Kapitel 33

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Ich spürte etwas kleines Weiches in meinem Gesicht, entschied mich allerdings dazu, es zu ignorieren. Es war noch viel zu früh und ich viel zu erschöpft, um bereits aufzustehen. Entschlossen drehte ich mich auf die Seite und wollte weiterschlafen. Allerdings hörte es nicht auf. Von oben viel irgendetwas herab, genau in mein Gesicht. Egal wie ich die Position änderte, es hörte nicht auf.

Ich versuchte weiter, erneut in den Schlaf zurückzufinden, doch ich hatte keinen Erfolg. Langsam öffnete ich meine Augen und schloss sie sofort, als ich bemerkte, wie hell es war. Hatte ich vergessen, die Vorhänge zu schließen? Ein leichter Kopfschmerz nahm von mir Besitz und ich versuchte es erneut.

Meine Augen geöffnet starrte ich gegen die weiße Decke.

„Na endlich Dornröschen. Ich dachte schon ich muss mich weiter langweilen und dir beim schnarchen zuhören. Außerdem macht es keinen Spaß, dich mit den billigen Papiertücher abzuwerfen."

„Ich schnarche nicht", erwiderte ich Emilio.

Moment. Emilio?!

Ruckartig drehte ich mich zu ihm und starrte ihn verwundert an. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich mich weder in meiner Wohnung, noch in Leanos Haus befand.

Die Erinnerungen an die vergangene Nacht schossen mir in mein Gedächtnis und ich musste die aufkommende Panik und Tränen unterdrücken.

Die Schüsse, die Toten, Leano, Emilio, Adelia. Alles schoss mir durch den Kopf.

„Ich bin noch kein Engel und dich besucht auch kein Toter. Also schau mich nicht so an, als hättest du einen Geist gesehen", witzelte Emilio.

Er und sein dreckiger Humor.

Ich richtete mich langsam auf und schaute mich in dem Raum um. Er war minimalistisch eingerichtet. Neben den zwei Betten befanden sich darin noch ein Nachttisch und ein großer Kleiderschrank. An der Wand hing ein großer Fernseher.

Es war ein Krankenhauszimmer. Ein Blick an mir herab, bestätigte Emilios Aussage. Er hatte mich mit kleinen Papierkügelchen abgeworfen, welche jetzt überall verteilt im Bett und auf dem Boden lagen.

Ich wandte mich wieder Emilio zu und sah in fragend an.

„Ich wurde angeschossen. Weswegen du hier liegst kann dir nur Leano beantworten. Vielleicht habt ihr auf der Kücheninsel ein kleines Erbsenbaby gezeugt und er will sicher gehen, dass es ihm gut geht."

Er setzte ein dämliches Grinsen auf und mir blieb nichts anderes übrig, als ihm ein Kissen in sein Gesicht zu werfen.

„Ich bin nicht schwanger, Idiota! Wir haben nicht einmal miteinander geschlafen und glaube mir soweit wird es in Zukunft auch nicht kommen."

Nachdem er leicht schmerzvoll aufstöhnt, tat mir meine Racheaktion sofort wieder leid.

„Pupetta, glaube mir. Bald wirst du seinen Namen stöhnen."

„Vergiss es!"

Am liebsten hätte ich erneut ein Kissen auf ihn geschmissen, doch mein Gewissen riet, mir dies nicht zu tun. Es gab Wichtigeres. Ich wollte aufstehen, um nach Leano zu suchen. Er schuldete mir noch etwas. Allerdings bemerkte ich schnell, wie Schwindel mich einnahm und ich ließ mich wieder auf das Bett fallen. Emilios sorgenvoller Blick lag auf mir. Doch ich ignorierte ihn und nahm das Glas Wasser vom Nachttisch, um es hastig zu leeren.

Ein prüfender Blick an mir herunter zeigte mir, dass ich nicht mehr die blutige Kleidung von letzter Nacht trug. Jemand musste mich umgezogen haben.

„Wer hat meine Kleidung gewechselt?"

„Leider nicht ich." Der Witzbold zwinkerte mir noch zu. Ich konnte allerdings nicht weiter nachhaken, denn die Tür öffnete sich. Ein Mann mit einem schwarzen Hemd und schwarzer Stoffhose trat in den Raum. Er musste sich ebenfalls umgezogen haben.

