22(Olivia)

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"Ich habe dich so schreien gehört", Mark sah mich mit müden Augen aber auch Panik in seinem Blick an.
"Ich hatte nur einen Alptraum", entgegnete ich immer noch zitternd.
Gerade noch war ich bei Emma gewesen, gerade noch war sie in meinem Arm gestorben. Die Bilder waren so real gewesen, so präsent, dass sie jetzt in meinem wachen Zustand immer noch wie Erinnerungen an ein reales Geschehen wirkten.
Er kam mit wenigen Schritten auf mich zu und blieb vor dem Bett stehen.
"Darf ich?", fragte er mich um Erlaubnis und es fühlte sich so falsch an, weil noch vor einigen Monaten das auch sein Bett gewesen war.
"Ja", antwortete ich ihn und merkte wie schwer es mir fiel dieses Wort zu formen. Alles in mir war taub und angespannt, als wäre Emma wirklich gerade in meinen Armen gestorben. Aber es war nur ein Traum.
Er setzte sich neben mich auf die Matratze und rutschte unter meine Decke. Sein Arm schlang sich um mich und er zog mich behutsam an seine Brust. Es war fast so wie früher. Die Vertrautheit zwischen uns raubte mir den Atem und obwohl ich ihn das Fremdgehen nicht verzeiht hatte, war ich froh dass er da war.
"Soll ich dich streicheln bist du wieder einschläfst", schlug er vor und spielte damit auf eine frühere Tradition an.
Ich nickte leicht und wir legten uns mit den Gesichtern zueinander hin. Seine Hand strich durch mein Haar, immer und immer wieder, unaufhörlich bis ich wieder einschlief.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, blickte ich direkt in sein Gesicht. Seine schönen Züge waren entspannt, seine vollen Lippen leicht geöffnet. Ich wollte mich vorbeugen, einen Kuss auf seinen Mund hauchen und ihm damit wecken.
Tief in meinem Inneren verachtete ich mich selbst für diesen Wunsch.
Er war nicht mehr mein Partner, er war nicht mehr mein Freund, mein Lebensgefährte. Er hatte sich entschieden mich zu betrügen und ich hatte mich entschieden ihn zu verlassen. Ich musste die Konsequenzen unseres Handelns tragen. Oder?
Flatternd öffneten sich seine Augen und er starrte direkt in meine. Seine Mund verzog sich zu einem Lächeln, dass ich nicht einordnen konnte.
"Guten Morgen", seine Stimme war noch rauh und ich fühlte mich unwillkürlich näher zu ihn heran gezogen. Mein Blick blieb wieder an seinen Lippen hängen, was er bemerkte. Er rückte ein wenig näher, so dass nur noch wenige Zentimeter Abstand zwischen unseren beiden Nasen waren.
Ich wusste, dass ich es bereuen würde, mit war klar, dass es ein fehler war und dennoch überbrückte ich den letzten Abstand.
Meine Lippen landeten auf seinen und ich schloss die Augen.

Als ich mich von ihm löste, waren seine ersten Worte:"Also muss ich dich nicht ausziehen"
Die Kälte der Realität holte mich ein.
"Raus", stieß ich aus und wieß mit meinem Arm zur Tür.
Erst als diese hinter ihm ins Schloss fiel, atmete ich wieder auf.
Verdammt. Was hatte ich nur getan.
Mein zweiter Gedanke galt Emma und meiner Sorge um sie. Und obwohl ich nicht wusste, wer wir für einander waren hatte ich plötzlich Angst, dass das mit Mark gerade eben unserer Zukunft im Weg liegen könnte.
"Wir haben uns nur geküsst", flüsterte ich leise zu mir,"Emma und ich sind nicht zusammen. Es war nur ein Kuss. Keine Ahnung ob der überhaupt was bedeutet hat, oder sie nur sehr emotional war"
Ich sah auf die Uhr und stellte mit Schock fest, dass ich zu spät war.

Schließlich kam ich völlig außer Atem im Büro an und hoffte, dass meine Verspätung nicht aufgefallen war.
Das war sie tatsächlich nicht und ich atmete erleichtert auf.
Am Abend wollte ich nicht nach Hause, ich vermisste Emma und ohne nachzudenken trugen meine Füsse mich zu ihrer Wohnung. Erst als ich schon die Klingel gedrückt hatte und niemand öffnete realisierte ich, dass ich vor einer leeren Wohnung stand. Sie war nicht zurückgekehrt und ich wusste auch nicht ob und wann sie das tat.
Ob ich ihr folgen sollte, ich wusste es nicht. Ich spürte wie sich alles in mir dagegen sträubte. Nein, ich wollte nicht zurück, nicht alleine. Wer wusste wie das ganze funktionierte und wo ich alleine und ohne Emma rauskommen würde.
Doch dann durchdrang mich ein Geistesblitz. Etwas konnte ich tun.
Sofort machte ich mich auf den Weg in die Uni. Ich hatte mich erinnert, dass wir genau bei dem Gemälde herausgekommen waren, das hieß, dass auch Emma hoffentlich genau beim Gemälde zurück kommen würde.
Deshalb hatte ich die Idee, dieses Bild mit zu mir nach Hause zu nehmen.
Ich wusste nur noch nicht wie, doch zunächst musste ich überprüfen, ob es in der Universität war. Emma hatte mir nicht erklärt, wo sie das Kunstwerk vermutete und ich hatte nicht danach gefragt.
Dennoch hatte ich das Gefühl, dass sie es in dem Raum, in dem sie und Kaffeino und schließlich auch wir drei gearbeitet hatte , vermutet hatte.
"Können sie sich ausweisen?", fragte der Mann an der Pforte und ich bete inständig, dass Kaffeino mich in irgendeiner Mitarbeiterliste eingetragen hatte.
Tatsächlich wurde ich ins Gebäude und den Raum gelassen.
Das Hauptzimmer selbst schien sehr unscheinbar und so wie die Polizei  es hinterlassen hatte zu sein. Woraufhin mir die Tür zum angrenzenden Abstellraum ins Auge fiel. Ich näherte mich ihr während mein Herz mir bis zum Hals klopfte. Behutsam legte ich meine Hand auf die Klinke und öffnete die Tür.
Der Anblick der sich mir bot irritierte und erfreute mich im selben Augenblick.
Dort lag es, unser Gemälde, und daneben ein Stapel Playboy-Magazine.
Jetzt musste ich nur noch eine passende Tasche finden.
Schweißgebadet und nervös verließ ich die Uni. Zu meinem Erstaunen würde ich nicht gestoppt und meine viel zu große H&M Tasche, die ich in einem Schrank gefunden hatte, von der Security nicht überprüft. Ich konnte mein Glück kaum fassen als ich wieder Zuhause war.

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