12(Olivia)

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„Du bist enttäuscht", stellte ich nüchtern fest. „Das wird sich legen", antwortete sie und versuchte mich anzulächeln, „Ich will einfach nicht, dass dieser Opa durch die Zeit reist. Allein." „Aber er war von uns allen drei am besten angepasst", versuchte ich sie zu beruhigen und fragte mich wie lange die beiden sich schon kannten. „Darum geht es nicht", erwiderte sie genervt, "Olivia, du musst verstehen, dass wenn es Zeitreisen wirklich gibt und wir wirklich in der Vergangenheit waren der Schmetterlingseffekt eine reale Gefahr darstellt. Jede kleinste Handlung oder Entscheidung, die wir in der Vergangenheit treffen, kann massive Veränderungen in der Zukunft verursachen. Es ist wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, der einen Tornado auslösen kann." Ich runzelte die Stirn, so früh am Morgen fiel mir das Denken schwer: "Aber warum erzählst du mir das jetzt?"

"Es ist wichtig, weil, wie ich Jonas kenne, er in Erwägung ziehen wird, erneut in die Vergangenheit zu reisen", erklärte Emma. "Ich glaube nicht, dass das alles ein Zufall war. Dafür hat er sich viel zu komisch verhalten." Ich konnte die Unsicherheit in Emmas Augen sehen, ein Flackern, das sie versuchte zu verbergen "Was ist los", fragte ich geradeheraus. „Ich habe das Gefühl ihn nicht einschätzen zu können", gab sie zu und gab die Eier auf zwei vorbereitete Teller, legte Brot dazu und setzte den Wasserkocher auf, "Tee?" Ich nickte. „Ich kenne ihn schon seit langer Zeit, aber ich kann dir nicht sagen, was seine Hobbies sind", sie lachte bitter, „Er meine sicher auch nicht. Wir sind distanzierte Arbeitskollegen. Aber falls sein neues Hobby Zeitreisen sind, dann habe ich Sorge" Sie seufzte laut: „Ich glaube ihm mittlerweile nicht mal mehr, dass er das Bild vom Flohmarkt hat"

Dann forderte sie mich auf uns hin zu setzen und zu essen. Wir schwiegen, wir tranken schweigend den Tee, den sie ein paar Minuten später aufgegossen hatte. „Ich werde mit ihm heute reden, was sein Plan ist", sagte sie als ich das Haus um 6:45 Uhr mit ihr verließ, „Wenn du eh nicht mitkommst, kannst du die Blumen gießen" Ich wollte gerne protestieren und sagen, dass ich nie gemeint hatte nicht mit zu kommen, doch im selben Moment packte mich die Angst vor dem Neuen und Unbekannten.

Nach der Arbeit, ich hatte dabei geholfen eine neue Ausstellung für das städtische Museum vorzubereiten, rief ich meinen Vater an. Ich wusste nicht, ob er noch arbeitete oder nicht, dank des Schichtdienst war das immer ein Glücksspiel. „Hallo mein Schatz", begrüßte mich seine warme Stimme und ich spürte, wie ich mir in diesem Moment nichts sehnlicher gewünscht hätte als eine warme Umarmung von ihm. „Wie geht es euch? Wie geht es Mama?", fragte ich. „Mama geht es gut, mir auch, sie ist im Garten und hegt und pflegt ihre Blümchen. Soll ich sie dir geben" „Nein, alles gut", antwortete ich prompt. „Ist alles gut, Olivia?", erkundigte er sich besorgt und ich sah ihn förmlich seine Augenbraun zusammenziehen, so wie er es immer tat," Du klingst angespannt. Nervt dich Mark sehr? Willst du eine Auszeit bei uns?" „Nein, nein das ist es nicht", ich holte tief Luft, „Ich brauche deinen Rat. Ich wollte Mama nicht fragen, die sagt sowieso, dass es keine gute Idee ist" Er lachte am anderen Ende der Leitung: „Du willst also die wagehalsige Option" Ich nickte, dann wurde mir bewusst, dass er das ja nicht sehen konnte, und ich stimmte ihm verbal zu. „Dann schieß mal los" „Eine Freundin von mir möchte in ein ziemlich unbekanntes Land fahren", begann ich und versuchte irgendwie eine Allegorie aufzubauen. „Welches Land?" „Thailand. Rucksackreise für einen Monat", log ich und es tat mir weh das zu tun, doch von Zeitreisen konnte ich ihm wirklich nichts erzählen.

„Das klingt doch fantastisch!", stieß er aus," Meine Tochter wird vielleicht doch noch ein bisschen wie ich. Brauchst du einen Zuschuss?" „Und die Krankheiten?" Er lachte: „Lass dich impfen und lese dir durch worauf du achten musst"

Nach dem Gespräch war ich so weit wie davor, Thailand war nicht mit München 18 Hundert zu vergleichen und Impfungen gab es wahrscheinlich auch nicht für all die Krankheiten da. Aber ich konnte mich belesen, was ich tat. Denn tief in mir wusste ich, dass ich Emma nicht allein gehen lassen wollte. Doch bevor ich das tun würde, rief ich sie an und verabredete mich mit ihr an der Uni.

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