29(Emma)

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Ich beschloss, diesen fremden Ort so schnell wie möglich zu verlassen. Wer weiß, wo ich jetzt gelandet war. Ich öffnete die Tür und trat unsicher auf den Gang hinaus, nur um plötzlich von einem blonden, großen Mann mit strahlend blauen Augen konfrontiert zu werden. „Hey", schrie er, sobald er mich erblickte und rannte auf mich zu. Er musterte mich skeptisch, Argwohn und Misstrauen lag in seinem Blick. „Was machst du hier?", fragte er und baute sich vor mir auf. Mein Herz begann schneller zu schlagen, als ich versuchte, eine Erklärung zu finden. „Ich... Ich weiß es nicht", stammelte ich. „Ich bin hier gelandet, ich muss nur... nach Hause." Der skeptische Blick des Mannes wurde nur intensiver, und ich konnte spüren, wie sich die Spannung zwischen uns aufbaute. Doch bevor ich mich weiter erklären konnte, schwang die Haustür hinter mir auf und eine junge Frau mit langem, blondem Haar und Brille trat ein. „Emma", rief ich aus und sah in das Gesicht, das ich so vermisst hatte. Obwohl ich es nicht wollte, fing ich an zu weinen und mir war egal, dass dieser Mann da hinter mir stand. Olivia und ich setzten uns auf das Bett in dem Schlafzimmer, das wohl ihres war, und ich Tränen rollten über meine Wangen. Alles schien überwältigend – die Wahrheit über Jonas Tot, die Zeit mit dem Grafen, und die Anspannung der letzten Tage. Olivia legte tröstend einen Arm um mich und drückte mich sanft an sich. „Es ist okay", flüsterte sie beruhigend. „Du bist sicher hier bei mir. Erzähl mir, was passiert ist." Ich schniefte und versuchte meine Gedanken zu ordnen. „Ich weiß nicht mal, wo ich anfangen soll", gestand ich schluchzend. „Alles fühlt sich so surreal an" Und dann erzählte ich ihr alles, was in den letzten Stunden und Tagen passiert war. Olivia hörte aufmerksam zu, sie drückte meine Hand fest und nickte verständnisvoll, als ich fortfuhr, über meine Ängste und Unsicherheiten zu sprechen. „Es tut mir so leid, dass du das durchmachen musst", sagte Olivia mitfühlend. „Aber du bist nicht allein. Wir sind ein Team, egal was irgendein Buch irgendeines Mannes, der sich Graf nennt, sagt." Ich fühlte mich ein wenig erleichtert, als ich spürte, dass ich endlich bei ihr war. Die Wärme von Olivias Umarmung und ihre einfühlsamen Worte gaben mir etwas Trost in dieser ungewissen Situation. Und während ich weiter mit ihr sprach, wurde mir klar, dass ich vielleicht doch nicht so überfordert war, solange ich Olivia hatte. Doch im selben Moment, in dem ich das dachte, dachte ich an meinem Glücksbringer, den ich im 18ten Jahrhundert gelassen hatte und daran, wie ich Lina verloren hatte. „Emma", ich mochte, wie sie meinen Namen aussprach, „Ich muss dir was sagen. Ich habe Mark geküsst.." Mein Kopf war wie leer gefegt.

Es war als wären die Worte von ganz weit weg nur langsam an mein Ohr gedrungen, als wären Kilometer zwischen uns. "Mark", wiederholte ich langsam und rieb mir dabei die Stirn. "Mein Ex", erklärte sie, als wäre das nötig. Ich sah sie vor meinem inneren Auge, stellte mir bildlich vor wie sich ihre Münder trafen... Vielleicht waren ihre Hände gewandert, vielleicht Klamotten durch den Raum geflogen.. In meiner Fantasie war alles möglich und ich merkte, wie mein Herz schneller schlug. Es klopfte von innen gegen meine Brust, als wolle es unbedingt mit mir sprechen. Doch ich ließ nicht zu, dass die Gefühle das Ruder in die Hand nahmen. Mein Kopf war kühl und irgendwo in einer hinteren Ecke meines Gehirn regte sich eine gehässige Stimme und flüsterte mir leise zu: "Was hast du denn anderes erwartet, die beiden leben zusammen. Sie waren ein Paar. Gib ihn ein paar Monate und sie sind es wieder"  Ich hatte kein Recht ihr vorzuschreiben, was sie zu tun hatte, wir hatten keine Vereinbarung getroffen, wir waren kein Paar. Aber ich hatte die freie Wahl, ob  ich meine Zeit mit ihr verbringen wollte oder mich lieber distanzierte. 

Ich sah in ihr Gesicht, musterte die ebenen Züge, starrte in ihre wunderschönen Augen und bewunderte ein weiteres Mal ihre Haare. Sie war schön. Ich mochte sie. Aber ich merkte auch, dass es mich verletzt hatte. "Emma", ihre Stimme war leise und zitterte leicht. "Ich denke ich bin müde", sagte ich nur und erhob mich. "Du kannst hier schlafen", bot sie an, "Du hast so oft die Gastgeberin gespielt.. Es wäre nur fair wenn ich dich bewirte" "Danke, aber ich habe genügend Nächte in fremden Betten verbracht", entgegnete ich und klang dabei kühler als beabsichtigt.

Sie ließ mich gehen. Ich spürte ihre Blicke, als ich die Straße vor ihrem Haus hinunter ging und als ich zu ihrem Fenster hinauf sah, bewegte sich der Vorhang. Die kühle Luft der Nacht umgab mich und ich fühlte mich innerlich und äußerlich kalt. Vielleicht hatte ich über reagiert, aber im Moment fühlte es sich wie ein Verrat an. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 29 ⏰

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