, was anderen gut tut", erklärte Dong Hae. „Ich denke aber, dass Suri auch so wäre, wenn sie keine Buddhistin wäre. Es liegt einfach in ihrem Charakter sich selbst zurückzunehmen, damit es anderen gut geht. Vielleicht haben alle anderen in ihrem Umfeld deshalb das Gefühl sie beschützen zu müssen", erzählte er weiter, während er die Tafel noch immer in der Hand hielt.

„Trotz unserer Vergangenheit...", begann Jeno, brach dann jedoch ab und senkte demütig seinen Blick. Dong Hae sah ihn mitfühlend an und wollte von ihm wissen: „Weißt du, warum man Vergangenheit sagt?" „Nein, warum?" „Weil sie sich nicht mehr ändern lässt. Es ist passiert und wir müssen damit umgehen. Wichtig ist das Jetzt. Versuche mit deiner Vergangenheit abzuschließen, damit du in der Gegenwart leben kannst und deine Zukunft wachsen kann", erklärte er dem Jüngern. Dong Hae war von sich selbst ganz überrascht, solch ein Satz passte sehr viel besser zu Suri. Er lächelte sanft.

Zaghaft nahm Jeno die kleine Holztafel mit dem kunstvoll gestalteten Drachen darauf in die Hand und laß noch einmal die Bitte, die Suri in ihrer wunderschönen Handschrift darauf geschrieben hatte:

„Hilf ihm, sich selbst zu verzeihen."

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