„Es freut mich, dass es dir besser geht mein Bruder", sprach die dunkle Stimme zu Emilio gewandt. Dann drehte er sich zu mir und seine wunderschönen rehbraunen Augen fesselten mich.

„Wie geht es dir, meine Blume?"

„Alles bestens", erwiderte ich schnippisch. Die Zeit der Nettigkeiten war vorbei. Ich wollte antworten. Genau jetzt und hier.

Ich versuchte, erneut aufzustehen, und diesmal gelang es mir. Wir standen zwar nicht auf Augenhöhe, dafür war Leano zu groß. Allerdings fühlte ich mich nicht mehr wie die Beute vor ihrem Jäger.

„Was ist in der Villa geschehen?", fragte ich erneut. Nachdem er mir letzte Nacht keine Antworten auf diese Frage gegeben hatte, hoffte ich jetzt darauf, welche zu bekommen.

Meine Stimme sollte gefasst klingen jedoch tat sie es nicht. Leano musste hören, wie ein Hauch von Angst in ihr mitschwang.

Im Augenwinkel bemerkte ich, wie sich Emilio verspannte und sich langsam aufsetzte. Er wirkte taff, doch beim genauen hinsehen, bemerkte ich Schmerz in seinen Augen. Seine Wunde musste höllisch wehtun.

Ich hob mein Kinn an und hoffte so die Angst überspielen zu können.

„Du willst wissen, was in der Villa passiert ist?" Seine Stimme klang wütend und ich wusste nur zu gut, er wollte dieses Gespräch nicht führen. Doch er war es mir schuldig. Ich wollte es wissen.

„Setz dich", befahl er mir und ich gehorchte.

„Sag mir die Wahrheit Leano", bat ich ihn ein letztes Mal.

Emilio saß weiterhin in seinem Bett, während ich mich langsam auf der Kante meines Bettes niederließ. Leano platzierte sich stehend neben Emilio.

„Also gut. Ich wünschte die Umstände wären andere. Ich wollte dir alles in Ruhe erklären, aber die Dinge haben sich geändert."

Ungeduldig fing ich an, auf meiner Lippe herumzukauen. Zögerte er das Ganze wirklich wie in einer Show heraus?

„Milena der Angriff auf die Villa war beabsichtigt, es war kein Zufall oder ein Überfall. Jemand hat diesen Angriff bewusst geplant. Einer meiner Feinde", begann Leano und ich hörte gespannt zu. Bei seinen Worten lief es mir eiskalt den Rücken herunter.

„Feinde?"

„Ja. Serafino ist einer meiner Feinde. Ihn hast du bereits kennengelernt, als du in seine Weichteile geschossen hast."

Ein Prusten ging los und mein Blick fiel auf Emilio.

„Scheiße, du hast dem wichser in die Eier geschossen?"

Ich hatte das Gefühl, er würde vor Lachen gar keine Luft mehr bekommen.

„Das hat sie", erwiderte Leano ihm, ohne dabei den Blick von mir zunehmen. In seiner Stimme vernahm ich einen stolzen Unterton. War er etwa stolz darauf, dass ich einem Mann angeschossen habe? Er musste verrückt sein.

„Also seid ihr Kriminelle? Mörder? Verbrecher?"

Nach dieser Frage musste ich schwer schlucken. Wenn sie auf diese Frage mit ja antworten, wäre ich tot, so zumindest ist es in den Filmen, welche ich geschaut hatte. Doch das hier war kein Film. Es war die kranke Realität und vermutlich würde es schlimmer sein.

„Pupetta, traust du uns wirklich so wenig zu?", fragte Emilio mich und ich wandte meinen Blick zu ihm. Sein Gesicht war ernst und ich erkannte rein gar nichts mehr von den humorvollen Mann, zu welchen ich dachte, ich hätte eine Freundschaft entwickelt.

Ein Blick zu Leano bestätigte mir ebenfalls, wie ernst auch er war.

Der Raum ließ keine Luft mehr übrig und mir wurde schlagartig kalt, als Emilio die folgenden Worte aussprach.

„Wir sind die fucking Mafia"

⭐️⭐️⭐️

Miracle of the Mafia BossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt